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Berlin: (hib/HAU) Der Petitionsausschuss spricht sich für schnellere Hilfen und Erleichterungen im Verfahren des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) für Opfer von Gewalttaten aus. In der Sitzung am Mittwochmorgen beschlossen die Abgeordneten einstimmig, eine dahingehende Petition als Material an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu überweisen und den Fraktionen des Bundestags zur Kenntnis zu geben.
In der Petition werden Änderungen der Verfahrensweise bei der Umsetzung des OEG gefordert, um eine Retraumatisierung der Opfer zu vermeiden. Der Petent, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, hatte darauf verwiesen, dass mehrere seiner Patientinnen in ihrer Kindheit sexuell traumatisiert worden seien und Entschädigungsmaßnahmen gemäß OEG beantragt hätten. Die sehr rigide und für die Betroffenen belastende Verfahrensweise der dafür zuständigen Landesbehörde habe jedoch zu massiven Belastungen der Betroffenen geführt. Ebenso wie andere Kollegen, so der Petent weiter, rate er inzwischen den Betroffenen ab, ihre Ansprüche über das OEG anzumelden, um ihnen diese schweren Belastungen zu ersparen. Es ist aus seiner Sicht nicht vorstellbar, dass diese Verfahrensweise "den Sinn des Gesetzes wirklich widerspiegelt".
In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass das OEG für Personen, die durch tätliche Angriffe gesundheitliche Schäden erlitten haben, "ein breites Spektrum an Hilfen" zur Verfügung stelle. Dies bedeute aber auch, dass im Verfahren zu klären ist, ob die betreffende Person eine Gewalttat erlebt hat und ob die Schäden kausal darauf zurückzuführen sind. Dabei sollten Belastungen für die Betroffenen möglichst vermieden werden, schreibt der Ausschuss. Daher würden zur Ermittlung des Tatherganges gerichtliche und staatsanwaltliche Akten herangezogen, wenn diese vorhanden sind.
Bei lange zurückliegenden und damals nicht verfolgten Straftaten - wie etwa bei sexueller Traumatisierung in der Kindheit - sei dies jedoch oft nicht möglich. Daher müsse sich die betreffende Person, die den Antrag auf Leistungen nach dem OEG gestellt hat, auch zum Tathergang äußern.
In der Vorlage heißt es weiter, der Bund, der in diesem Fall kein Weisungsrecht habe, aber auch die Länder hätten die Notwendigkeit von Verbesserungen erkannt. In den vergangenen Jahren sei vieles angestoßen worden, um die Durchführung des Verfahrens im Sinne der betroffenen Personen zu verbessern. So hätten die Länder Trauma-Ambulanzen eingeführt, um nach einer Gewalttat niedrigschwellige Hilfen anzubieten. Einige Behörden hätten zudem ein Fallmanagement eingeführt, das die Betroffenen durch das OEG-Verfahren begleitet.
Noch in der laufenden Legislaturperiode, so schreibt der Petitionsausschuss, soll nach den Vorstellungen der Koalitionsfraktionen das gesamte Entschädigungsrecht, zu dem auch das OEG gehört, in einem zeitgemäßen Regelwerk neu geordnet werden. Eines der wichtigsten Anliegen im Rahmen der Arbeit an dem neuen Gesetz sei es, eine Retraumatisierung von Gewaltopfern zu vermeiden. Die vorliegende Petition sei daher geeignet, in die derzeitigen Gesetzesvorbereitungen einbezogen zu werden, urteilen die Abgeordneten.
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