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Berlin (hib/wid) Das Bundesamt für Verfassungsschutz war nach den Worten eines zuständigen Mitarbeiters von den Enthüllungen des US-Geheimdienstdissidenten Edward Snowden nicht weniger überrascht als die deutsche Öffentlichkeit. Ein großes Problem sei gewesen, dass seine Behörde die Mitteilungen Snowdens über amerikanische Spionage-Umtriebe in Deutschland nur "sehr häppchenweise im Zwei-Wochen-Rhythmus" der Presse habe entnehmen können: "Zu unserem Leidwesen waren wir nicht in der Lage, die Dinge auf Authentizität zu überprüfen", sagte der Zeuge Frank Wingerath am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA). Der heute 53-jährige Soziologe ist seit 1999 beim Verfassungsschutz in Köln tätig und seit November 2010 Referatsgruppenleiter in der für Spionageabwehr zuständigen Abteilung 4.
Sofort nach Bekanntwerden der ersten Snowden-Enthüllungen im Sommer 2013 habe seine Behörde eine 19-köpfige "Sonderauswertungsgruppe" gebildet, um den Vorwürfen nachzugehen. Leiter der Gruppe sei er selbst gewesen, sagte Wingerath. Von einem Tag auf den anderen seien damals mindestens 20 "umfangreiche" Anfragen "aus dem parlamentarischen Raum" über den Verfassungsschutz hereingebrochen. Der Druck sei enorm gewesen, "zeitnah" und "umfassend" Klarheit zu schaffen: "Unser Informationsstand war aber sehr gering." Auch Versuche, Unterstützung von außen zu gewinnen, seien erfolglos geblieben.
So habe Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen im Herbst 2013 die US-Seite gebeten, Spezialisten des Bundesamtes aufs Dach der amerikanischen Botschaft in Berlin zu lassen, um den Verdacht auszuräumen, dass von dort aus das Kanzleramt abgehört wurde: "Das wurde abgelehnt." Im Januar 2014 sei Maaßen dann an das Nachrichtenmagazin "Spiegel" mit dem Ersuchen herangetreten, dem Verfassungsschutz die Snowden-Dokumente zur Einsichtnahme zu überlassen. Auch dieser Wunsch blieb unerfüllt: "Unser großes Problem war, dass uns die Dokumente selber nicht vorlagen, und wir ausschnitthaft wahrnehmen mussten, was meistens im 'Spiegel' stand."
Die Sonderauswertungsgruppe, die ihre Tätigkeit im Frühjahr 2015 mit einem Abschlussbericht beendete, war nach Wingeraths Worten in fünf Arbeitsbereiche gegliedert. Die Sektion "Berichtswesen" habe sich mit der Beantwortung der parlamentarischen Anfragen befasst, eine weitere die Vorwürfe Snowdens auf ihre technische Plausibilität hin betrachtet. Es habe Arbeitsbereiche für Rechtsfragen gegeben, für die Behandlung internationaler Kooperationen insbesondere mit den USA und für "spezielle Fragestellungen im Bereich der Spionageabwehr". Über den Inhalt des als geheim eingestuften Abschlussberichts mochte sich der Zeuge in öffentlicher Sitzung nicht äußern, zumal der Bericht erst nach Ende des bis März 2014 befristeten Untersuchungszeitraums angefertigt wurde und sich damit der Kompetenz des Ausschusses entzieht. Wingerath vermittelte, das die "Sonderauswertung" ohne substanzielles Ergebnis blieb.
"Es haben sich keine Beweise im eigentlichen Sinne ergeben", formulierte Wingerath. Namentlich habe der Verfassungsschutz keine eigenen konkreten Erkenntnisse darüber, dass westliche Geheimdienste deutsche Behörden oder andere Ziele in der Bundesrepublik mit Mitteln der "technischen Aufklärung" ausgespäht hätten. Auch Beobachtungsflüge mit Hubschraubern über ausländischen Botschaften, die der Verfassungsschutz etwa seit 2000 routinemäßig unternimmt, hätten nichts Einschlägiges erbracht: "Man sollte sich von solchen Überflügen nicht zu viel versprechen."
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