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Berlin: (hib/wid) Der Verfassungsschutz sieht sich als Leidtragender der Enthüllungen des US-Geheimdienst-Dissidenten Edward Snowden. Seither sei seine Behörde in der Öffentlichkeit dem Vorwurf "ungebremster Überwachung und Ausspähung der Privatsphäre unverdächtiger Bundesbürger" ausgesetzt, klagte Ulrich Berzen, Leiter der Abteilung 3 im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), vor dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA). Auch hätten nach der Veröffentlichung der Snowden-Dokumente "Personen mit extremistischen Bestrebungen" ein zunehmend konspiratives Verhalten an den Tag gelegt, was ihre Beobachtung erschwere. Der 57-jährige Berzen ist Jurist und ehemaliger Kriminalbeamter. Beim Verfassungsschutz wurde er 2007 Referats-Gruppenleiter. An der Spitze der für Abhörmaßnahmen zuständigen Abteilung 3 steht er seit Mai 2013.
In Berzens Abteilung war die "Arbeitsgruppe Poseidon" angesiedelt, die seit Herbst 2012 die Einführung der Spionagesoftware XKeyscore im BfV vorbereitete. Der Name "Poseidon" für das Projekt gehe auf einen Wunsch der amerikanischen National Security Agency (NSA) zurück, die XKeyscore entwickelt und dem Verfassungsschutz überlassen hatte. Offenbar sei die NSA daran interessiert gewesen, "dass die Herkunft des Systems nicht auf sie zurückzuführen war", mutmaßte der Zeuge. Nach seiner Darstellung war es die beim Verfassungsschutz für die Beobachtung radikalislamischer Bestrebungen zuständige Abteilung 6, die den Erwerb der Spionagesoftware angebahnt hatte. Diese Abteilung sei ihres Aufklärungsanliegens wegen in besonderem Maße international vernetzt und führe unter anderem mit der NSA "routinemäßige Fachgespräche". Bei einer dieser Gelegenheiten habe die NSA im März 2011 vorgeschlagen, dem Verfassungsschutz XKeyscore zu überlassen.
Das Interesse eines amerikanischen Geheimdienstes an der technischen Ertüchtigung deutscher Sicherheitsbehörden liegt für Berzen auf der Hand. Vor dem Ausschuss erinnerte er daran, dass die Anschläge des 11. September 2001 in Hamburg vorbereitet worden waren. Auch die radikalislamische "Sauerland-Gruppe", die mit amerikanischer Hilfe 2007 dingfest gemacht werden konnte, habe Anschläge auf US-Ziele in Deutschland geplant. Schließlich habe 2008 ein radikalislamischer Einzeltäter einen tödliches Attentat auf US-Soldaten am Frankfurter Flughafen verübt. Natürlich habe sich die NSA von der Zusammenarbeit mit dem BfV "auch Daten versprochen", räumte Berzen ein. Es sei der deutschen Seite aber gelungen, den Hinweis, dass die Weitergabe von Erkenntnissen nur nach Maßgabe deutschen Rechts möglich sei, in die Kooperationsvereinbarung "hineinzuverhandeln".
XKeyscore, das als besonders leistungsstarkes Instrument zur Auswertung von Telekommunikationsdaten gilt, läuft seit drei Jahren beim Verfassungsschutz im Testbetrieb. Das bedeute, erläuterte Berzen, dass bisher nur eine sehr geringe Datenmenge eingespeist werde. Im Anfang waren es drei Überwachungsvorgänge, die das System bearbeitet habe, mittlerweile seien es sieben. Dabei betreibe der Verfassungsschutz im Durchschnitt über 50 gesetzlich genehmigte Abhörmaßnahmen gleichzeitig. Derzeit laufe XKeyscore auf einem Server mit nur vier angeschlossenen Arbeitsstationen in einem abgeschirmten Bereich der Berliner BfV-Niederlassung. Sein Wunsch sei, das System möglichst bald regulär nutzen zu können, und zwar dauerhaft, denn er halte seinen "Mehrwert" für erwiesen, betonte Berzel. Bisher sei aber die Sicherheitsüberprüfung noch nicht abgeschlossen.
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