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Berlin: (hib/STO) Forderungen der Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen zur Einführung eines verpflichtenden öffentlichen Lobbyistenregisters stoßen bei Experten auf kontroverse Einschätzungen. Dies wurde am Mittwochnachmittag bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu entsprechenden Anträgen der Links- und der Grünen-Fraktion deutlich.
Wie die Linksfraktion in ihrer Vorlage (18/3842) schreibt, sollen die Lobbyisten die Pflicht haben, sich in das Register einzutragen. Als Lobbyisten sollen danach alle natürlichen oder juristischen Personen gelten, die auf die Entscheidungen im Bereich der Bundesregierung und des Bundestages unmittelbar Einfluss ausüben wollen und zu diesem Zweck Kontakte etwa mit Parlaments- oder Regierungsmitgliedern oder ihren Mitarbeitern "vorbereiten, anbahnen, durchführen oder nachbereiten". Um sicherzustellen, dass Betroffene sich weiterhin ohne Verwaltungsaufwand jederzeit politisch zu Wort melden können, sollen Ausnahmen vorgesehen werden können, "soweit die Lobbyarbeit geringe Finanz- oder Zeit-Schwellenwerte nicht überschreitet".
In das Register aufgenommen werden sollen nach dem Willen der Grünen Daten zu den Lobbyisten, zu ihren Arbeitgebern und zu den finanziellen Aufwendungen, die sie in die Interessenvertretung investieren. Zudem soll das Register dem Grünen-Antrag (18/3920) zufolge unter anderem "Daten zur mitgliedschaftlichen Struktur, zum Gesamtbudget und zu den Hauptfinanzierungsquellen bei Institutionen" enthalten, deren Haupttätigkeit in der Einflussnahme auf politische Entscheidungen besteht.
Jeder Bürger soll das Recht auf kostenlose Einsichtnahme in das Register haben, fordern die Abgeordneten weiter. Der Zugang von Lobbyisten zu Bundesministerien und nachgeordneten Bundesbehörden und jede Kontaktaufnahme zu deren Personal soll - sofern eine Lobbytätigkeit beabsichtigt ist - nur nach einer Registrierung möglich sein, ebenso wie die Ausgabe von Hausausweisen für den Bundestag, heißt es in der Grünen-Vorlage weiter. Darin wird zudem eine Kennzeichnung der Mitwirkung von Lobbyisten in für das Parlament bestimmten Vorlagen der Exekutive gefordert.
In der Anhörung nannte es Jochen Bäumel von Transparency International Deutschland "höchste Zeit" für die Einrichtung eines Lobbyistenregisters, das verpflichtend sein sollte. Es sei unbestritten, dass in einer funktionierenden Demokratie Stellungnahmen aus der Gesellschaft an Regierung und Parlament "herangetragen, gehört und abgewogen werden" müssten. Das Vertrauen der Bürger in Exekutive und Legislative scheine jedoch beschädigt. Vertrauen müsse die Möglichkeit der Kontrolle und Überprüfung haben, was Transparenz voraussetze.
Daniel Freund vom Europa-Büro von Transparency International argumentierte, dass Deutschland seit der Einführung des Verbänderegisters von 1972 im internationalen europäischen Vergleich bei der Transparenz von Lobbyismus "immer mehr ins Hintertreffen geraten" sei. Das schlechte Abschneiden Deutschlands könne zu einem erheblichen Teil darauf zurückgeführt werden, dass es hierzulande bisher kein Lobbyistenregister gebe. Dagegen hätten bereits acht EU-Staaten sowie die europäischen Institutionen ein solches Register.
Heiko Kretschmer, Ethikbeauftragter der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung, befürwortete "im Prinzip" ein Lobbyistenregister. Dieses müsse dann aber auf der Basis eines Bundesgesetzes und nicht per Geschäftsordnung geschaffen werden. Auch müsse es sich um ein Pflichtregister handeln. Es müssen zudem "Bagatellgrenzen" gezogen werden, um eine "Registrierungsflut" zu vermeiden.
Timo Lange von "LobbyControl - Initiative für Transparenz und Demokratie" bezeichnete Transparenz als ein "wichtiges Instrument zur Stärkung des Vertrauens in die Integrität der parlamentarischen Demokratie und ihre Institutionen". Um mehr Transparenz bei der politischen Interessensvertretung herzustellen, brauche man ein Lobbyistenregister, das sowohl "gegenüber Parlament als auch Regierung wirkt". Insofern begrüße er die Anträge der beiden Oppositionsfraktionen, die indes lediglich Eckpunkte für die Ausgestaltung eines solchen Registers enthielten.
Der Direktor des schleswig-holsteinischen Landtages, Professor Utz Schliesky, sagte dagegen, dass es für ein über die derzeitige Regelung hinausgehendes Lobbyistenregister sehr enge Grenzen gebe. "Mehr ist verfassungsrechtlich kaum machbar", betonte Schliesky. Er wandte sich gegen die Vorstellung, dass "totale Transparenz gleich maximale Demokratie" bedeute. Dies sei falsch. Auch sei Transparenz kein Verfassungsprinzip, während sich Interessenvertretung auf Grundrechte stützen könne. Zudem schütze das freie Mandat den selbstgewählten Kontakt zu Interessenvertretern und das vertraulichen Gespräch mit ihnen.
Der Rechtswissenschaftler Professor Helge Sodan von der Freien Universität Berlin kritisierte, die "in den Anträgen der beiden Oppositionsfraktionen geforderten Registierungs- und Offenbarungspflichten sowie Sanktionen als Folgen von Verstößen gegen derartige Pflichten" stießen auf schwerwiegende verfassungsrechtliche Einwände. Daher empfehle er, die Anträge abzulehnen. Zur Herstellung notwendiger Transparenz sei die beim Bundestagspräsidenten geführte öffentliche Liste über die Registrierung von Verbänden und deren Vertretern ausreichend.
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