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Regierung warnt vor Rassismus im Osten

Wirtschaft und Energie/Unterrichtung- 27.09.2016

Berlin: (hib/HLE) Zur Behebung des zunehmenden Fachkräftemangels und zur weiteren Stärkung der Wirtschaft in den neuen Bundesländern bedarf es "einer verstärkten Willkommens- und Anerkennungskultur, einer guten Infrastruktur sowie einer ausreichenden Zahl von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen für die Zuwanderer und die Einheimischen". Wenn die ostdeutschen Länder die Chancen der Zuwanderung nutzen wollten, müssten sich dort die dafür erforderlichen Bedingungen entwickeln. Diese Auffassung vertritt die Bundesregierung in ihrem als Unterrichtung (18/9700) vorgelegten "Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit 2016". Darin warnt die Regierung, die Zunahme an fremdenfeindlichen und rechtsextremen Übergriffen des letzten Jahres gefährde den wichtigen Prozess der Integration und den gesellschaftlichen Frieden in Ostdeutschland. "Zugleich besteht die Gefahr, dass damit die Chancen der Zuwanderung gerade dort verspielt werden, wo man aufgrund der demografischen Entwicklung in ganz besonderer Weise auf Zuzug angewiesen ist", befürchtet die Regierung, die für "Offenheit und gelebte Toleranz" plädiert.

Denn "Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Intoleranz stellen eine große Gefahr für die gesellschaftliche, aber auch die wirtschaftliche Entwicklung der neuen Länder dar. Ostdeutschland wird nur als weltoffene Region, in der sich alle dort lebenden Menschen zu Hause fühlen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben, gute Entwicklungsperspektiven haben", erwartet die Bundesregierung. Die Regierung weist im Rahmen ihrer Bewertung auf die besondere Häufung von rechtsextremistischen Gewalttaten hin, die 2015 um 44,3 Prozent zugenommen hätten. Bezogen auf eine Million Einwohner habe es in Mecklenburg-Vorpommern 58,7 Gewalttaten gegeben, in Brandenburg 51,9, Sachsen 49,6, Sachsen-Anhalt 42,6, Berlin 37,9 und Thüringen 33,9. Das sei wesentlich mehr als in Westdeutschland (10,5). Im hinteren Teil des Berichts wird zudem auf die 2015 erhebliche gestiegene Zahl linksextremistischer Gewalttaten eingegangen. "Auch hier liegen die im Verfassungsschutzbericht dokumentierten Taten je eine Million Einwohner im ostdeutschen Durchschnitt (31,3) deutlich über dem westdeutschen Niveau (16,9), was vor allem auf eine hohe Intensität in Sachsen (69,8), Mecklenburg-Vorpommern (39,4) und Berlin (23,8) zurückgeht. Gewaltorientierter Linksextremismus äußert sich besonders in Angriffen auf Polizeibeamte und im Rahmen von Auseinandersetzungen zwischen Links- und Rechtsextremismus", berichtet die Regierung.

Zur wirtschaftlichen Entwicklung heißt es, das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner sei von 1991 bis 2015 von 42,8 auf 72,5 Prozent des Niveaus westdeutscher Länder gestiegen. Der Aufholprozess habe sich in den letzten Jahren deutlich abgeschwächt. Folgen dieser Lücke seien eine höhere Arbeitslosenquote, niedrigere Löhne und Gehälter sowie geringere Steuereinnahmen.

Positiv wird hervorgehoben, dass Berlin und die neuen Länder "zu den weltweit attraktivsten Forschungs- und Entwicklungsstandorten" zählen würden. Die Zahl der Erwerbstätigen habe in Ostdeutschland den höchsten Stand seit 1992 erreicht, die Arbeitslosenquote sei im Vergleich zu ihrem Höhepunkt 2005 um 9,5 Prozentpunkte auf 9,2 Prozent gesunken. In Westdeutschland beträgt der Wert 5,7 Prozent.

Äußerst erfolgreich entwickelt hat sich die Tourismusbranche. Insbesondere in einigen ländlichen Regionen sei die "dynamisch wachsende Branche" zum wichtigsten Arbeitgeber geworden. Mit mehr als 108 Millionen Übernachtungen sei eine neue Bestmarke erreicht worden, berichtet die Regierung.