Menu | Plenum | Parlaments-TV |
Welche Regelungen bei der Novellierung des Filmförderungsgesetzes (18/8592, 18/8627) überdacht werden müssen, damit Filme wie "Toni Erdmann" entstehen, wollten die Abgeordneten des Ausschusses für Kultur und Medien und Vorsitz von Siegmund Ehrmann (SPD) am Mittwoch, 22. Juni 2016, bei der Anhörung von Experten aus den Reihen der Filmwirtschaft von Janine Jackowski wissen. Jackowski hatte das beim Festival in Cannes mit dem Kritikerpreis ausgezeichnete und vielbeachtete Drama der Regisseurin Maren Ade produziert. Das Filmförderungsgesetz (FFG) verpflichtet die Nutzer von Filmen, Abgaben zu leisten, mit denen die Produktion von Filme unterstützt wird. Alle fünf Jahre wird es novelliert.
Jackowski plädierte wie die Produzentenverbände für Änderungen bei der geforderten Eigenkapitalquote von fünf Prozent der Kosten einer Produktion. Die unterkapitalisierten Firmen können sie nicht aufbringen. Ebenso forderte sie Änderungen bei der Referenzfilmförderung. Sie benachteilige Festivalerfolge. Deren Produzenten kommen erst in den Genuss von Mitteln für die Produktion eines neuen Films, wenn sie 50.000 Besucher ins Kino locken.
Kontrovers diskutiert wurde die Besetzung der Vergabekommission der Filmförderungsanstalt (FFA). In dem Gremium haben künftig die Verwerter die Mehrheit. Die Produzenten fürchten, dass sie vorrangig kommerziell erfolgreiche Projekte auswählen. Dr. Stefan Gärtner vom Verband Privater Rundfunk und Telemedien hingegen verteidigte den Vorschlag der Bundesregierung.
Damit Regisseurinnen wie Maren Ade kontinuierlich arbeiten können, soll im FFG eine Frauenquote bei der Besetzung der Gremien eingeführt werden. Der Linksfraktion reicht der Vorschlag der Bundesregierung zur Geschlechtergerechtigkeit jedoch nicht. Sie fordert in einem Antrag (18/8073) ebenso wie Barbara Rohm von der Initiative Pro Quote Regie eine Zielvorgabe von 40 Prozent bei der Mittelvergabe für Filme, bei denen Frauen Regie führen.
Ein weiterer Vorstoß der Linksfraktion geht der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, den Filmschaffenden und dem Bundesverband Schauspiel zu weit. Sie fordern zwar, soziale Mindestanforderungen in die Förderkriterien zu integrieren. Aber sie wollen Firmen nicht von der Förderung ausschließen, die Tarifverträge und Vergütungsregeln unterlaufen haben, wie es die Oppositionsfraktion vorschlägt. Dr. Jürgen Kasten vom Bundesverband Regie mahnte an, bei der Prüfung der Kalkulationen durch die FFA zumindest die Einhaltung der Vergütungsregeln im Auge zu behalten.
Ein Dauerbrenner in den Novellierungsdiskussionen ist die Auswertungskaskade. Zwischen Kinostart und Video-Premiere liegen sechs Monate, nach einem Jahr folgt die Pay-TV-Ausstrahlung und nach 18 Monaten die Free-TV-Ausstrahlung. Keiner aus dem Kreis der Experten konnte sich mit dem Vorstoß von Peter Weber (ZDF) anfreunden, den Fertigstellungstermin eines Films statt des Premierendatums zum Beginn des Zyklus zu machen. Die Mehrheit der Experten setzt weiter auf die Verkürzungsmöglichkeiten der Sperrfristen durch die FFA.
Thomas Frickel (AG Dok) will den Dokumentarfilm zu einem Experimentierfeld für moderne Auswertungsformen machen. Für eine Flexibilisierung der Sperrfristen plädiert auch die Videowirtschaft mit Blick auf begrenzte Marketingbudgets. Christian Bräuer (AG Kino) forderte unter diesem Aspekt ein generelles Umdenken. Das FFG müsse neben der Produktion von Filmen auch deren Ausstattung mit ausreichenden Herausbringungsbudgets sichern. (doc/23.06.2016)