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105/2006
Datum: 03.04.2006
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heute im Bundestag - 03.04.2006

Stasi-Opfer entsetzt über Pläne zur Besserstellung von DDR-Funktionsträgern

Arbeit und Soziales (Anhörung)/Arbeit und Soziales (Anhörung)

Berlin: (hib/MPI) Die Stasi-Opfer sind entsetzt über eine geplante Besserstellung von dienstbeschädigten Funktionsträgern der DDR. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag äußerte die Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) "Empörung und Verbitterung" über zwei identische Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen ( 16/444) und der Bundesregierung ( 16/754), mit denen auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 21. November 2001 und vom 9. November 2004 sowie des Bundessozialgerichts vom 20. Juli 2005 reagiert wird. In diesen wurde festgelegt, dass unter anderen früheren Stasi-Mitarbeitern Alterszulage, Beschädigtengrundrente und Schwerstbeschädigtenzulage in voller Höhe zu gewähren sind. Ebenfalls einbezogen werden müssen demnach die Angehörigen der übrigen Sonderversorgungssysteme der DDR, also der Nationalen Volksarmee, der Deutschen Volkspolizei, der Feuerwehr und des Strafvollzugs. Der UOKG unterstrich, während viele Opfer des Kommunismus "in bitterer Not" lebten und seit langem um eine so genannte Opferrente kämpften, werde "das Gesetz dazu beitragen, ihre früheren Peiniger finanziell weiter zu stärken". Der Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen im ehemaligen zentralen Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit, Hubertus Knabe, bestätigte, dass es auf Seiten der Opfer großes Unverständnis für die Regelung gebe. Er erinnerte daran, dass den meisten Opfern eine Karriere in der DDR verwehrt geblieben sei. Damit würden sich auch heute noch, zum Beispiel bei der Rentenhöhe, benachteiligt. Die Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) begrüßte allerdings, "dass die ungerechtfertigte materielle Besserstellung" von früheren Stasi-Mitarbeitern in dem Gesetzesvorhaben "vermieden wird, soweit dies nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben zulässig ist". Insbesondere lobte die BStU, dass ein Ausschluss von Leistungen dann möglich sei, wenn ein früherer DDR-Funktionsträger gegen die Grundsätze der Menschlichkeit verstoßen habe. Auf eine Frage der FDP untermauerte der Staatsrechtler Ulrich Battis diese Einschätzung. Auf Nachfragen von Union und SPD fügte das BStU hinzu, dass in ihren Beständen Gesundheitsunterlagen vorhanden seien, die es grundsätzlich möglich machten, den Hergang von Dienstunfällen nachzuvollziehen. In einer Einzelfallprüfung könne daher etwa ermittelt werden, ob ein Dienstunfall im Zusammenhang mit Folter entstanden sei. Nach Einschätzung der Behörde handelt es sich noch um zirka 800 dienstbeschädigte ehemalige Stasi-Mitarbeiter. Auf eine Frage der Grünen äußerte der Sozialrechtsexperte Heinz-Dietrich Steinmeyer die Vermutung, dass die Fälle, bei denen die Dienstbeschädigung unmittelbar im Zusammenhang mit der Tätigkeit beispielsweise eines Stasi-Offiziers gestanden habe, so gering seien, dass die gesetzliche Möglichkeit zum Leistungsausschluss "verpufft". Die in einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vorgesehene Anwendung des Gesetzes auf nichteheliche Lebenspartnerschaften mit Kindern unter drei Jahren ist aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes nicht ausreichend, wie dieser auf Frage der Fraktion Die Linke darlegte. Die Deutsche Rentenversicherung Bund begrüßte hingegen das Gesetzesvorhaben. Ohne eine gesetzliche Klarstellung ergäbe sich eine Belastung für die Rentenkasse von mindestens rund 640 Millionen Euro.
Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2006/2006_105/02
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