Jagoda: Bundesanstalt für Arbeit steckt in einer tiefen Krise
Berlin: (hib/RAB) Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, sieht seine Behörde in einer "tiefen Krise". Dies wurde in der Sitzung des Arbeits- und Sozialausschusses am Mittwochvormittag deutlich. Jagoda nahm Stellung zu einem Bericht des Bundesrechnungshofes (BRH), wonach 70 Prozent der Arbeitsvermittlungen falsch ausgewiesen seien. Gleichzeitig lehnte der Präsident einen eigenen Rücktritt ab. Er habe seine Pflicht erfüllt und sich keine Versäumnisse vorzuwerfen. Die vom BRH untersuchten Arbeitsämter hätten die Vermittlungsergebnisse offensichtlich nicht den Tatsachen entsprechend dokumentiert, hieß es weiter. Jagoda erklärte, nicht 70 Prozent der angegebenen Arbeitsvermittlungen seien falsch gewesen. Die Hälfte der vom BRH beanstandeten Vermittlungen sei durch das Sozialgesetzbuch gedeckt, wenn sie auch nicht den Weisungen entsprechend abgelaufen seien. Es gebe in der Bundesanstalt für Arbeit keinen Bereich, der nicht in den letzten Jahren überprüft worden sei. Seit 1998 habe der BRH insgesamt 150 Untersuchungen vorgenommen. Es sei offensichtlich ein Fehler gewesen, nicht auf Distanz zum herkömmlichen Begriff der Arbeitsvermittlung zu gehen. Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) sah keinen Grund, die Arbeit Jagodas zu bemängeln. Obwohl der Umfang der erfolgreichen Vermittlungen zwischen dem Rechnungshof und der Bundesanstalt für Arbeit strittig sei, sei das Ergebnis einer Innenrevision der Behörde "in der Tendenz" deckungsgleich mit dem Bericht des Rechnungshofes. Daher sei es nicht ausreichend, die Arbeit der Behörde aus der Selbstverwaltung heraus kritisch zu überprüfen.
Der Vizepräsident des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels, verwies auf eine weitergehende BRH-Untersuchung von 20 weiteren Arbeitsämtern, um das Resultat der bisherigen Überprüfung von fünf Arbeitsämtern auf eine breite Grundlage zu stellen. Mit Ergebnissen sei in etwa sechs Wochen zu rechnen. Engels bescheinigte sowohl Riester als auch Jagoda, schnell auf seinen Bericht reagiert zu haben. Kontrovers beantwortet wurde die Frage, ob die betroffenen Arbeitsämter Gelegenheit gehabt hatten, zu dem BRH-Bericht Stellung zu nehmen. Während Jagoda diese Frage verneinte, erklärte Engels, die betroffenen Führungskräfte hätten diese Möglichkeit gehabt.
Die SPD erkundigte sich, ob tatsächlich nur zehn Prozent des Personals der Bundesanstalt für Arbeit an der direkten Arbeitsvermittlung beteiligt sind. Die Vermittlung sei die Hauptaufgabe der Nürnberger Bundesbehörde. Um so enttäuschender seien die nun ans Licht gekommenen Resultate. Die CDU geht davon aus, dass nur jede zehnte Stelle, die in der Bundesrepublik neu besetzt wird, über die Arbeitsvermittlung läuft. Dies sei eine Katastrophe. Die Parlamentarier erkundigten sich, warum der BRH-Bericht nicht dem Parlament zugänglich gemacht wurde. Die Bündnisgrünen konstatierten einen großen Reformbedarf bei der Bundesanstalt für Arbeit. Im Vermittlungsbereich seien unzureichende Konsequenzen aus einem kritischen TV-Bericht aus dem Jahre 1998 gezogen worden. Die Abgeordneten regten an, externe Gutachter für die Arbeit der Bundesanstalt zuzulassen. Die FDP bemängelte, dass sich seit 1998 nichts an der internen Statistikführung der Arbeitsvermittlung geändert habe. Auch hätten die Methoden längst reformiert werden müssen. Die PDS wollte in Erfahrung bringen, welche Auswirkungen die statistischen Probleme auf die praktische Arbeit der Bundesanstalt gehabt hatten. Konkret ging es darum, wie viele Arbeitslose unter diesen Defiziten gelitten haben.