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März 02/1999
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Sieger­Stenographen sind gefragt!

Steno

Am Freitagmittag nach dem Plenar­Donnerstag liegt er gedruckt und gebunden vor, egal wie lange die Sitzung des Bundestages gedauert hat ­ der Stenographische Bericht der Plenarsitzung. Die Fraktionsspitzen können sogar schon freitags morgens um neun Uhr sehen, an welchen Stellen es Beifall oder Zwischenrufe gab. Dafür sorgen die 30 Parlamentsstenographen.

Stenographie

Egal wie spät es donnerstags wird, der stenographische Bericht liegt am nächsten Tag pünktlich vor", sagt Dr. Bärbel Heising, selbst seit mehr als zwölf Jahren dabei. Seinen Nachwuchs rekrutiert der Bundestag auf ganz unterschiedlichen Wegen. Ein Hochschulabschluß ist die erste Voraussetzung dafür, in den Stenographischen Dienst aufgenommen zu werden.

Die zweite, mindestens genauso wichtige Voraussetzung sind die stenographischen Fähigkeiten. Und hier wurde es in den vergangenen Jahren zunehmend schwieriger, geeignete Bewerber zu finden. "Stenographie wird heute nicht mehr als Kulturwerkzeug betrachtet", nennt Bärbel Heising den Grund. Mit einem eigenen Arbeitsbereich "Ausbildung" reagiert der Stenographische Dienst auf die Entwicklung, daß immer weniger junge Leute Stenographie lernen.

Die Bewerber für die Parlamentsstenographie werden heute vor allem aus den Stenographen­Vereinen rekrutiert. Mitarbeiter des Arbeitsbereichs Ausbildung schauen sich bei der Deutschen Meisterschaft für Stenographie vor allem die jungen, erfolgreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an - und das meist nicht nur einmal. "Wir beobachten die jungen Leute oft über mehrere Jahre und nehmen auch Kontakt zu ihnen auf", berichtet Heising. Besonders vielversprechenden Talenten bieten sie auch schon mal ein Praktikum an oder geben ihnen den Rat, die Stenographie weiterzuentwickeln. Eine ganze Liste von potentiellen Bewerbern sorgt dafür, daß die Nachwuchsfrage nicht zum Problem wird.

Der Weltjugendmeister der Stenographie, Marco Hoffmann, kam auf diesem Weg in den Stenographischen Dienst des Bundestages. Er nimmt zur Zeit die Möglichkeit in Anspruch, die Ausbildung zum Parlamentsstenographen zu machen und gleichzeitig zu studieren. "Wer das schafft, ist später auch den Belastungen dieses Berufs gewachsen", ist Bärbel Heising überzeugt. Sie weiß, wovon sie spricht. Sie hat selbst drei junge Kollegen ausgebildet und ist inzwischen stellvertretende Leiterin des Arbeitsbereichs Ausbildung.

Nach dem Motto "Learning by doing" begleiten die angehenden Parlamentsstenographen ihre erfahrenen Kollegen im praktischen Teil der Ausbildung. Im theoretischen Teil werden sie sprachlich und redaktionell genauso ausgebildet wie rechtlich und volkswirtschaftlich. Belastbar müssen die Parlamentsstenographen unbedingt sein. An den Plenardonnerstagen müssen die Mitschriften um Mitternacht schließlich noch genauso zuverlässig sein wie morgens um neun. "Wir haben den Anspruch, gleichbleibend hohe Qualität zu liefern", so Heising.

Um diesem Anspruch an Perfektion gerecht zu werden, ist der Arbeitsablauf so sicher wie möglich angelegt. Die "Turnusstenographen", die für die eigentliche Mitschrift zuständig sind, werden nach fünf Minuten abgelöst. Die "Revisoren" überprüfen, ob den Turnusstenographen etwas entgangen oder ihnen ein Fehler unterlaufen ist. Sie verlassen das Plenum nach einer halben Stunde.

Weder für die einen noch für die anderen steht dann aber eine Pause an. Die Turnusstenographen arbeiten ihre Mitschriften aus und übergeben sie dem Revisor. Nach eineinviertel Stunden gehen sie zu ihrer nächsten Schicht ins Plenum. Die Revisoren überprüfen die Manuskripte, sorgen für einheitliche Schreibweisen, fetten prägnante Begriffe und klären eventuell offene Fragen. Anschließend haben die Redner zwei Stunden lang Gelegenheit, das Manuskript zu korrigieren. Inhaltliche Änderungen können die Redner und Rednerinnen allerdings nicht mehr vornehmen, nur noch stilistische. Auf Übereinstimmung mit der Geschäftsordnung und inhaltliche und sprachliche Schlüssigkeit überprüft der Revisor das Manuskript, bevor es in die Endredaktion geht. Nach dreieinhalb Stunden gehen die Revisoren zurück ins Plenum.

Das Protokoll geht über Nacht in die Druckerei. Am nächsten Morgen um neun Uhr bekommen die Fraktionsspitzen die erste, ungebundene Version. Die gebundene Version liegt ebenso wie das Internetangebot am nächsten Mittag vor - auch dann, wenn die Sitzung erst morgens um drei Uhr zu Ende war. Der Anspruch an die Qualität der Protokolle ist zwar sehr hoch, "aber man darf sich auch Fehler erlauben", sagt Heising im Hinblick auf die "Sicherheitsmaßnahmen", mit denen sich ein Augenblick der Unaufmerksamkeit ausgleichen läßt.

15 Turnusstenographen und sieben Revisoren arbeiten, so lange die Sitzung läuft. Mitschriften gibt es nicht nur von den Plenarsitzungen. Auch von den Untersuchungsausschüssen gibt es wörtliche Protokolle, ebenso werden die Expertenanhörungen der Ausschüsse und die der Enquetekommissionen protokolliert. Entsprechend den Funktionen können die Parlamentsstenographen auch aufsteigen. Dr. Bärbel Heising beispielsweise ist nach elf Jahren Arbeit als Turnusstenographin zur Revisorin aufgestiegen. Der Arbeitsbereichsleiter hat fast 40 Jahre Berufserfahrung im Deutschen Bundestag.

Ein wichtiger Teil der Arbeit der Parlamentsstenographen ist die Recherche. Genau dafür sei es wichtig, daß die Stenographen ein abgeschlossenes Studium mitbringen, erklärt Heising. Die Palette der Studienfächer ist in den vergangenen Jahren größer geworden. Juristen und Romanisten sind ebenso dabei wie Mathematiker und Theologen. Daß die Palette an Fachwissen so breit ist, erleichtert nach der Erfahrung von Bärbel Heising die Recherche.

Sie selbst findet ihre Arbeit als Parlamentsstenographin auch nach zwölf Jahren noch spannend. Ein Grund ist für sie, daß sich im Laufe der Zeit ihre Aufgaben geändert haben. Eines aber schätzt sie ganz besonders: "Das politische Umfeld macht die Arbeit immer wieder neu spannend."

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15 Turnusstenographen und sieben Revisoren arbeiten für den Deutschen Bundestag. Mitschriften gibt es nicht nur von den Plenarsitzungen, sondern auch von den Untersuchungsausschüssen sowie von den Expertenanhörungen der Ausschüsse und der Enquetekommissionen

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Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9902/9902076
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