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Bundestag erhebt sich zu Ehren von Shimon Peres


Der Deutsche Bundestag hat sich zu Beginn seiner Plenarsitzung am Donnerstag, 29. September 2016, zu Ehren des am Vortag im Alter von 93 Jahren verstorbenen ehemaligen Staatspräsidenten Israels, Shimon Peres, erhoben. „Wir trauern mit den Menschen in Israel um diesen bedeutenden Staatsmann und Friedensnobelpreisträger, der uns als unermüdlicher Mittler zwischen den Völkern unvergessen bleibt“, sagte Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert.

Außenminister, Ministerpräsident und Staatsoberhaupt

Peres sei davon überzeugt gewesen, dass sich Konflikte dauerhaft nicht mit Waffen, sondern nur mit Vereinbarungen und Verträgen lösen lassen, dafür habe er sich mit ganzer Kraft eingesetzt, als Außenminister, Ministerpräsident und Staatsoberhaupt. „Im Verhältnis zu den Deutschen brauchte es noch mehr – das wusste gerade Shimon Peres, dessen Großvater und andere Familienmitglieder in der Shoa auf brutale Weise ermordet worden waren“, erinnerte Lammert.

„In unserem jungen Staat“, zitierte Lammert Peres aus der unmittelbaren Zeit nach der Staatsgründung Israels, „überwog die Auffassung, dass der Bruch mit Deutschland endgültig und für ewig sein müsse.“ Lammert: „Umso dankbarer sind wir denen, die dazu beitrugen, dass trotz der tiefen Gräben zwischen beiden Völkern wieder Vertrauen aufgebaut und die Grundlagen dafür gelegt wurden, was man heute die „besonderen Beziehungen“ zwischen Israel und Deutschland nennt.“ Shimon Peres sei einer dieser Brückenbauer über den „Abgrund der Geschichte“ gewesen, die heute Deutschland mit Israel verbinde.

„Eine unerhörte Botschaft des Friedensnobelpreisträgers“

„Die Shoa muss dem menschlichen Gewissen stets als ewiges Warnzeichen vor Augen stehen; als Verpflichtung zur Heiligkeit des Lebens, zur Gleichberechtigung aller Menschen, zu Freiheit und Frieden“, zitiert Lammert aus der Rede des damaligen israelischen Staatschefs am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2010 im Deutschen Bundestag. Diese Worte seien nicht nur der bleibende Appell an alle, die heute und zukünftig Verantwortung dafür tragen, den Holocaust nicht zu vergessen und gegen jede Form der Ausgrenzung und Diskriminierung aufzustehen.

Peres‘ Worte drückten auch aus, nach welcher Maxime er selbst handelte: sich für die gleichen Rechte aller Menschen einzusetzen - egal welcher Herkunft oder Religion. „Unvergessen ist mir vor allem ein Satz seiner damaligen Rede, der mich besonders beeindruckt und tief bewegt hat: ,Die Shoa darf uns nicht davon abhalten, an das Gute zu glauben.‘  Eine unerhörte Botschaft des Friedensnobelpreisträgers und Ausdruck seiner großen Persönlichkeit“, so der Bundestagspräsident. Lammert: „Wir Deutsche sind Shimon Peres zu großem Dank verpflichtet und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.“

Peres' Rede vor dem Bundestag

Peres hatte in der Gedenkstunde von seinem Großvater Rabbi Zwi Meltzer in Wiszniewo im heutigen Weißrussland erzählt. Als Elfjähriger verließ Peres seine Heimat, um ins Heilige Land zu gehen, während der Großvater zurückblieb. „Als die Nazis in Wiszniewo einmarschierten, befahlen sie allen Juden, sich in der Synagoge zu versammeln. Mein Großvater ging als Erster hinein ... Seine Familie folgte ihm. Die Türen wurden von außen verriegelt, und das Holzgebäude wurde angezündet. Von der Gemeinde blieben nur glühende Asche und Rauch.“

Er sei stolz darauf, sagte Peres damals, dass der Staat Israel erstanden ist, die „moralische und historische Antwort auf den Versuch, das jüdische Volk von der Erde zu tilgen“. Auch an den Beitrag der Juden zur deutschen Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft erinnerte der Gast und nannte die Namen Albert Einstein, Sigmund Freud, Martin Buber, Karl Marx, Hermann Cohen, Hannah Arendt, Heinrich Heine, Moses Mendelssohn, Rosa Luxemburg, Walter Rathenau, Stefan Zweig und Walter Benjamin.

Peres würdigte die Verdienste von Bundeskanzler Konrad Adenauer und des israelischen Staatsgründers David Ben-Gurion in der Nachkriegszeit. Die Reparationen aus Deutschland hätten Israel aus seiner Notlage geholfen und einen wesentlichen Beitrag zur schnellen Entwicklung des Landes geleistet. (vom/eis/30.09.2016)