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Berlin (hib/wid) Der 1. Untersuchungsausschuss (NSA) hat am Donnerstagabend mit einer ehemaligen Referatsleiterin im Kanzleramt erneut die Rechtsgrundlagen erörtert, auf denen der Bundesnachrichtendienst (BND) der amerikanischen National Security Agency (NSA) Metadaten aus der gemeinsam in Bad Aibling betriebenen Abhöranlage übermittelt hat. Dabei bekräftigte die Zeugin Christina Polzin ihre Auffassung, dass das BND-Gesetz dafür eine hinreichende Handhabe geboten hätte. Die heute 43-jährige Juristin leitete zwischen Juli 2011 und Dezember 2014 im Kanzleramt das Referat 601, zuständig unter anderem für Personal und Recht der Nachrichtendienste. Sie ist seither im Innenministerium tätig.
Bei ihrer ersten Vernehmung am 12. November 2015 hatte sie dem Ausschuss von einer Kontroverse berichtet, die sie im August 2013 mit ihrem Vorgesetzten im Kanzleramt, Geheimdienstkoordinator Günter Heiß, und BND-Präsident Gerhard Schindler ausgetragen hatte. Nach den Enthüllungen Edward Snowdens im Sommer 2013, aus denen unter anderem hervorgegangen war, dass aus Bad Aibling Monat für Monat 500 Millionen Metadaten an die NSA geflossen waren, hatte sich Polzin mit der Frage an den BND gewandt, auf welcher Rechtsgrundlage dies geschehen sei.
Die Antwort lautete, in Bad Aibling werde satellitengestützter Datenverkehr aus Ländern des Nahen und Mittleren Osten überwacht. Da die Satelliten, wo die Daten erfasst würden, im Weltraum, also außerhalb Deutschlands, unterwegs seien, seien die Aktivitäten durch den allgemeinen Auftrag an den BND gedeckt, Informationen im Ausland zu sammeln. Restriktionen, die sich aus dem deutschen BND-Gesetz ergeben könnten, seien deshalb nicht einschlägig.
Gegenüber Geheimdienstkoordinator Heiß machte Polzin deutlich, dass sie diese sogenannte "Weltraumtheorie" rechtlich nicht überzeugend finde. In einer Unterredung mit Heiß und Schindler konnte sie sich indes nicht durchsetzen. Erneut betonte sie, dass das BND-Gesetz ihrer Meinung nach eine sicherere Rechtsgrundlage geboten hätte. Polzin bezog sich auf Paragraph 19, Absatz 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, der sich wortgleich im BND-Gesetz findet. Demnach ist der BND unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, Daten an "öffentliche" Stellen im Ausland zu übermitteln. Die Übermittlung müsse allerdings "aktenkundig" gemacht werden.
Zwar habe der Gesetzgeber dabei die Übermittlung einzelner Daten und nicht einen massenhaften Datenabfluss vor Augen gehabt. Die Anforderungen an die Dokumentation von Übermittlungen an eine "öffentliche" Stelle im Ausland seien aber nicht so hoch, dass sie nicht auch auf die automatisierte Weitergabe großer Datensätze anwendbar wäre. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit Absatz 4 desselben Paragraphen, der die Übermittlung an nicht-öffentliche Stellen im Ausland regele und wesentlich strenger gefasst sei. Für eine Weitergabe an die NSA reiche es aus, Art, Herkunft und Umfang der übermittelten Daten sowie den Zweck de Übermittlung festzuhalten. Dazu sei der BND auch in Bad Aibling in der Lage: "Ich gehe davon aus, dass es Darstellungen gibt, was dort passiert."
Auf die Frage, warum Heiß und Schindler dennoch der Weltraumtheorie den Vorzug gegeben hatten, antwortete die Zeugin, sie hätten sich vermutlich genau diese komplexen juristischen Erörterungen ersparen wollen, zumal in der politisch brisanten Debattenlage nach den Snowden-Enthüllungen. Sie hätten die Weltraumtheorie für tragfähig gehalten und gemeint, auf diese Weise eine diffizile Diskussion um die Reichweite der gesetzlichen Dokumentationsspflicht "umschiffen" zu können.
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