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Berlin (hib/wid) - Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) nutzt die Spionagesoftware XKeyscore nach Angaben des zuständigen Referatsgruppenleiters ausschließlich zur Auswertung individueller Ermittlungsergebnisse. "Von einer anlasslosen und flächendeckenden Massenüberwachung kann für den Verfassungsschutz keine Rede sein", betonte der Zeuge André Treuenfels am Donnerstag vor dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA). Der heute 47-jährige Jurist ist seit 1999 bei der Kölner Behörde tätig. Seit 2012 leitet er eine Referatsgruppe in der für Abhörmaßnahmen zuständigen Abteilung 3.
XKeyscore ist eine hoch leistungsfähige Software zur Verknüpfung und Analyse erfasster Telekommunikationsdaten. Beim Bundesnachrichtendienst (BND) ist das von der amerikanischen National Security Agency (NSA) entwickelte System seit 2007 im Einsatz. Treuenfels berichtete dem Ausschuss, wie er zusammen mit anderen ranghohen Verfassungsschützern im Herbst 2011 der von BND und NSA gemeinsam betriebenen Abhöranlage in Bad Aibling einen Besuch abstattete, um sich das System dort vorführen zu lassen. Er habe dann im Laufe des Jahres 2012 an mehreren Besprechungen mit NSA-Vertretern teilgenommen, um die Bedingungen zu erörtern, unter denen die Amerikaner bereit waren, dem Verfassungsschutz XKeyscore zu überlassen. Seit Herbst 2012 habe eine "Arbeitsgruppe Poseidon" die Einführung des Systems vorbereitet.
Treuenfels bestätigte die Angaben anderer Zeugen, dass seine Behörde lediglich die Analysefunktion des Systems nutze, das auf einem nach außen vollständig abgeschotteten Computer in Berlin installiert sei und nach wie vor auf Probe laufe. Das Rohmaterial werde von der Abhöranlage "Perseus" in Köln erfasst. Dort speisten die zur Kooperation mit den Sicherheitsbehörden gesetzlich verpflichteten Telekom-Anbieter die Daten jener Zielpersonen ein, für die der Verfassungsschutz in einem aufwendigen Verfahren eine Abhörgenehmigung erwirkt habe. Allerdings sei "Perseus" der "unglaublich dynamischen" technischen Entwicklung auf dem Telekom-Sektor nur bedingt gewachsen. Um mit jeder Neuerung Schritt halten zu können, müsste das System ständig nachgerüstet werden. Das wäre teuer und mühevoll, sagte Treuenfels.
Hier biete XKeyscore eine Lösung: "Es versetzt den Verfassungsschutz in die Lage, die eigenen technischen und analytischen Fähigkeiten weiterzuentwickeln und bislang nicht auswertbare Telekommunikationsdaten auswerten und nutzen zu können." Aus eigener Kraft ein solches System zu entwickeln, hätte personelle, fachliche und finanzielle Ressourcen erfordert, über die der Verfassungsschutz nicht ohne weiteres verfüge. Das Angebot der NSA sei daher willkommen gewesen. Diese habe ihrerseits ein nachvollziehbares Motiv, deutsche Sicherheitsbehörden in die Lage zu versetzen, terroristische Aktivitäten, die sich schließlich auch gegen US-Ziele richten könnten, effizienter vorbeugend aufzuklären: "Amerikanische Sicherheitsinteressen sind überall betroffen", sagte Treuenfels. "Ich glaube, dass die Amerikaner überhaupt ein Interesse haben, auch Verbündete zu ertüchtigen." In den Gesprächen mit der NSA habe die deutsche Seite "nochmals deutlicher gemacht, dass deutsche Gesetze einzuhalten sind", fügte der Zeuge hinzu.
Der Verfassungsschutz betreibe prinzipiell keine Massenüberwachung, sondern Aufklärung in streng definierten und kontrollierten Einzelfällen, betonte Treuenfels. Dies ergebe sich schon aus den Zahlen: In der zweiten Jahreshälfte 2014 seien lediglich 345 Haupt- und 308 Nebenbetroffene überwacht worden.
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