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Ausschuss hört Experten aus den Vereinigten Staaten

In seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause will sich der 1. Untersuchungsausschuss (NSA) mit dem Stand der Diskussion und Gesetzgebung in den Vereinigten Staaten zu Themen wie Internetsicherheit, Datenschutz und Kontrolle der Geheimdienste befassen. Dazu sind für Donnerstag, 8. September 2016, fünf Sachverständige aus den USA geladen, die als Vertreter von Bürgerrechtsorganisationen, aber auch aus eigener Tätigkeit in Regierungsämtern über einschlägige Erfahrungen verfügen. Die öffentliche Vernehmung unter Vorsitz von Prof. Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) beginnt um 11.30 Uhr im Europasaal 4.900 des Paul-Löbe-Hauses in Berlin.

Experten der Bürgerrechtsorganisation ACLU

Allein zwei der fünf geladenen Sachverständigen vertreten die derzeit größte und zugleich zweitälteste Bürgerrechtsorganisation der Vereinigten Staaten, die 1920 gegründete American Civil Liberties Union (ACLU). Sie hat sich die „Verteidigung und Bewahrung der individuellen Rechte und Freiheiten, die jeder Person in diesem Land garantiert sind“, auf die Fahne geschrieben. Die ACLU zählt heute 500.000 Mitglieder und beschäftigt 200 festangestellte Juristen sowie 2.000 ehrenamtlich tätige Anwälte.

Für die ACLU wird vor dem Ausschuss die Anwältin Ashley Gorski aussagen, Fachjuristin für Fragen der „nationalen Sicherheit“ in den USA. Nach den Enthüllungen des Geheimdienstkritikers Edward Snowden hatte Gorski eine Klage gegen die National Security Agency (NSA) betrieben, deren Programm der anlasslosen Massenüberwachung, wie sie argumentierte, „die verfassungsmäßigen Rechte unseres Mandanten auf Privatsphäre, Rede- und Versammlungsfreiheit verletzt und eine schwerwiegende Bedrohung für ein freies Internet und eine freie Gesellschaft darstellt“. Das zuständige Gericht wies indes im Oktober 2015 die Klage mit der Begründung ab, sie beruhe auf „subjektiven Befürchtungen“.

Die ACLU vertritt vor dem Ausschuss auch der Informatiker Christopher Soghoian. Der heute 35-jährige Kalifornier hat sich einen Ruf erworben als Experte für Angriffe auf das Internet und Überwachungsmaßnahmen durch Behörden, als Kritiker von Softwarefirmen, die dem Staat die dazu erforderlichen Mittel an die Hand geben, und als Befürworter der Nutzung von Verschlüsselungstechniken. Gegen ihn ermittelte 2006 zeitweilig die US-Bundespolizei FBI. Bei der ACLU ist Soghoian als „Cheftechniker“ beschäftigt.

Politologe Morton H. Halperin sagt aus

Der gemessen an seiner Biographie womöglich interessanteste Sachverständige ist der 78-jährige Politologe Morton H. Halperin. Der in Yale promovierte Experte für internationale Beziehungen war unter Präsident Lyndon B. Johnson im US-Verteidigungsministerium tätig und wandelte sich vom Befürworter zum Kritiker des Vietnam-Krieges. Er war dennoch 1969 neun Monate lang Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates unter Henry Kissinger. Er geriet freilich in den Verdacht, die Presse mit vertrauliche Informationen versorgt, später auch, dem Enthüller der Pentagon-Papiere Daniel Ellsberg zugearbeitet zu haben. Das FBI hörte deswegen bis 1971 sein Telefon ab.

Von 1984 bis 1992 war Halperin Washingtoner Bürochef der ACLU, anschließend unter Präsident Bill Clinton erneut für das Verteidigungsministerium und den Nationalen Sicherheitsrat tätig, zuletzt von 1998 bis 2001 Leiter des politischen Planungsstabs im Außenministerium. Seit 2009 berät Halperin die Open Society Foundations, einen 1993 gegründeten Stiftungsverbund des Milliardärs George Soros, der sich der weltweiten Förderung „lebendiger“ und „toleranter“ Demokratien verschrieben hat.

Amie Stepanovich spricht für Access Now

Für Access Now, eine 2009 gegründete, international tätige Organisation von Netzaktivisten, wird die Juristin Amie Stepanovich vor dem Ausschuss auftreten. Access Now macht sich für Datensicherheit, den Schutz der Privatsphäre und gegen Zensur im Internet stark. Stepanovich beobachtet für die Organisation die Politik in den USA.

Als Experte für den Schutz der Bürgerrechte vor dem Hintergrund einer zunehmend restriktiven Antiterror-Gesetzgebung hat sich der in Harvard-Jurist Timothy Edgar einen Namen gemacht. Der heute 47-jährige Professor an der Brown University in Rhode Island  war von 2001 bis 2006 in der ACLU zuständig für Fragen der nationalen Sicherheit, bevor er in den Dienst der Regierung trat. Er war von 2006 bis 2009 Referent für Bürgerrechte beim Geheimdienstkoordinator des Weißen Hauses, anschließend unter Präsident Barack Obama bis 2010 Direktor für der Schutz der Bürgerrechte und der Privatsphäre im Stab des Nationalen Sicherheitsrates, zuletzt bis 2012 zuständig für die Sicherheit und den Austausch terrorismusbezogener Daten. (wid/01.09.2016)

Zeit: Donnerstag, 8. September 2016, 11.30 Uhr
Ort:  Berlin, Paul-Löbe-Haus, Europasaal 4.900

Interessierte Besucher können sich bis jeweils 13 Uhr am Vortag der entsprechenden Sitzung beim Sekretariat des Ausschusses (E-Mail: 1.untersuchungsausschuss@bundestag.de) unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums anmelden.

Aus Kapazitätsgründen kann der Zugang der Öffentlichkeit beschränkt werden. Angemeldete Personen erhalten eine Mitteilung, ob diese bei der Platzvergabe berücksichtigt werden können. Zur Sitzung muss ein Personaldokument mitgebracht werden.

Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anmelden. Ton- und Bildaufnahmen sowie Ton- und Bildübertragungen der öffentlichen Anhörung sind nicht gestattet.

Liste der geladenen Zeugen