Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 40 / 04.10.2005
Günter Pursch

Große Koalition hätte Mehrheit in der Länderkammer

Aktuelle Sitzverteilung im Bundesrat und Fraktionsstärken seit 1949 im Bundestag

Nach der vorzogenen Bundestagswahl, die sowohl den Sozialdemokraten als auch der Union mit ihren jeweils möglichen Koalitionspartnern von Grünen und FDP keine Mehrheit brachte, gab es allerlei Spekulationen, wer mit welcher Partei in eine Bundesregierung eintreten könnte. Nun allerdings ist in der föderal verfassten Bundesrepublik Deutschland für ein regierungsfähiges Bundeskabinett nicht nur die Mehrheit im Bundestag wichtig. Auch im Bundesrat muss für zustimmungspflichtige Gesetze eine entsprechende Mehrheit - 35 von 69 Stimmen - in der Länderkammer gefunden werden.

Eine Koalition unter Einschluss der Linkspartei.PDS mit dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine lehnten die Sozialdemokraten ebenso umgehend wie strikt ab. Die PDS hatte bereits im Wahlkampf ihre Ablehnung jeglicher Koalition formuliert.

Die FDP schloss wiederum vehement eine Partnerschaft mit der SPD aus, an der aufgrund der Mehrheitsverhältnisse auch die Grünen hätten beteiligt werden müssen - kurz Ampelkoalition genannt.

Bereits nach dem ersten Sondierungsgespräch zwischen CDU/CSU und Grünen - wegen der Farben schwarz, gelb und grün in der Landesflagge kurz Jamaika-Koalition oder auch Schwampel (Schwarze Ampel) genannt - scheiterte ein mögliches Regierungsbündnis, da die Grünen mit der Union zu wenig politische Gemeinsamkeiten sahen. Auch hier hätte die FDP als weiterer Partner eingeschlossen werden müssen.

Die CDU stellt in Hessen, Thüringen, Saarland und Hamburg, die CSU in Bayern jeweils die Alleinregierung. Diese unionsregierten Länder haben somit 21 Stimmen im Bundesrat.

Die SPD stellt in keinem Bundesland mehr die absolute Mehrheit. Große Koalitionen gibt es in Brandenburg und Bremen: Hier stellt jeweils die SPD den Regierungschef (im Bundesrat haben die beiden Länder zusammen acht Stimmen). In Sachsen und Schleswig-Holstein sind die Sozialdemokraten Juniorpartner der CDU; sie verfügen im Bundesrat ebenfalls über acht Stimmen. In Rheinland-Pfalz regiert ein SPD/FDP-Kabinett (vier Stimmen). Die PDS ist in den Kabinetten von Mecklenburg-Vorpommern und Berlin jeweils unter der Führung der SPD vertreten, beide Länder haben im Bundesrat zusammen sieben Stimmen.

Die FDP ist an den Landesregierungen mit der CDU in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt beteiligt, im Bundesrat haben diese Länder zusammen 22 Stimmen, zählt man Rheinland-Pfalz hinzu, in der eine SPD/FDP-Koalitionsregierung amtiert, sind es 26 Stimmen. Nach den Wahlniederlagen von Rot-Grün in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen sind die Grünen an keiner Landesregierung mehr beteiligt, spielen also im Bundesrat auch keine Rolle mehr.

Sollte es im Bund zu einer Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD kommen, so hätte diese durch die Länder Bayern, Hessen, Thüringen, Saarland Hamburg - jeweils Alleinregierung von CSU und CDU - sowie mit Brandenburg, Sachsen, Schleswig-Holstein und Bremen - den Ländern mit großen Koalitionen - 36 Stimmen im Bundesrat. Zurzeit haben die Länder mit CDU- beziehungsweise CSU-Alleinregierungen sowie mit der FDP als Koalitionspartner 43 Stimmen, der so genannte "Neutrale Block" - also die Landesregierungen, in denen die SPD einen Koalitionspartner hat - 26 Stimmen.

Seit der ersten Bundestagswahl 1949 stellte immer die stärkste Fraktion den Präsidenten. Anders sieht das bei den Wahlen zum Bundeskanzler aus. 1969, 1976 und 1980 war die SPD zweitstärkste Fraktion im Bundestag. Da der CDU/CSU jedoch ein Koalitionspartner fehlte - es waren jeweils damals vier Parteien mit drei Fraktionen im Hohen Haus vertreten -, wurden die SPD-Politiker Willy Brandt und Helmut Schmidt mit den Stimmen der SPD/FDP-Abgeordneten ins Kanzleramt gewählt.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.