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Berlin: (hib/HLE) Die Wohnungswirtschaft hat die von der Bundesregierung geplante Sonderabschreibung zur Förderung des Baus bezahlbarer Mietwohnungen besonders in Gebieten mit angespannter Wohnungslage begrüßt. "Wir unterstützen den Vorschlag für die Einführung einer steuerlichen Sonderabschreibung zur Förderung des dringend benötigten Mietwohnungsneubaus ausdrücklich", erklärte der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) in seiner Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag.
Grundlage der Anhörung war der Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus (18/7736). Die Sonderabschreibung soll im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in dem darauf folgenden Jahr bis zu zehn Prozent betragen. Im dritten Jahr sollen es bis zu neun Prozent sein. Begünstigt werden sollen Investitionen, für die zwischen dem 1. Januar 2016 und dem 31. Dezember 2018 ein Bauantrag oder eine Bauanzeige gestellt werden. Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung soll letztmalig im Jahr 2022 möglich sein. Eine weitere Grenze gibt es bei den Baukosten: "Mit der Begrenzung der Förderung auf solche Baumaßnahmen, bei denen die abschreibungsfähigen Herstellungskosten nicht mehr als 3.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche betragen, soll die Herstellung hochpreisigen Wohnraums vermieden werden." Wohnungen mit Luxusausstattung würden keiner staatlichen Förderung bedürfen. Außerdem soll die Sonderabschreibung nicht flächendeckend, sondern nur in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten gelten. Die Bundesarchitektenkammer warnte in der Anhörung davor, den Wert von 3.000 Euro angesichts hoher Baukosten abzusenken, wie dies vom Bundesrat gefordert worden war.
Der GdW begrüßte die Regelung: "Das Instrument der steuerlichen Sonderabschreibung wird insbesondere private Investoren, auch private Klein-Investoren, motivieren, sich am Mietwohnungsneubau zu beteiligen." Aber die Abschreibung biete für andere Investorengruppe keine Motivation, wieder verstärkt im Mietwohnungsbau tätig zu werden. Das betreffe zum Beispiel die steuerbefreiten Vermietungsgenossenschaften, die Abschreibungen nicht nutzen könnten. Daher sollte es alternativ eine Investitionszulage geben, empfahl der GdW. Die Schaffung einer Investitionszulage sei gerade im dringend auf Mietwohnungsneubau angewiesenen Metropolenraum Berlin-Brandenburg erforderlich, erklärte auch der Verband der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen. Für den Zentralverband des Deutschen Handwerks wäre die Sonderabschreibung "ein wichtiger Impulsgeber der Baukonjunktur, um die dringend nötige Erhöhung der Produktion und der Fertigstellungszahlen für Wohneinheiten herbeizuführen und die in den Jahren 2001 bis 2009 um mehr als die Hälfte zurückgegangene Produktion aufzuholen. Die gegenwärtige Abschreibung von zwei Prozent linear für Mietwohnbauten sei nicht mehr sachgerecht. Der Zentrale Immobilienausschuss erwartet durch das Gesetz sogar einen "Turbo" für die Bereiche, wo mehr Wohnungsbau benötigt werde.
Jan Kuhnert (KUB Kommunal- und Unternehmensberatung) sprach sich gegen die Sonderabschreibung aus und erklärte eine Investitionszulage für "zielführender". Der für die Abschreibung errechnet Aufwand von zwei Milliarden Euro bis 2020 solle besser für eine Zulage verwandt werden, mit der durch dauerhafte Belegungsbindungen für Haushalte unterhalb der jeweiligen Einkommensgrenzen ein langfristiger Beitrag für die soziale Wohnraumversorgung geleistet werden könnte. Im unteren Preissegment würden ohnehin nur die kommunalen Unternehmen agieren, daneben auch Wohnungsbaugenossenschaften. Auch der Deutsche Städtetag vertrat die Ansicht, eine Investitionszulage würde "unmittelbar und zielgenau wirken und auch solchen Wohnungsunternehmen und privaten Investoren zu Gute kommen, die von einer erhöhten steuerlichen Abschreibung nicht oder nur unzureichend profitieren würden".
Mit Abschreibungsproblemen befasste sich der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen. Die gesetzte Kostenobergrenze führe bei unerwarteten Baukostensteigerungen zu einem "Fallbeileffekt". Daher sollte eine Regelung geschaffen werden, wonach sich die Bemessungsgrundlage in dem Maße reduziere, wie die Kostenobergrenze überschritten werde. Der Dachverband deutscher Immobilienverwalter mahnte an, nicht nur die Herstellung von Gebäuden, sondern auch die Anschaffung von Eigentumswohnungen in die Regelung einzubeziehen.
Erhebliche Zweifel an der Lenkungsfunktion des vorgeschlagenen Instrumentariums äußerte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Es mangele nicht an Investoren, sondern an Bauflächen. Die Lenkungswirkung durch das Gesetz werde gering sein. Das DIW regte eine "Nachverdichtung" auf bereits bebauten Flächen an. Professor Frank Hechtner (Freie Universität Berlin) vermisste in dem Gesetzentwurf Aussagen zu den ökonomischen Auswirkungen der Sonderabschreibung, die nur für Neubauten gelten solle. Mehr Wohnraum könne aber auch durch den Ausbau von Dachgeschossen geschaffen werden. Der Deutsche Mieterbund vertrat die Ansicht, dass das Ziel des Gesetzentwurfes, mehr preiswerten Wohnraum zu schaffen, verfehlt werden dürfte. Nichts werde Investoren abhalten, die hohe Marktmiete zu nehmen. Auch Thomas Bestgen (UTB Projektmanagement und Verwaltungsgesellschaft) erwartet keine Wirkung auf angespannten Wohnungsmärkten. Ohne Sozialbindung würden private Unternehmer dort keinen bezahlbaren Wohnraum schaffen.
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