Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Martin Patzelt ist ein Politiker mit einer beeindruckenden politischen Biografie. Der Christdemokrat aus Frankfurt (Oder) engagierte sich nach dem Mauerfall in der Bürgerbewegung Neues Forum und im Demokratischen Aufbruch. Nach der Wiedervereinigung trat er 1990 in die CDU ein und war mehr als zwei Jahrzehnte ein engagierter Kommunalpolitiker. Im Jahr 2013 kandidierte er erstmals erfolgreich für den Deutschen Bundestag und gehört dem höchsten deutschen Parlament seit der 18. Legislaturperiode an. Als Christdemokrat unterstützt Martin Patzelt die Bemühungen der Bundesregierung, mit den Maghreb-Ländern Vereinbarungen zu treffen, die sie als sichere Herkunftsländer deklarieren. Es liegt ihm sehr am Herzen, die Lebenssituation syrischer Flüchtlinge in den Flüchtlingslagern der Nachbarländer Syriens zu verbessern.
Als Nachkriegskind von zwangsausgesiedelten Eltern aus Ostbrandenburg, die tief im katholischen Glauben verankert waren, wuchs er in Frankfurt (Oder) mit zwölf Geschwistern auf. Wegen seiner christlichen Erziehung im Elternhaus war Martin Patzelt bereits als Jugendlicher häufig im Konflikt mit der sozialistischen Erziehung, die ihm vom DDR-Regime aufgezwungen wurde.
„Ich versuchte mich irgendwie anzupassen, hatte in Staatsbürgerkunde und Geschichte immer Bestnoten und durfte in der DDR trotzdem nicht zur Erweiterten Oberschule (heute Gymnasium) gehen“, sagt Martin Patzelt. Er entschied sich für eine Berufsausbildung mit Abitur und wurde Betonfacharbeiter.
Weil er Medizin studieren wollte, arbeitete Patzelt nach der Ausbildung in der Universitätsklinik Halle als Hilfspfleger. „Einige Professoren der Klinik unterstützten meinen Studienwunsch. Die Krux war: Ich hatte mich bei der Musterung zur Nationalen Volksarmee aus Glaubensgründen für den ,Spatendienst' (Wehrersatzdienst) entschieden. Da ich diese Entscheidung nicht rückgängig machen wollte, durfte ich das Medizinstudium nicht antreten, obwohl ich bereits zugelassen war. Das war bitter, aber für mich war es eine Frage von Glaubwürdigkeit. Ich wollte mich nicht erpressen lassen“, sagt der Politiker.
Martin Patzelt studierte stattdessen Sozialarbeit am Seminar für Kirchlich-Caritativen Dienst in Karl-Marx-Stadt, dem heutigen Chemnitz. Nach dem Abschluss übertrug man dem gerade 24-jährigen Absolventen die Verantwortung des katholischen Kinder- und Jugendheimes St. Elisabeth in Calbe an der Saale. „Ich war sicher der jüngste Heimleiter, dem jemals die Verantwortung für eine solche Einrichtung übertragen wurde. Etwas naiv in meinen Vorstellungen nahm ich die Herausforderung mit großem Engagement an. Obwohl die Aufgabe besonders am Anfang oft nicht unproblematisch war, leitete ich das Heim fast zwanzig Jahre“, sagt der Abgeordnete.
Sein Eintritt in die CDU nach der Wende war einerseits von christlichen Idealen, andererseits von gesundem Menschenverstand geleitet. Martin Patzelt ist ein Politiker, der nach pragmatischen Lösungen sucht. Als er sich 1989 orientierte, wo er sich politisch engagieren könnte, hegte er Sympathien für die Bürgerbewegung und Bündnis 90.
„Viele der damaligen Bündnis-90-Politiker wollten aber einen anderen Weg als die Wiedervereinigung einschlagen. Sie erkannten nicht, dass die besten Ideen wertlos sind, wenn man sie nicht umsetzen kann. In einer Demokratie braucht man die Mehrheit des Volkes, und das Volk wollte die DDR loswerden“, sagt Martin Patzelt. Er entschied sich für die CDU, weil ihm das C im Parteinamen wichtig war und es seinem Wertekodex entspricht.
Mit dem Eintritt in die CDU 1990 begann für den Christdemokraten eine beeindruckende politische Karriere. Er hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten viele kommunalpolitische Funktionen übernommen. „Ich habe mich nie für ein Parteiamt beworben, sondern wurde immer angesprochen, ob ich für ein Amt kandidieren wolle. Bevor ich zusagte, vergewisserte ich mich immer, dass ich die nötige Fachkompetenz hatte, die man für das jeweilige Amt braucht. Angela Merkel hat einmal gesagt: ‚Politik ist die Kunst des Machbaren’. Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen“, sagt der Abgeordnete.
Als der CDU-Politiker 1994 Beigeordneter der Stadt Frankfurt (Oder) für Soziales, Jugend, Sport, Bildung, Gesundheit, Wohnen und Kultur gewählt wurde, ahnte er noch nicht, dass er acht Jahre später Oberbürgermeister seiner Heimatstadt sein würde. Während dieser Zeit entwickelte sich die Grenzstadt zu Polen zu einem attraktiven Standort für Investoren. Die Financial Times hatte 2008 die Zukunftsregionen Europas untersucht. Das Ergebnis fiel für Frankfurt (Oder) sehr positiv aus. Von 1.000 Kommunen lag die Stadt auf Platz 25 der für Investoren interessantesten Zukunftsregionen Europas. Unter den Städten bis 100.000 Einwohner erreichte Frankfurt (Oder) europaweit Platz fünf.
Zur Bundestagswahl 2013 kandidierte der CDU-Politiker im Wahlkreis 63 (Frankfurt (Oder) – Oder-Spree) als Direktkandidat und gewann 33,9 Prozent der Erststimmen. Er holte deutlich mehr Stimmen als seine Konkurrenten Thomas Nord (Die Linke – 28,0 Prozent) und Lars Wendland (SPD – 24,4 Prozent). Wie erklärt er sich diesen Erfolg?
„Bevor ich kandidierte, habe ich gesagt, dass ich nur als Direktkandidat antreten würde, nicht über eine Liste. Mir war wichtig, dass die Bürger mir ihr Vertrauen direkt aussprechen, weil sie davon überzeugt sind, dass ich ihre Interessen im Bundestag gut vertreten werde. Das Wahlergebnis hat mir viel Kraft für meine Arbeit als Abgeordneter gegeben“, sagt Martin Patzelt.
Im Bundestag vertritt Martin Patzelt seine Fraktion in den Ausschüssen für „Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ sowie für „Menschenrechte und humanitäre Hilfe“, aber auch im Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“. Wie sehr ihm Flüchtlinge am Herzen liegen, machte der Christdemokrat deutlich, als er bereits im August 2014 die Bürger in Deutschland dazu aufrief, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen.
Er selbst ging mit gutem Beispiel voran und quartierte zwei junge Männer aus Eritrea in seinem Haus ein. „Die Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive. Politiker können viel erzählen, aber sie werden an ihrem Handeln gemessen. Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, Menschen in Not zu helfen“, sagte der Politiker damals der Presse.
Sein Engagement für Flüchtlinge brachte dem Bundestagsabgeordneten aber nicht nur Sympathien ein. Er erhielt Hass-Mails, wurde beleidigt, erhielt sogar Morddrohungen. Davon ließ und lässt sich der Politiker allerdings nicht einschüchtern. „Diese hasserfüllten Menschen brauchen ein Ventil, um sich Luft zu machen. Kraft gibt mir, dass es viele Bürger gibt, die mich bei der Hilfe für Flüchtlinge unterstützen“.
Enttäuscht hat ihn aber, dass es in seiner Partei einzelne Politiker gab, die ihn warnten, er würde vielleicht nicht erneut gewählt, wenn er so agiere. Diesen Politikern antwortete er: „Ich werde nicht von der Partei in ein Amt gewählt, sondern von den Menschen. Die können sich für oder gegen mich entscheiden. Das ist Demokratie!“
In einem Interview mit dem Deutschlandfunk bekräftige Martin Patzelt, dass er die Idee des grünen Ministerpräsidenten Kretschmann für richtig hält, dass Flüchtlinge dort eine Heimat finden sollten, wo ausreichend Platz ist. „In Brandenburg und anderen neuen Bundesländern beklagen wir seit Jahrzehnten, dass in bestimmten Regionen immer weniger Menschen leben. Das habe ich als Oberbürgermeister tagtäglich deklinieren müssen. Und auf einmal kriegen wir ein Angebot, dass junge, hoch motivierte Menschen hier leben können und wollen. Und da sage ich: Etwas Farbe braucht das Land!“
Martin Patzelt weiß aus der eigenen Familie, wie es sich anfühlt, wenn Menschen aus einem Land flüchten müssen und er argumentiert als Christ. „Die Frage des Umgangs mit Flüchtlingen ist im Grundgesetz Artikel 16a geregelt, und auf dem Boden des Grundgesetzes müssen Entscheidungen getroffen werden. Für mich ist es nicht nur eine humanistische Pflicht, Menschen in Not zu helfen, es entspricht auch meiner Werteordnung. Es gab schon Situationen, da wollte ich das Mandat im Menschenrechtsausschuss niederlegen, weil ich bei einigen Abgeordneten meiner eigenen Fraktion keinen Rückhalt spürte. Ich bin fest davon überzeugt, dass Deutschland in der Flüchtlingsfrage in Europa Vorbild sein muss und kann. Der Menschenrechtsausschuss müsste mit klugen Ideen voran gehen.“ (bsl/02.05.2016)