Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > 201605
Berlin: (hib/JOH) "Die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und Afrika werden den afrikanischen Staaten keine Fortschritte bringen." Diesen Schluss zog die Leiterin der in Kampala (Uganda) ansässigen regionalen Nichtregierungsorganisation "Southern and Eastern African Trade Information and Negotiations Institute" (SEATINI), Jane S. Nalunga, am Mittwochmorgen im Entwicklungsausschuss. Die Konzentration auf eine umfangreiche und auf Gegenseitigkeit beruhende Marktliberalisierung werde "weitreichende Auswirkungen" auf die Entwicklung der afrikanischen Länder, auf Armut und Arbeitsplätze haben, warnte sie. Zudem würden die Abkommen (kurz: WPA) den Aufbau des interregionalen Handels in Afrika erschweren.
Nalunga führte aus, dass der Zugang zum europäischen Markt für die afrikanischen Staaten schwierig bleiben werde, etwa weil die EU ihre Industrien zum Teil stark subventioniere. Die landwirtschaftliche und industrielle Produktion auf dem Kontinent würde aber auch gefährdet, weil die Schutzmechanismen in den Abkommen zu schwach ausformuliert seien. So seien landwirtschaftliche Produkte vom Freihandel zwar weitgehend ausgenommen, nicht jedoch verarbeitete Produkte wie Tomatenmark oder Milchpulver. Die Zollerleichterungen würden zudem zu massiven Einnahmeverlusten führen, warnte Nalunga. Sie verwies darauf, dass in vielen Staaten Afrikas Zölle bis zu 30 Prozent der Einnahmen ausmachten. Würden sie wegfallen, fehlte das Geld für Investitionen in Gesundheit und Bildung.
Den europäischen Staaten warf Nalunga einen "Mangel an Transparenz" sowie "paternalistische Tendenzen" vor. So habe die EU den ostafrikanischen Staaten mit einer Sperrung des zollfreien Marktzuganges gedroht, sollten sie das WPA nicht unterschreiben. In der Folge habe die Ostafrikanische Union beschlossen, das Abkommen trotz großer Bedenken zu unterzeichnen.
Die Oppositionsfraktionen im Bundestag stehen den Abkommen ebenfalls kritisch gegenüber. Die Linksfraktion forderte, sie in dieser Form nicht zu unterzeichnen. Als besonders schwierig bewerteten sie vor allem das Prinzip der Gegenseitigkeit bei so unterschiedlich starken Ökonomien.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verwies auf empirische Studien, denen zufolge Entwicklungsländer bei einer Öffnung ihrer Märkte nicht konkurrenzfähig seien. In einem Antrag (18/8243) fordern sie die Bundesregierung auf, die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) der Europäischen Union mit der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika und der ostafrikanischen Gemeinschaft abzulehnen. Die Abstimmung über diesen Antrag wurde vom Ausschuss vertagt. Linke und Grüne fordern zudem in einem gemeinsamen Antrag (18/5096) , dass die Regierung die Abkommen dem Bundestag zur Ratifikation vorlegen soll.
Aus den Reihen der SPD-Fraktion wurden ebenfalls inhaltliche Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen laut. Die Sorgen vor einem Liberalisierungsdruck seien berechtigt, hieß es. Die Sozialdemokraten sprachen sich darüber hinaus dafür aus, Nachhaltigkeitskapitel in den Abkommen zu verankern. Ökologische und soziale Standards sowie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) müssten auch für die afrikanischen Partner gelten. Diese Forderung vertraten auch Grüne und Linke.
Eine Vertreterin der Unionsfraktion erteilte der Forderung Nalungas, die europäischen Standards nicht auf die WPA zu übertragen, eine Absage. Europa verteidige seine sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Standards zu Recht, urteilte sie. Darüber hinaus bewertete die Unionsfraktion die Abkommen positiv, da sich Afrika ohne Handel nicht entwickeln könne.
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