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Strom, Wärme, Kälte: das Energiekonzept des Deutschen Bundestages

Wärme- und Kältespeicher unter dem Reichstagsgebäude
Wärme- und Kältespeicher
© DBT
Lupe



Das Energieerzeugungs- und -versorgungskonzept für die Liegenschaften des Deutschen Bundestages soll als Vorbild für Planer und Ingenieure dienen. Es gibt ein Beispiel für ökologisch und ökonomisch kombinierbare Maschinen, Anlagen und Übertragungssysteme der Energieerzeugung und Energieverwendung.

  1. Konzeptionelle Vorgaben für die Energieversorgung der Neubauten des Deutschen Bundestages
    Zu den Vorgaben für die Herrichtung des Reichstagsgebäudes für Zwecke des Deutschen Bundestages gehörte u. a. auch die Forderung nach weitgehender Verwendung von regenerativer Primärenergie. Für die Parlamentsbauten im Spreebogen wurde zeitgleich ein Energiekonzept erarbeitet, das eine eindeutige Prämisse für die dezentrale Energieerzeugung hatte. Darüber hinaus sollte der Betrieb des Plenarbereiches auch bei Störung eines Energieerzeugungssystems sichergestellt werden.

  2. Maschinelle Umsetzung des Energiekonzeptes
    Diese Vorgaben wurden im Reichstagsgebäude und Paul-Löbe-Haus mit je vier Dieselmotoren, die Stromgeneratoren antreiben, realisiert. Da entsprechend der Energiekonzeptvorgabe eine nachwachsende Primärenergie in den Bundestagsgebäuden eingesetzt werden sollte, fiel die Entscheidung für den Einsatz des Kraftstoffes Biodiesel. Dazu wurden Standardmotore aufgebaut, die der Hersteller für die Verwendung von Biodiesel in einigen Bauteilen umrüsten musste. Die Abgase der Dieselmotoren werden in einer aufwändigen Abgasreinigungsanlage durch Russfilter, Reduktionskatalysatoren und nachgeschalteten Oxydationskatalysatoren soweit gereinigt, dass die Vorgaben der TA Luft noch einmal deutlich unterschritten werden. Der auf diese Weise erzeugte Strom wird durch Strom aus dem öffentlichen Berliner Versorgungsnetz ergänzt.

    Die Wärme aus den Motoren und ihren Abgasen genügt für eine Mindestwärmeversorgung der Gebäude des Deutschen Bundestages. Um den Wärmebedarf in der winterlichen Heizperiode zu decken, stehen vier Heißwasserkessel zur Verfügung, die für die Spitzenlastversorgung und als vollständige Redundanz beim Ausfall der Motoren berechnet wurden. Während des Sommers kann der Wärmeüberschuss aus dem Motorheizkraftwerksbetrieb zum Antrieb von drei Absorptionskältemaschinen verwendet werden. Besteht im Frühjahr und Herbst weder Wärme- noch Kältebedarf, wird die Überschusswärmemenge in einen geothermischen Speicher gepumpt, von wo sie bei Bedarf wieder abgerufen werden kann.

    Auch für die Kälteerzeugung wird ein regeneratives System mit Hilfe des Grundwassers als erste Priorität eingesetzt. Zur Spitzenkälteversorgung bzw. als Redundanz stehen jedoch fünf Kompressionskältemaschinen an verteilten Standorten zur Verfügung.

  3. Einsatz regenerativer Energien und ökologischer Gebäudebetrieb
    Dem ökologischen Anspruch entsprechend nimmt der Einsatz regenerativer Primärenergien einen hohen Stellenwert ein.

    • Biodiesel
      Alle Motoren und der Kessel im Reichstagsgebäude werden mit Biodiesel (korrekte Bezeichnung ist FAME nach DIN EN 14214) betrieben. Es entspricht der ökologischen Zielsetzung des Deutschen Bundestages, dass das Vegetationsgebiet und die Verarbeitung in geringer Entfernung von Berlin liegen bzw. stattfinden. Als Grundstoff ergab sich bisher nur die Verwendung von Raps, aus dessen Körnern das Rapsöl gepresst werden kann. In einer Biodieselfabrik wird durch Hinzusetzung von Methanol der Biodiesel hergestellt, bei gleichzeitiger Erzeugung von Glyzerin, das in den anfallenden Mengen in der chemischen Industrie vollständige Abnahme findet.

      Abgesehen von Spuren der unvermeidlichen Schadstoffe wird hier ein Großteil der Kohlendioxydbildung aus dem Verbrennungsvorgang von nachwachsenden Rohstoffen, z. B. Raps, regional wieder aufgenommen. Ferner ist durch die Verwendung von landwirtschaftlichen Produkten indirekt auch ein Beitrag zur Arbeitsplatzerhaltung in ländlichen Gebieten gegeben.


    • Photovoltaik
      Auf den Dächern des Reichstagsgebäudes, des Paul-Löbe-Hauses und des Jakob-Kaiser-Hauses sind insgesamt ca. 3.600 m² Photovoltaikelemente unterschiedlicher Kollektorbauarten, teilweise dem Sonnenstand nachführbar, aufgebaut. Die Errichtung erfolgte in einem Demonstrationsprogramm des Bundesbauministeriums. Der mit Hilfe der Photovoltaikanlagen gewonnene Strom wird in vollem Umfang in das hauseigene Netz eingespeist.


    • Wärmeerzeugung und -speicherung
      Überschüssige Wärme, die im Motorheizkraftwerkbetrieb aufgrund der gekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung anfällt und weder in den Gebäuden zur Beheizung noch für den Antrieb einer Absorptionskältemaschine witterungsbedingt benötigt wird, wird über zwei Bohrungen ca. 300 m tief in eine wasserführende Gesteinsschicht vor dem Reichstagsgebäude eingeleitet. Dazu wird aus einer Bohrung das dort in porösem Gestein eingelagerte Wasser von ca. 20 °C natürlicher Temperatur hochgepumpt, über Wärmetauscher im Keller der Bundestagsgebäude mit der Überschusswärme aufgeheizt und durch die zweite ca. 280 m entfernt liegende Bohrung in die gleiche Tiefe hinabgebracht. Es wird Wasser mit maximal 60 °C und mit einer Pumpenleistung von maximal 100 m³/h in das Gestein verpresst und in der nächsten Heizperiode mit einer Temperatur beginnend bei ca. 55 °C heraufgepumpt. Mit fortschreitender Entnahme sinkt die Fördertemperatur, bis bei ca. 30 °C eine wirtschaftlich nutzbare Wärmeentnahme beendet ist.


    • Brunnen des Kältespeichers, im Hintergrund das Reichstagsgebäude
      Brunnen des Kaltwasserspeichers
      © DBT
      Kälteerzeugung und -speicherung
      Die erste Priorität der Kälteerzeugung besteht in der Speicherung von Umweltkälte im Winter, die über Wärmetauscher an das Grundwasser abgegeben wird. Am Ende der winterlichen Kälteperiode wird dieser Vorgang abgeschlossen und zu Beginn der Frühsommerzeit durch Umdrehung der Fließrichtung das kalte Wasser entnommen, welches zunächst mit ca. 6 °C aus dem jeweiligen kalten Brunnen gefördert werden kann. Im Laufe des Sommers steigt diese Temperatur je nach Bedarf bis auf die natürliche Temperatur von 11 °C an. Wenn ein größerer gleichzeitiger Kältebedarf in den Bundestagsgebäuden besteht als aus den Kältespeicherbrunnen entnommen werden kann, wird diese Kälte zunächst in kleinen konventionellen Kältemaschinen erzeugt. Steigt der Bedarf noch weiter an und ist aufgrund der sommerlichen Temperaturen ein längerer Bedarf zu erwarten, so werden die drei Absorptionskältemaschinen über die Abwärme der Motorheizkraftwerke angetrieben.


  4. Haustechnische Anlagen
    Zum Konzept der ökologisch orientierten und am Bedarf angepassten Erzeugung von Strom, Wärme und Kälte gehört es, dass diese Energieformen in den haustechnischen Anlagen der Gebäude ebenfalls sparsam verwendet werden. Dazu sind z. B. Lüftungsanlagen mit geringen Antriebsströmen der Ventilatoren konzipiert worden. In vielen Bereichen wird der natürlichen Belüftung, wenn es die Außen- und Innentemperaturen erlauben, schaltungstechnisch der Vorrang vor einer Klimatisierung mit Hilfe von Lüftungsanlagen gegeben. Ferner trägt der passive und aktive Sonnenschutz sowie die Wärmedämmung der Wände und Fenster zur Verringerung des Wärmeeintrags von außen in Sitzungssäle und Büros entscheidend bei. Für die Beleuchtung wurden Leuchten mit hoch effizienten Lampen eingesetzt, die über ein Lichtmanagementsystem bedarfsgerecht ein- und ausgeschaltet werden.

  5. Optimierter Einsatz der Energien im Energieverbund
    Neben einem ressourcensparenden Einsatz der Primärenergien gehört auch die bedarfsgerechte Erzeugung der Nutzerenergien zum ökologischen Konzept. So ist es möglich, Wärme, Kälte und Strom in verschiedenen Bereichen der Bundestagsgebäude zu erzeugen und entsprechend dem Bedarf in andere Gebäude zu transportieren. Dazu gibt es ein Verbindungsnetz für Strom auf der 10-kV-Ebene mit Transformatoren in jedem Gebäude. Ebenso kann die erzeugte Wärme zwischen den Häusern auf 110 °C Temperaturniveau in beiden Richtungen gepumpt werden. Alle Gebäude partizipieren an der Kältespeicherung und können teilweise auch das in den Kältemaschinen erzeugte Kaltwasser zum Nachbargebäude bedarfsgerecht transportieren. Dieses Energieverbundsystem wird von einer übergeordneten Automatisationsanlage gesteuert, die manuelle Eingriffe zulässt.

    Da im Bundeskanzleramt ebenfalls ein Motorheizkraftwerk betrieben wird, ist zur Vermeidung eines eigenen Wärmespeichersystems eine Verbindungsleitung zum Wärmespeicher des Bundestagsenergiesystems hergestellt worden. Es kann notfalls Überschusswärme aufnehmen sowie bei Bedarf auch Teile davon wieder zurückfördern.

  6. Betriebserfahrungen
    Der Energieerzeugungsbetrieb wurde in den ersten Betriebsjahren permanent optimiert. Der Kältespeicher arbeitet sehr zufrieden stellend und hat im vergangenen Sommer 2005 die im Winter zuvor eingelagerte Umweltkälte noch nicht einmal vollständig aufgebraucht. Die im Wärmespeicher eingelagerte Überschusswärme aus dem Motorheizkraftwerkbetrieb konnte zu ca. 60 % wieder entnommen werden. Zur wissenschaftlichen Auswertung des Betriebes der Kälte- und Wärmespeicher wurde ein Forschungsprojekt aufgelegt, das u. a. weitere Optimierungspotenziale aufzeigen soll.

  7. Übertragbarkeit des Energiekonzeptes
    Das dargestellte Energieerzeugungssystem für die Bundestagsgebäude erscheint auf andere Gebäude und Verbraucher nur übertragbar, wenn eine ähnliche Verbrauchscharakteristik im gleichzeitigen Bedarf von Wärme und Strom oder Kälte und Strom vorliegt. Darüber hinaus ist die Speicherung im Untergrund vor dem Reichstagsgebäude nur aufgrund der günstigen geologischen Gegebenheiten möglich und kann so auch nicht an anderen Stellen Deutschlands in dieser Leistungsfähigkeit erwartet werden.

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Verwaltung
Referat Liegenschaften und Gebäudetechnik

Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/bauwerke/energie/
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