Lissabon-Vertrag, Regierungserklärung, Steuerhinterziehung
In der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause entscheidet der Bundestag über eine Reihe von Gesetzesvorhaben. So stimmen die Abgeordneten unter anderem über das zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2009, die Entsendung von AWACS-Aufklärungsflugzeugen der NATO nach Afghanistan sowie mehrere Gesetzentwürfe zur Finanzmarktstabilisierung ab. Außerdem stehen eine Vereinbarte Debatte über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Vertrag von Lissabon und eine Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) zum anstehenden G8-Weltwirtschaftsgipfel im italienischen L’Aquila auf der Agenda.
Lissabon-Vertrag: Nach der Befragung der Bundesregierung
am Mittwoch, 1. Juli 2009, ab 13 Uhr und der anschließenden
Fragestunde debattiert der Bundestag ab etwa 15.05 Uhr über
die Vereinbarkeit des Vertrages von Lissabon mit dem Grundgesetz.
Der EU-Reformvertrag soll die gescheiterte EU-Verfassung ersetzen
und im Herbst in allen EU-Mitgliedstaaten in Kraft treten. Dagegen
haben unter anderem der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler und die
Bundestagsfraktion Die Linke in Karlsruhe geklagt, weil sie den
Fortbestand der Souveränität Deutschlands durch den
Vertrag gefährdet sehen. Das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts wird am 30. Juni 2009 verkündet.
Donnerstag, 2. Juli 2009
G8-Weltwirtschaftsgipfel: Vom 8. bis 10. Juli 2009 findet unter italienischem Vorsitz der Weltwirtschaftsgipfel der sieben führenden Industrienationen und Russlands ("G8-Staaten") in L'Aquila in den Abruzzen statt. Schwerpunkte des Treffens der teilnehmenden Staats- und Regierungschefs sind die Entwicklung der Weltwirtschaft, der Klimawandel und die Entwicklungszusammenarbeit. Zu den deutschen Positionen bei dem Gipfel gibt Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) ab 9 Uhr eine Regierungserklärung ab.
Sportförderung: Ab 11 Uhr stehen sportpolitische
Anträge und Initiativen zur Abstimmung. Für die
Aussprache sind 75 Minuten vorgesehen. Auf die stärkere
Förderung des Breiten- wie des Leistungssports zielen
Anträge der Koalitions- und der Oppositionsfraktionen. Um die
sozialen und kulturellen Hürden für das Engagement in
Sportvereinen zu senken, soll die Bundesregierung gemeinsam mit
Ländern, Kommunen und gesellschaftlichen Gruppen einen
Aktionsplan "Sport für alle" ins Leben rufen, fordern Union
und SPD (
16/13177). Vor allem sei darauf zu achten, dass
kostengünstige und kostenlose Sportangebote für Menschen
mit geringem Einkommen bereitgestellt werden. Die Bundesregierung
soll nach dem Willen von CDU/CSU, SPD und FDP (
16/13481) weiterhin die Olympiabewerbung
Münchens für die Winterspiele 2018 unterstützen. Die
Fraktionen verweisen darauf, dass von Olympischen und
Paralympischen Spielen "vielfältige positive
gesamtgesellschaftliche Impulse ausgehen".Die Regierung soll sich
außerdem nach dem Willen der Koalitionsfraktionen für
eine bessere Vereinbarkeit von Ausbildung und Spitzensport
einsetzen (
16/10882,
16/13057) und die Sportförderung ausbauen
(16/11217,
16/13058). Ein ähnliches Ziel verfolgt ein
Antrag der FDP, in dem die Regierung aufgefordert wird, die
staatliche Sportförderung kontinuierlich zu sichern und
weiterzuentwickeln sowie bundesweit gültige Mindeststandards
für den Schulsport zu entwickeln (
16/11174,
16/13058). Bündnis 90/Die Grünen
fordern die Einrichtung eines "Wissenschaftlichen Beirats Sport" (
16/11199,
16/13058), der den Bundestag jährlich
über Entwicklungen im Sport informiert. Außerdem
müssten die Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches
Engagement im Sport verbessert und alle Spitzensportler weiterhin
gefördert werden.
Kampf gegen Gendoping: Ebenfalls zur Abstimmung steht eine
Beschlussempfehlung des Sportausschusses, in dem die
Bundesregierung zu verschiedenen Maßnahmen zur
Weiterentwicklung und Umsetzung von Initiativen im Kampf gegen
Gendoping aufgefordert wird. Hintergrund der Entschließung
ist ein Bericht über Gendoping, den das Büro für
Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) im
Auftrag des Ausschusses für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung erarbeitet hat (
16/9552,
16/13059). Laut Bericht wird Gendoping, also
die "nichttherapeutische Anwendung von Zellen, Genen, Genelementen
oder der Regulierung der Genexpression, welche die sportliche
Leistungsfähigkeit erhöhen kann", in den kommenden Jahren
eine neue Qualität von Doping zur Folge haben. Zur
Prävention von Gendoping seien die Beobachtung
wissenschaftlicher Neuentwicklungen, die Entwicklung von
Nachweis-Tests, gezielte Informationskampagnen und die
Konkretisierung von Gendoping als Verbotstatbestand notwendig.
Gegen Diskriminierung im Fußball: Danach entscheiden
die Abgeordneten über einen Antrag der Grünen-Fraktion,
in dem verstärkte Anstrengungen im Interesse eines friedlichen
und integrativen Fußballsports gefordert werden (
16/12115). Fußball sei in Deutschland die
beliebteste Sportart, so die Fraktion. Durch "diskriminierende
Äußerungen und gewalttätige Auseinandersetzungen"
rücke jedoch die integrative Wirkung des Fußballs in den
Hintergrund.
Aufarbeitung der Dopingvergangenheit: Ebenfalls zur
Abstimmung steht ein Antrag der Grünen-Fraktion, in dem als
zentraler Bestandteil der Dopingbekämpfung eine umfassende
Aufarbeitung der Dopingvergangenheit im Sport gefordert wird (
16/13175).Dazu müssten die in der
Vergangenheit gezahlten öffentlichen Mittel für
dopinggeständige sowie dopingbelastete Trainer und weitere
belastete Funktionsträger im deutschen Sport
zurückgefordert und statt dessen der Dopingbekämpfung und
-prävention einschließlich einer langfristigen
Unterstützung von Dopingopfern zur Verfügung gestellt
werden, so die Fraktion.
Große Anfrage zur Energieaußenpolitik: Im
Anschluss debattieren die Abgeordneten über eine Große
Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (
16/10386) zur Energieaußenpolitik der
Bundesregierung und die Antwort der Bundesregierung (
16/13276). Die Bundesregierung soll nach dem
Willen der Fraktion darlegen, welches ihrer Ansicht nach die
zentralen energiepolitischen Abhängigkeiten und
Herausforderungen sind, denen sich Deutschland in der Zukunft
stellen muss. Gefragt wird nach einem übergreifenden
Regierungskonzept der Energieaußenpolitik. In ihrer Antwort
macht die Regierung deutlich, dass sie der Abhängigkeit von
Energieimporten entgegenwirken will und daher einen "breiten
Energiemix" anstrebt. Die jeweiligen Vorteile der einzelnen
Energieträger sollten kombiniert, erneuerbare Energien,
Energieeffizienz und Energiesparen ausgebaut werden (
16/13276). Eine langfristige und
verlässliche Energiepolitik müsse die Endlichkeit
fossiler Energieträger, die wachsende Nachfrage nach Energie
durch aufstrebende Schwellen- und Entwicklungsländer und den
Klimaschutz einbeziehen.
Oppositionsanträge zur Energieaußenpolitik: Im
Anschluss stimmen die Abgeordneten über mehrere
Oppositionsanträge zur Energieaußenpolitik ab. Eine
Reduzierung der Abhängigkeit vom Import energetischer
Rohstoffe fordert die FDP-Fraktion (
16/6796,
16/9826). Zudem solle die Bundesregierung
sicherstellen, dass Deutschland auch in Zukunft durch "einen
breiten Energiemix ohne Diskriminierung bestimmter Technologien"
versorgt werde. Daher sei der Beschluss zum Ausstieg aus der
Kernenergie zu revidieren. Gegen eine "Militarisierung der
Energieaußenpolitik" spricht sich die Linksfraktion aus und
verlangt eine "konsequente Energiewende" (
16/8881,
16/9826). Im Einzelnen wird die Regierung
aufgefordert, den Einsatz von Militär zur Sicherung der
Energieversorgung auszuschließen. Vielmehr solle sich die
Regierung international für eine solidarische Lösung der
Verteilungsproblematik in Energiefragen einsetzen. Bündnis
90/Die Grünen fordern die Regierung auf, ein modernes Konzept
einer nachhaltigen Energieaußenpolitik mit dem Titel
"Energie, Sicherheit, Gerechtigkeit" vorzulegen. Damit solle
Energie in alle Bereiche der Außen- und Sicherheitspolitik,
Außenwirtschaftspolitik, Entwicklungszusammenarbeit sowie der
internationalen Klima- und Umweltpolitik integriert werden (
16/8181,
16/9826). Eine solche Energieaußenpolitik
müsse zu einer globalen Energiewende hin zu einer
kohlendioxidneutralen Wirtschaft beitragen.
Bericht des BND-Untersuchungsausschusses: Ab 14 Uhr stehen
Debatte und Abstimmung über den Bericht des 1.
Untersuchungsausschusses, in der Öffentlichkeit als
BND-Untersuchungsausschuss bekannt, auf der Agenda (
16/13400). Er wurde am 7. April 2006 eingesetzt
und hatte die Aufgabe, die Rolle der deutschen Geheimdienste im
Anti-Terror-Kampf zu klären. So hatte das Gremium versucht
herauszufinden, ob deutsche Stellen an der Verschleppung
Terrorverdächtiger beteiligt waren und warum während des
Irak-Krieges Agenten des Bundesnachrichtendienstes in Bagdad
stationiert waren.
Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2009: Ab etwa 15.25 Uhr
geht es um Aussprache und Abstimmung über den von der
Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf über die
Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan 2009 (
16/13000). Danach soll die Nettokreditaufnahme
von fast 36,88 auf mehr als 47,59 Milliarden Euro steigen. Die
Gesamtausgaben des Bundes werden sich von fast 297,62 auf fast
303,22 Milliarden Euro erhöhen. In ihrer Begründung weist
die Bundesregierung darauf hin, dass die beschlossenen
Maßnahmen zur Bekämpfung der aktuellen Wirtschafts- und
Finanzkrise eine "vorübergehende und deutliche Erhöhung
der Staatsverschuldung" nötig machen. Dies bedeute keine
Abkehr vom Kurs einer langfristig soliden Finanzpolitik.
Bessere Alterssicherung für Selbstständige:
Gegen 16.30 Uhr beginnt die Debatte um eine bessere Alterssicherung
für Selbstständige. Die FDP-Fraktion hat dazu einen
Antrag vorgelegt (
16/11672). Er sieht unter anderem vor, die
Pflichtversicherung der selbstständigen Handwerker und der
Hebammen und Entbindungspfleger in der gesetzlichen
Rentenversicherung aufzuheben. Ferner fordern die Liberalen einen
Zugang zur Riesterförderung auch für
Selbstständige.
NATO-AWACS nach Afghanistan: Nach dem Willen der
Bundesregierung soll sich Deutschland am Einsatz von
Nato-Aufklärungsflugzeugen vom Typ AWACS in Afghanistan
beteiligen. In namentlicher Abstimmung wird das Parlament nach
einstündiger Debatte voraussichtlich gegen 18 Uhr über
einen entsprechenden Regierungsantrag entscheiden (
16/13377). Die vier AWACS-Maschinen sollen
Luftoperationen der Internationalen Schutztruppe in Afghanistan
(ISAF) unterstützen und den militärischen und zivilen
Luftverkehr koordinieren.
Erhöhung des Schonvermögens bei
Arbeitslosengeld-II-Bezug: Anschließend stimmt das
Parlament über einen Antrag der Fraktion Die Linke ab, die so
genannten Schonvermögen zur Altersvorsorge bei
Arbeitslosengeld-II-Empfängern zu erhöhen (
16/5457). Darin fordert die Fraktion, die
Freibeträge bis zu einem Betrag von 700 Euro je Lebensjahr,
höchstens bis 45.000 Euro, zu erhöhen. Dies würde
eine Anhebung je vollendetem Lebensjahr um bis zu 450 Euro und des
maximal anrechungsfreien Freibetrags für die Altersvorsorge um
bis zu 29.250 Euro bedeuten.
Verlängerung des Bundeswehreinsatzes im Sudan: Die
Bundeswehr soll sich weiterhin an der Friedensmission der Vereinten
Nationen im Sudan (UNMIS) und der Operation in Darfur (UNAMID)
beteiligen. Die Regierung hat dazu zwei Anträge (
16/13395,
16/13396) vorgelegt, über die der
Bundestag nach halbstündiger Debatte gegen 19.30 Uhr in
jeweils namentlicher Abstimmung entscheidet. Die deutschen
Streitkräfte sollen an beiden Missionen längstens bis zum
15. August 2010 teilnehmen.
Einführung einer Finanzumsatzsteuer auf EU-Ebene: Die
Bundesregierung soll sich für die Einführung einer
Finanzumsatzsteuer einsetzen. Dies verlangen Bündnis 90/Die
Grünen in einem Antrag (
16/12303,
16/13281), über den die Abgeordneten nach
halbstündiger Debatte gegen 20.10 Uhr abstimmen. Darin
heißt es, die Umsätze mit Aktien und Derivaten seien in
der Europäischen Union weitgehend frei von einer Besteuerung.
Diese Ausnahme sei ungerecht. Wie andere Produkte müssten
daher auch Finanztransaktionen mit einer Umsatzsteuer belegt
werden, die an die EU gehen solle.
Hightech-Strategie der
Bundesregierung: Im Anschluss befasst sich der Bundestag
mit dem Gutachten der Expertenkommission "Forschung und Innovation
2009" und der Stellungnahme der Bundesregierung dazu (
16/12900). Die Kommission zieht insgesamt eine
positive Bilanz der Hightech-Strategie der Bundesregierung aus dem
Jahr 2006. Sie sei der richtige konzeptionelle Ansatz. Forschungs-
und Innovationsaktivitäten würden über alle Ressorts
hinweg gebündelt. Zudem finde das Konzept "breite
Unterstützung in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik".
Förderung der Nanotechnologie: Anschließend
stehen mehrere Anträge zur Förderung der Nanotechnologie
zur Abstimmung. Die Bundesregierung solle darauf hinwirken, dass
Start-up-Unternehmen genügend Risikokapital erhielten, so die
Koalitionsfraktionen (
16/12695). Chancen und Risiken der
Nanotechnologie müssten stärker kommuniziert werden. Auf
diese Weise sollten etwa Investoren ein klareres Bild ihrer
Möglichkeiten erhalten. Mehr Risikoschutz und öffentliche
Forschungsförderung ausschließlich für zivile
Zwecke im Bereich der Nanotechnologie fordert Die Linke (
16/7276). Der Bereich berge große Chancen
für neue Lösungen gesellschaftlicher Probleme, etwa durch
Anwendungen im Bereich der Medizin- und Umwelttechnik. Dafür
müssten allerdings die Risiken besser erforscht werden. Die
Grünen mahnen mahnt den bereits für September 2005
angeforderten Bericht der Bundesregierung über Chancen und
Risiken der Nanotechnologie an (
16/4757). Er solle zeigen, welche
Gesetzesänderungen notwendig sind, um Mensch und Umwelt vor
Schäden durch nanotechnologische Produkte oder Anwendungen zu
schützen (
16/7115). Die Fraktion will zudem erreichen,
dass kleinere und mittlere Unternehmen stärker in Forschung
und Entwicklung investieren. Dazu schlägt sie in einem Antrag
die Einführung von Steuergutschriften für Unternehmen
vor, die nicht von Großunternehmen beherrscht werden und
höchstens 250 Mitarbeiter beschäftigen (
16/12894). Die Gutschrift soll 15 Prozent der
nachgewiesenen Forschungs- und Entwicklungsausgaben betragen. Die
FDP sieht in den Nanotechnologien den Schlüssel zur
Stärkung der technologischen Leistungskraft Deutschlands.
Daher fordert sie die Bundesregierung auf, eine über alle
heutigen Programme hinausgehende Nanotechnologie-Strategie mit
konkreten Förderschwerpunkten vorzulegen (
16/13450).
Datenschutz bei der elektronischen Gesundheitskarte: Gegen
20:45 Uhr geht es um die Abstimmung über zwei
Oppositionsanträge zur elektronischen Gesundheitskarte. Die
FDP-Fraktion lehnt das bisherige Konzept dieser Karte als
"unzureichend" ab und fordert ein Moratorium. Es müsse
sichergestellt sein, dass die Voraussetzungen der Datensicherheit
erfüllt sind, schreiben die Liberalen (
16/11245). Dies müsse durch
unabhängige Sicherheitsexperten überprüft werden.
Auch Bündnis 90/Die Grünen dringen bei der
Einführung der elektronischen Gesundheitskarte auf eine
strikte Einhaltung von Datenschutz-Grundsätzen. So müsse
die kommerzielle Verwertung aller gespeicherten Patientendaten auch
künftig "wirksam ausgeschlossen sein", fordert die Fraktion (
16/12289).
Änderungen im Vereinsrecht: Im Anschluss stimmen die
Abgeordneten über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung ab,
mit dem unter anderem elektronische Anmeldungen zum Vereinsregister
erleichtert werden sollen (
16/12813). Vor allem wenn Vereine Notare mit
der Anmeldung in das Register beauftragten, werde die elektronische
Anmeldung "einfacher, schneller und effizienter" sein als die
Anmeldung in Papierform, heißt es in der Begründung der
Regierung. Dies gelte vor allem für die Registergerichte, die
das Vereinsregister und die dazu notwendigen Informationen in
elektronischer Form führen. Zudem entscheidet das Parlament
über einen vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf, mit dem
die Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen
begrenzt werden soll (
16/10120). Die Länderkammer sieht die
bisher geltenden "erheblichen Haftungsrisiken", die mit der
Übernahme einer solchen Leitungsfunktion verbunden sind, als
Hemmschuh für eine Stärkung des bürgerschaftlichen
Engagements. Die Bundesregierung hingegen betont in ihrer
Stellungnahme, dass besondere zivilrechtliche Haftungsbegrenzungen
für Vereinsvorstände Vereine und deren Mitglieder
erheblich belasten würden und deshalb nicht im Sinne einer
Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements seien.
Oppositionsanträge zur Gesundheitsförderung und
Prävention: Es folgt eine halbstündige Debatte
zur Gesundheitsförderung und Prävention, an deren Ende
die Abstimmung über drei Anträge der Opposition steht.
Die Grünen-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, ein
Präventionsgesetz auf den Weg zu bringen und die
Primärprävention umfassend zu stärken (
16/7284,
16/13071). Nach dem Willen der Fraktion soll
ein Entscheidungsgremium auf Bundesebene errichtet werden, das
nationale Präventionsziele und entsprechende Strategien
entwickelt sowie Präventionsschwerpunkte setzt. In eine
ähnliche Richtung zielt ein Antrag der Linksfraktion Die
Linke, in dem diese die Bundesregierung auffordert,
"schnellstmöglich" einen Gesetzentwurf zur
Gesundheitsförderung und Prävention vorzulegen (
16/7471,
16/13071). Ein Präventionsgesetz sei
"längst überfällig", so die Abgeordneten. Sie
fordern, eine Koordinierungs- und Entscheidungsstelle auf
Bundesebene zu schaffen, die organisatorisch an die Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung angebunden wird und
über eigene finanzielle Mittel im Rahmen eines Fonds
verfügt. Aus Sicht der FDP ist die Prävention als aktive
Gesundheitsvorsorge primär eine individuelle Herausforderung (
16/8751,
16/13071). Es sei aber eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Bedeutung der Prävention
und Gesundheitsförderung zur Vermeidung, Heilung und Linderung
bei vielen Erkrankungen zu verdeutlichen. Die Finanzierung
dürfe deshalb nicht allein auf die Kranken- oder
Sozialversicherung zentriert werden.
Stärkung der Finanzmarkt- und Versicherungsaufsicht:
Die Aufsicht über Finanzinstitute und Versicherungen soll
erheblich ausgeweitet werden. Auch die "Durchschlagskraft" der
Aufsicht müsse verbessert werden, heißt es in einem von
der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Stärkung der
Finanzmarkt- und der Versicherungsaufsicht (
16/12783), der nach halbstündiger Debatte
gegen 23:00 Uhr zur Abstimmung steht. So soll die Bundesanstalt
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unter anderem das Recht
erhalten, Finanzinstituten höhere Eigenmittel vorzuschreiben
sowie Entnahmen und die Ausschüttung von Gewinnen zu
verbieten. Der Bundesrat zweifelt an der Notwendigkeit des
Gesetzentwurfs, wie aus seiner Stellungnahme hervorgeht (
16/13113).
KfW unter staatliche Bankenaufsicht: Ebenfalls
abgestimmt wird über einen Gesetzentwurf der FDP, mit dem
kreditwirtschaftliche Gesetzeslücken geschlossen werden sollen
(
16/12884). So soll die staatliche
KfW-Bankengruppe der Bankenaufsicht unterstellt werden. Die
Liberalen begründen ihre Forderung damit, dass die KfW mit
einer systemrelevanten Bilanzsumme von nahezu 400 Milliarden Euro
zu den führenden Finanzinstituten der Bundesrepublik
gehöre. Die Beaufsichtigung durch das Bundesministerium der
Finanzen habe sich als ungeeignet erwiesen, so die Fraktion.
Senkung des Wahlalters: Bei Bundestags- und Europawahlen
sollen nach dem Willen von Bündnis 90/Die Grünen ab 2010
auch Jugendliche ab 16 Jahren ihre Stimme abgeben können. Die
Fraktion hat dazu Gesetzentwürfe zur Änderung des
Grundgesetzes (
16/12344,
16/13247) sowie zur Änderung des Bundes-
und des Europawahlgesetzes (
16/12345,
16/13247) vorgelegt. Der Bundestag entscheidet
über deren Annahme nach halbstündiger Debatte.
Erb- und Verjährungsrecht: Pflegeleistungen sollen in
Zukunft beim Erbrecht besser als bisher berücksichtigt werden.
Dies sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor (
16/8954), über den die Abgeordneten nach
halbstündiger Debatte entscheiden. Danach soll in Zukunft
jeder gesetzliche Erbe einen Ausgleich für Pflegeleistungen
erhalten, und zwar unabhängig davon, ob er für
Pflegeleistungen auf ein eigenes berufliches Einkommen verzichtet
hat.
Stand des Bürokratieabbaus: Zur Debatte stehen
Beschlussempfehlung und Bericht des Wirtschaftsausschusses zum
Jahresbericht 2008 des Nationalen Normenkontrollrats
"Bürokratieabbau – Jetzt Entscheidungen treffen" (
16/10039) und zum Bericht der Bundesregierung
2008 zum Stand des Bürokratieabbaus (
16/11486) zur Debatte und Abstimmung (
16/13146). In der Beschlussempfehlung
heißt es, mit dem Programm "Bürokratieabbau und bessere
Rechtsetzung" habe die Bundesregierung die bürokratischen
Hemmnisse aus Informationspflichten der Wirtschaft deutlich
reduzieren können. Sie wird unter anderem aufgefordert, dies
aktiv fortzusetzen.
Freitag, 3. Juli 2009
Bekämpfung der Steuerhinterziehung: Ab 9 Uhr kommen die Abgeordneten zusammen, um über einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung zu beraten. Er sieht unter anderem stärkere Mitwirkungspflichten von Steuerpflichtigen vor, die in anderen Staaten oder Gebieten Geschäfte machen, wenn diese die Standards der OECD über den Informationsaustausch in Steuersachen nicht einhalten. Der Gesetzentwurf ist wortgleich mit einer Gesetzesinitiative der Bundesregierung ( 16/13106).
Achtung der Grundrechte: Im Anschluss befasst sich das
Parlament mit einer Großen Anfrage der FDP-Fraktion zum Thema
"Achtung der Grundrechte" (
16/7271) und der Antwort der Bundesregierung
auf diese Anfrage (
16/10469). Die Liberalen wollen unter anderem
wissen, ob die aktuelle Gefahrenbewertung der Bundesregierung
Auswirkungen auf ihr Grundrechtsverständnis hat und welche
Grundrechte durch welche Ereignisse und Entwicklungen der letzten
Jahre besonders bedroht sind. In ihrer Antwort schreibt die
Regierung, dass die neue Qualität der Bedrohung durch den
internationalen Terrorismus der vergangenen Jahre ein
verstärktes Sicherheitsbedürfnis geweckt habe. Die
Bürger erwarteten zu Recht, dass der Staat Maßnahmen
ergreife, um Gefahren frühzeitig zu erkennen und
Anschläge zu verhindern. Die Bundesregierung sei sich ihrer
Verantwortung bewusst, die Balance zwischen innerer Sicherheit und
Freiheit zu wahren, wenn sie gesetzgeberische Maßnahmen zur
Reaktion auf diese neue Gefahrenlage vorschlage. Planungen der
Regierung zur Änderung der Grundrechte bestünden
nicht.
Finanzmarktstabilisierung: Ab etwa 11.50 Uhr stehen
mehrere Gesetzentwürfe zur Finanzmarktstabilisierung zur
Abstimmung. Der von den Koalitionsfraktionen eingebrachte
Gesetzentwurf sieht vor, die deutschen Kreditinstitute zu entlasten
und die Liquiditätsversorgung der deutschen Wirtschaft zu
verbessern (
16/13156). Danach sollen die Bilanzen von
Finanzholding-Gesellschaften oder Kreditinstituten kurzfristig
bereinigt werden können, indem sie strukturierte Wertpapiere
mit einem Abschlag vom Buchwert an Zweckgesellschaften (Bad Banks)
übertragen. Die Bundesregierung hat einen wortgleichen
Gesetzentwurf vorgelegt (
16/13297). Die FDP fordert in einem
Gesetzentwurf (
16/12996), das Bundeskartellamt aktiv in die
Arbeit des Lenkungsausschusses des vom Finanzministerium
geführten Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin)
einzubinden. Das Bundeskartellamt solle beratend im
Lenkungsausschuss vertreten sein und damit der Deutschen Bundesbank
gleichgestellt werden. Dadurch werde sichergestellt, dass schon bei
der Gewährung von Stabilisierungsmaßnahmen auf
Wettbewerbsverzerrungen geachtet werde. In einem zweiten
Gesetzentwurf (
16/12885) verlangt die FDP eine Stärkung
der Kontroll- und Aufsichtsrechte des Bundestages gegenüber
dem Finanzmarktstabilisierungsfonds. So soll der
SoFFin-Lenkungsausschuss seine Entscheidungen in einer
nachvollziehbaren Dokumentation festhalten. Die dem
Finanzmarktgremium des Bundestages angehörenden Abgeordneten
sollen ein Akteneinsichtsrecht erhalten, um sich ein Bild über
beantragte und gewährte Stabilisierungsmaßnahmen machen
zu können.
Bericht des Petitionsausschusses: Im Anschluss befasst
sich der Bundestag mit dem Tätigkeitsbericht des
Petitionsausschusses im Jahr 2008, in dem sich dieser mit den
Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag auseinandersetzt.
Für die Vorstellung des Berichts und die anschließende
Aussprache ist eine Stunde vorgesehen.
Rentenpolitik: Ab etwa 14.10 Uhr entscheiden die
Abgeordneten über drei Anträge der Linksfraktion zur
Rentenpolitik. Die Fraktion fordert unter anderem, die Anhebung des
gesetzlichen Rentenalters auf 67 Jahre umgehend zurückzunehmen
(
16/12295,
16/12737), die gesetzliche Rentenversicherung
von einer Arbeitnehmer- zu einer Erwerbstätigenversicherung
umzuwandeln (
16/6440,
16/11445), zur Stärkung des
Solidargedankens in der gesetzlichen Krankenversicherung die
Beitragsbemessungsgrenze abzuschaffen und zur Schließung von
Lücken in den Erwerbsbiografien drei Jahre
Kindererziehungszeit auch für vor 1992 geborene Kinder bei der
Rentenberechnung anzuerkennen (
16/7038,
16/10335).
Datenschutz: Ab etwa 15 Uhr stehen ein Gesetzentwurf der
Bundesregierung und vier Oppositionsanträge zum Thema
Datenschutz zur Abstimmung. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung
sieht die Einführung eines Datenschutzsiegels vor: Unternehmen
sollen sich freiwillig einem "unbürokratischen
Datenschutzaudit" unterziehen und Datenschutzkonzepte sowie
technische Einrichtungen mit dem Siegel kennzeichnen können.
Dabei soll regelmäßig kontrolliert werden, ob
Richtlinien zur Verbesserung des Datenschutzes und der
Datensicherheit erfüllt werden (
16/12011). Die Verbesserung des Datenschutzes
im nicht-öffentlichen Bereich fordert die FDP (
16/9452). Dazu soll unter anderem die Stellung
des betrieblichen Datenschutzbeauftragten verbessert werden, indem
ihm eine von der Geschäftsleitung unabhängige
Prüfungskompetenz eingeräumt werden soll (
16/9452). Außerdem verlangen die
Liberalen eine einheitliche Gesetzgebung zum
Datenschutzaudit-Verfahren (
16/1169). Sie fordern, nach dem
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) die Anforderungen an die
Prüfung und Bewertung des Verfahrens sowie die Auswahl und
Zulassung von Gutachtern durch ein Ausführungsgesetz zu
regeln. Der Entwurf zur Ausführung und Umsetzung des BDSG sei
aber auch nach über fünf Jahren noch nicht in den
Bundestag eingebracht worden. Auch Bündnis 90/Die Grünen
mahnen einen Gesetzentwurf der Regierung zum Datenschutzaudit an (
16/1499). In diesem Gesetz sollten die
Prüfung, die Bewertungskriterien, das Verfahren sowie die
Bestellung der Gutachter festgelegt sein. Außerdem soll nach
dem Willen der Fraktion das Bundesdatenschutzgesetz zu einem
allgemeinen Datenschutzgesetzbuch weiterentwickelt werden (
16/10216).
Bundeswahlgesetz: Danach beginnt die Aussprache mit
anschließender Abstimmung über einen Gesetzentwurf von
Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des
Bundeswahlgesetzes (
16/11885). Das Bundesverfassungsgericht hatte
in einem Urteil vom Juli 2008 festgestellt, dass das
Bundeswahlgesetz punktuell gegen die Verfassung
verstößt, weil ein Zuwachs an Zweitstimmen zu einem
Verlust an Sitzen der Landeslisten oder ein Verlust an Zweitstimmen
zu einem Zuwachs an Sitzen der Landeslisten führen kann. Der
Gesetzentwurf will die Verfassungswidrigkeit dadurch beseitigen,
dass die Direktmandate bereits auf Bundesebene auf das
Zweitstimmenergebnis angerechnet werden und nicht wie bislang auf
Länderebene. Überhangmandate entstünden dann "in der
Regel nicht mehr", heißt es in der Vorlage.
Überhangmandate erhalten Parteien, wenn sie in einem
Bundesland mehr Direktmandate erringen, als ihnen nach dem
Zweitstimmenergebnis zusteht.
Ansprüche von Anlegern aus Falschberatung: Die
Bundesregierung will die Rechte der Besitzer von
Schuldverschreibungen stärken. Dazu soll das entsprechende
Gesetz, das noch aus dem Jahr 1899 stammt, geändert werden,
heißt es in einem Gesetzentwurf (
16/12814), der nach 45-minütiger Debatte
zur Abstimmung steht. Er sieht unter anderem vor, die Befugnisse
von Gläubigern, mit Mehrheit über die Anleihebedingungen
zu entscheiden, inhaltlich zu erweitern.
Staatsangehörigkeitsrecht: Die Fraktion Bündnis
90/Die Grünen dringt in einem Gesetzentwurf, der nach
halbstündiger Beratung zur Abstimmung steht, auf eine
Streichung des so genannten Optionszwangs im
Staatsangehörigkeitsrecht (
16/12849). Dieser verlangt von betroffenen
jungen Menschen, sich mit Erreichen der Volljährigkeit
zwischen der deutschen und anderen Staatsangehörigkeiten zu
entscheiden, die sie mit der Geburt über die Abstammung
erworben haben.
Modernisierung des Haushaltsgrundsätzegesetzes: Das
Haushalts- und Rechnungswesen des Bundes und der Länder soll
modernisiert werden. Dazu hat die Bundesregierung einen
Gesetzentwurf zur Modernisierung des
Haushaltsgrundsätzegesetzes vorgelegt, über den nach
halbstündiger Beratung abgestimmt wird (
16/12060,
16/12105). Mit dem Gesetzentwurf sollen die
Grundsätze für einheitlich geltende rechtliche
Rahmenbedingungen neu geregelt werden, so die Regierung.
Wesentliches Ziel sei dabei, eine Koexistenz unterschiedlicher
Rechnungswesensysteme zu ermöglichen.
Abkommen mit den USA zur
Kriminalitätsbekämpfung: Nach halbstündiger
Aussprache stehen die Entwürfe eines Ratifizierungsgesetzes (
16/13123,
16/13185) sowie eines Umsetzungsgesetzes (
16/13124,
16/13186) der Bundesregierung zum Abkommen mit
den USA über die vertiefte Zusammenarbeit bei der
Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität zur Abstimmung.
Das Abkommen vom Oktober 2008 enthält Regelungen über den
automatisierten Abruf von DNA- und Fingerabdruckdaten sowie
über den Austausch von Daten über Personen, die im
Verdacht stehen, künftig terroristische Straftaten zu begehen
oder die eine entsprechende Ausbildung durchlaufen haben
beziehungsweise diese noch durchlaufen. Außerdem entscheiden
die Abgeordneten über zwei Anträge der Opposition zu
diesem Abkommen. Die FDP fordert die Bundesregierung auf,
"unverzüglich" mit den USA Nachverhandlungen zum
Sicherheitsabkommen aufzunehmen mit dem Ziel, umfassende
Datenschutzregelungen darin zu verankern. So müssten für
Betroffene subjektive Rechte auf Auskunft, Berichtigung,
Löschung und Sperrung von Daten festgelegt werden (
16/9094). Aus Sicht von Bündnis 90/Die
Grünen muss der Bedarf für ein solches Abkommen nochmals
geprüft werden. Zudem dürfe es nicht bilateral, sondern
nur im Rahmen der EU geschlossen werden. Weiterhin verlangen die
Grünen, den Umfang der ausgetauschten Daten zu begrenzen und
auf die Übermittlung von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der
Gefahrenabwehr ganz zu verzichten (
16/9360).