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Vor dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA) unter Vorsitz von Prof. Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) hat ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) von Fällen berichtet, in denen Flüchtlinge in Deutschland ein Bleiberecht erhielten, damit sie geheimdienstlich abgeschöpft werden konnten. Dies sei allerdings in seinem Zuständigkeitsbereich in den Jahren 2009 bis 2013 höchstens drei- bis viermal vorgekommen, sagte der Zeuge R.C. in seiner Vernehmung am Donnerstag, 22. September 2016. Der heute 53-Jährige war nach zwölfjähriger Dienstzeit als Berufssoldat 1994 zum BND gewechselt und von 2003 bis September 2013 in der Hauptstelle für das Befragungswesen (HBW) tätig. Diese forschte in Zusammenarbeit mit dem US-Militärgeheimdienst Defence Intelligence Agency (DIA) bis zu ihrer Auflösung im Sommer 2014 Asylbewerber nach geheimdienstlich verwertbaren Informationen aus ihren Herkunftsländern aus.
Dabei arbeitete die HBW eng mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zusammen, wo der BND eine Kontaktstelle unterhielt. Das Bundesamt stellte dem Geheimdienst die Befragungsprotokolle von Flüchtlingen zur Verfügung, die nach seiner Einschätzung möglicherweise interessant waren.
Allerdings seien davon nur ganz wenige Asylbewerber betroffen gewesen, betonte der Zeuge, maximal zwei Prozent der jährlich in Deutschland registrierten Flüchtlinge. Die HBW habe dann den Kontakt zu ihnen gesucht und nach einem Vorgespräch entschieden, ob eine intensivere Befragung aussichtsreich erschien.
Dabei habe im Prinzip die Regel gegolten, dass die Kooperationsbereitschaft der Betroffenen keinerlei Einfluss auf den Ausgang ihrer Asylverfahren haben sollte. Es habe aber auch "Sonderfälle" gegeben, räumte der Zeuge ein, der bis Dezember 2008 in der HBW als Befrager und anschließend als "Befragungsführer" und stellvertretender Dienststellenleiter tätig war. Es sei vorgekommen, dass "das Bamf sagt: Ich würde diesen Fall negativ bescheiden, und wir sagen: Moment, wir wollen, dass die Person bleibt".
Die enge Zusammenarbeit mit der DIA hat der HBW nachträglich den Verdacht eingetragen, sie habe den USA Informationen geliefert, die für tödliche Drohneneinsätze nutzbar gewesen seien. Dazu seinen Asylbewerber gezielt nach Mobilfunkdaten oder Aufenthaltsorten mutmaßlicher Terroristen gefragt worden. Der Zeuge erklärte, er könne dies nicht ausschließen, habe dafür aber auch keinen Anhaltspunkt: "Ich weiß nicht, wo die Amerikaner überall Operationen laufen hatten, und ob das im Zusammenhang mit irgendeiner unserer Befragungen stand. Das ist mir unmöglich nachzuvollziehen."
Immerhin korrigierte der Zeuge in gewissem Maße die Aussagen seiner ehemaligen Behördenchefin A.K., die vor einem Jahr vor dem Ausschuss den Eindruck erweckt hatte, die HBW habe sich nicht im mindesten für militärisch nutzbare Informationen interessiert, sondern viel mehr für die allgemeine Wirtschaftslage, etwa den Brotpreis, in den Herkunftsländern der Asylbewerber. "Es waren durchaus auch Themen, für die sich typischerweise ein militärischer Geheimdienst interessiert", beschrieb er den Tenor der Unterredungen.
Er gab auch zu verstehen, dass gezielt nach Telefonnummern, Aufenthaltsorten und anderen zur Lokalisierung von Personen geeigneten Daten gefragt wurde, wollte aber über Einzelheiten nur in nichtöffentlicher Sitzung berichten. Auch sei es zwar "nicht die Regel gewesen", aber "es kam häufig vor", dass Flüchtlinge allein von DIA-Agenten ohne Anwesenheit eines BND-Mitarbeiters befragt wurden. (wid/22.09.2016)