Entwurf eines neuen Urhebervertragsrechts löst Kontroversen aus
Berlin: (hib/BOB) Auf Zustimmung von Vertretern der Urheber und Künstler, hingegen auf teilweise massive Kritik des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger, der Vertreter von ARD und ZDF sowie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und des Deutschen Musikverlegerverbandes ist am Montagnachmittag ein Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Reform des Urhebervertragsrechts ( 14/6433) gestoßen. Anlässlich einer öffentlichen Anhörung des federführenden Rechtsausschusses sowie des Ausschusses für Kultur und Medien erklärten die Verbandsvertreter von Verlags- und Anstaltsseite übereinstimmend, die Initiative der Koalition sei in ihrer derzeitigen Form abzulehnen.
Die Kritik konzentrierte sich dabei besonders auf die von Sozialdemokraten und Bündnisgrünen beabsichtigte Vorschrift, Urhebern und ausübenden Künstlern einen gesetzlichen Anspruch auf "angemessene Vergütung" einzuräumen. Ein solcher Anspruch greife in die Vertragsfreiheit ein und würde zudem den Verlagen ihre Kalkulationsgrundlage entziehen, so die Zeitungs- und Zeitschriftenverleger übereinstimmend. Zudem gebe es schwerwiegende Zweifel im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit dieser vorgesehenen Regelung sowie deren Übereinstimmung mit Vorschriften des Europarechts, so unter anderem Stephan Ory für den BDZV. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, den Christian Sprang vertrat, ergänzte in seiner Stellungnahme, da der Begriff "angemessene Vergütung" nicht definiert werde, könne künftig kein Verleger gewiss sein, ob ein Autor nicht eines Tages mit Nachforderungen auf ihn zukommen werde. Der Begriff des "pacta sunt servanda" werde insofern durchbrochen, so Professor Carl-Eugen Eberle, Justitiar des ZDF. Die vorgeschlagene gesetzliche Regelung lade zu Rechtsstreitigkeiten deshalb förmlich ein. Die Vertreter des Buchhandels geben in Übereinstimmung mit den Musikverlagen ferner zu bedenken, ihr Geschäft sei auf lange Zeiträume angelegt. Viele kulturell wertvolle Werke würden erst nach Jahrzehnten der Investition für den Verleger Früchte tragen. Ein Wegfall von Rechtssicherheit mache sich deshalb besonders drastisch bemerkbar. Zentrale Folge wäre der Rückgang verlegerischer Risikobereitschaft, der sich gerade für unbekannte, junge Autoren und Verfasser schwieriger Texte negativ auswirken würde. Die Verbandsvertreter kritisieren den Koalitionsentwurf zudem als geeignet, den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb zu gefährden, so unter anderem Professor Johannes Kreile für den Bundesverband Deutscher Fernsehproduzenten.
Zu einer völlig entgegengesetzten Auffassung kamen demgegenüber Vertreter der Urheber und Künstler. Der Buchautor Martin Walser erklärte im Namen des Verbandes deutscher Schriftsteller in der Gewerkschaft ver.di, das von Verbandsseite bestrittene Ungleichgewicht zwischen Verlagen und Künstlern sei sehr wohl vorhanden und verwies exemplarisch auf die berufliche Situation der Übersetzer. Das neue Gesetz könnte insofern hilfreich sein, so Walser. Eine "Schieflage" zwischen Erträgen des Verlages und der Vergütung für die Übersetzung belegten unübersehbar gesetzgeberischen Handlungsbedarf, so auch Thomas Brovot für den Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke. Er verwies zudem auf seiner Ansicht nach als "Diktat" gestaltete Geschäftsbeziehungen zwischen Verlagen und Autoren, die letzteren selten ein einträgliches Einkommen sicherten. Ebenfalls für die Koalitionsinitiative plädierten Stefan Meuschel als Vertreter der Verwertungsgesellschaften und Benno H. Pöppelmann vom Deutschen Journalistenverband. Rundfunkanstalten und -unternehmen sowie Tageszeitungs- und Zeitschriftenverlage hätten in der Vertragspraxis ein so starkes Übergewicht erlangt, dass sie Regelungen in Urheberrechtsverträgen einseitig und nach Belieben festlegen könnten, so Pöppelmann. Wenn Ory für den BDZV einem Anspruch auf "ordentliche" Vergütung für die Autoren das Wort rede, so müsse man dem entgegenhalten, dass manche Zeitungen nicht mehr als 50 Pfennig pro Zeile eines Artikels zahlten.