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In Deutschland müssen mehr Wohnungen gebaut werden. In dieser Forderung waren sich bei der Debatte zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Bericht zum „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ (18/7825) sowie einem Antrag der Fraktion Die Linke zur Entwicklung der sozialen Wohnungswirtschaft (18/3744) am Donnerstag, 17. März 2016, Redner aller Fraktionen einig. Ob der von Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) auf Basis des Berichts vorgelegte Zehn-Punkte-Plan zu einem Mehr an bezahlbarem Wohnraum führen kann, zogen die Oppositionsfraktionen indes in Zweifel.
Die Regelungen, insbesondere die von Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) befürworten Steuerabschreibungen ohne Mietobergrenze, stellten lediglich ein Subventionsprogramm für die Bauindustrie dar, sagte Caren Lay (Die Linke). Ein solches werde aber gerade nicht benötigt. Christian Kühn (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, dass man über einen Regierungsbericht rede, statt über ein Gesetzespaket für Wohnungsbauoffensive in Deutschland. Wie so oft kündige die Große Koalition etwas an, „liefert aber nicht“, sagte er.
Sören Bartol (SPD) verwies hingegen auf schon erfolgte Aktivitäten der Bundesregierung. So habe man unter anderen die Mietpreisbremse eingeführt und eine Wohngeldnovelle umgesetzt. Dies seien Instrumente, die Missstände ausräumen sollen, sagte er. Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) kritisierte die Länder, die seit der Föderalismusreform die Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau haben. Diese hätten in vielen Fällen für den sozialen Wohnungsbau gedachte Gelder des Bundes genutzt, um ihre Haushalte auszugleichen. Einig waren sich Koalition und Opposition in der Feststellung, dass nicht der Zustrom von Flüchtlingen für die Wohnungsnot verantwortlich ist. Dadurch sei die Problematik allenfalls verschärft und deutlich sichtbarer geworden, hieß es.
Die Bundesbauministerin sagte zu Beginn der Debatte, die Große Koalition habe den Wohnungsbau aus dem Dornröschenschlaf geholt. Inzwischen habe man Lösungen gefunden, „die vor zwei Jahren noch nicht denkbar gewesen wären“. Hendricks verwies auf den im Bundeskabinett schon verabschiedeten Zehn-Punkte-Plan.
Ziel ist demnach, die Wohnbautätigkeit massiv anzukurbeln. Der Neubau soll von aktuell rund 270.000 Wohnungen pro Jahr auf mindestens 350.000 gesteigert werden, davon rund 100.000 Eigenheime und Eigentumswohnungen, 170.000 Miet- sowie 80.000 Sozialwohnungen. Dazu sehe der Plan vor, Bauvorschriften zu vereinfachen. Im Baurecht soll weiterhin ein neuer Gebietstyp „Urbanes Gebiet“ eingeführt werden, der die leichtere Mischung von Gewerbe und Wohnen ermöglichen soll.
Zudem sollen der Schließung von Baulücken, der Nachverdichtung und dem Umbau von Bestandsgebäuden Priorität eingeräumt werden. Liegenschaften des Bundes sollen verbilligt für den sozialen Wohnungsbau abgegeben werden. Auch Baukosten sollen durch verschiedene Maßnahmen gesenkt werden.
Für den sozialen Wohnungsbau, so Hendricks vor den Abgeordneten, seien die den Ländern bereitgestellten Mittel verdoppelt worden. Eine weitere Steigerung sei nötig und im Haushalt 2017 auch schon angemeldet. Die Ministerin fordert zugleich eine Änderung der Zuständigkeitsverteilung. „Der Bund braucht die Zuständigkeit für den sozialen Wohnungsbau“, sagte Hendricks.
Bund und Länder hätten sich in der Frage des sozialen Wohnungsbaus „nicht mit Ruhm bekleckert“, befand Caren Lay. Auch die Linke-Abgeordnete sah es als Fehler an, die Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau an die Länder übergeben zu haben. „Sozialer Wohnungsbau muss endlich wieder Chefsache werden“, forderte sie.
Dass die Ministerin mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau einplane, begrüße ihre Fraktion. Fraglich sei aber, ob es dafür auch grünes Licht durch den Finanzminister gebe. Daher ihre Forderung: „Wir brauchen zuallererst mal ein Bündnis der Bundesregierung.“ Insbesondere der Union warf Lay vor, versucht zu haben, jede ernsthafte Initiative für bezahlbares Wohnen zu verhindern. CDU und CSU gehe es lediglich um die Rendite der Vermieter. So seien auf Drängen der CDU bei der Mietpreisbremse so viele Änderungen vorgenommen worden, „dass sie am Ende ein Rohrkrepierer wurde“.
Georg Nüßlein verteidigte die Ausnahmeregelungen der Mietpreisbremse bei Neubauten und Totalsanierungen. Das sei nötig gewesen, um einen Investitionsattentismus zu vermeiden, sagte der Unionsabgeordnete. Nüßlein räumte ein, dass man Anfang des Jahrtausends einem Trugschluss aufgesessen sei, als man mit Blick auf die demografische Entwicklung angenommen habe, es gebe genug Wohnraum und der Wohnungsbau müsse nicht mehr gefördert werden.
„Auch die Abschaffung der Eigenheimzulage war ein Fehler“, sagte er. Für die Lösung des Problems müsse man nun vor allem private Investoren motivieren, Wohnungen zu bauen. Der Klimaschutz, so Nüßlein, sei zwar wichtig – dürfe dabei aber nicht zu einem Investitionshindernis werden.
Die Zeit der Arbeitsgruppen und Kaffeekränzchen im Bauministerium müsse nun ein Ende haben, forderte Christian Kühn. Die Berichte und Aktionspläne seien bislang alle in Schubladen verschwunden. „Ich frage mich: Wann fangen Sie mit der Gesetzgebung an?“, so der Grünen-Abgeordnete mit dem Verweis, dass die Legislaturperiode in gut einem Jahr zu Ende sei.
In den Bericht, an dem ein Jahr lang gearbeitet worden sei, könne er keinen einzigen bislang noch nicht diskutierten Vorschlag erkennen. Kühn kritisierte zugleich die Pläne für Sonderabschreibungen ohne Mietobergrenze. Das sei ein „Steuersparmodell für Millionäre“ und schaffe keinen einzigen neuen sozialen Wohnungsbau. „Unser Gegenvorschlag ist eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit“, sagte Kühn. Steuererleichterungen im Tausch gegen sozialen Wohnraum sei ein altes Prinzip der sozialen Marktwirtschaft, betonte er.
Statt alles schlechtzureden müsse man den Blick in die Zukunft richten, forderte Sören Bartol. Mit der Verdopplung der Mittel für die Länder werde man die Schaffung von sozialem Wohnraum erleichtern. Mit der steuerlichen Förderung wolle man private Investoren dazu bringen, „noch mehr zu bauen“.
Wesentlich ist dabei aus Sicht des SPD-Abgeordneten, dass durch die Begrenzung der förderfähigen Baukosten sichergestellt werde, dass am Ende nicht etwa Luxusbauten gefördert werden. Im Anschluss an die Debatte nahm der Bundestag den Bericht zur Kenntnis und lehnte den Antrag der Linksfraktion (18/3744) entsprechend der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (18/6633) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab. (hau/17.03.2016)