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"Krankenkassenbeiträge paritätisch finanzieren"

Die umstrittenen Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind am Donnerstag, 29. September 2016, erneut Thema im Bundestag. Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen verlangen in Anträgen eine Rückkehr zur vollständigen paritätischen Finanzierung der Krankenkassenbeiträge. Die 45-minütige Debatte beginnt um 16.45 Uhr.

Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.

"Lohnzusatzkosten begrenzen"

Die SPD hat sich zuletzt auch eindeutig für eine solche Änderung der Finanzierungsgrundlagen ausgesprochen. Allerdings ist die Union weiter dagegen, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen gleich hohen Anteil am Beitrag übernehmen und argumentiert, dass mit der Begrenzung der Lohnzusatzkosten das Wirtschaftswachstum und der Arbeitsmarkt gestärkt werden.

Mit dem ,,Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung" wurde mit Jahresbeginn 2015 ein neues System eingeführt. Seither wird unterschieden in einen allgemeinen festen Beitragssatz, der bei 14,6 Prozent des Bruttoeinkommens liegt und jeweils zur Hälfte (7,3 Prozent) von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen wird.

Kostspielige Reformen und medizinischer Fortschritt

Ergänzt wird dies durch einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag in variabler Höhe, der ausschließlich von der Arbeitnehmerseite zu zahlen ist. Mit der Festschreibung des Arbeitgeberbeitrags auf 7,3 Prozent sollen die Lohnzusatzkosten gedeckelt werden. Inzwischen liegen die Zusatzbeiträge der Krankenkassen im Schnitt bei 1,1 Prozent. 

Gesundheitsökonomen befürchten einen kontinuierlichen und deutlichen Anstieg der Zusatzbeiträge in den nächsten Jahren, unter anderem bedingt durch kostspielige Reformen im Gesundheitswesen sowie den medizinisch-technischen Fortschritt. 

"Soziale Ungleichheit wird vertieft"

Die Linke verlangt in ihrem Antrag (18/7237) die Abschaffung der Zusatzbeiträge. Millionen Versicherte müssten 2016 mehr Geld für ihre Krankenversicherung ausgeben. Über den Zusatzbeitrag würden die Arbeitnehmer in diesem Jahr um mehr als 14 Milliarden Euro höher belastet als die Arbeitgeber, heißt es in dem Antrag. Für die Arbeitgeber bleibe der Anteil konstant bei 7,3 Prozent.

Die gesetzlichen Krankenversicherungen gingen davon aus, dass die Zusatzbeiträge in den kommenden drei Jahren auf 1,4 bis 1,8 Prozent steigen werden. Höhere Zusatzbeiträge seien vor allem für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen problematisch und vertieften die soziale Ungleichheit. Deshalb müsse das Prinzip "halbe-halbe" zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern wieder hergestellt werden.

Bürgerversicherung als Alternative

Mit der Einführung der Parität würde der Beitragsanstieg für die Versicherten reduziert. Dieser komme zustande, da regelmäßig die Ausgaben der Krankenkassen stärker stiegen als die Einnahmen. Hinzu komme die Tendenz, gesamtgesellschaftliche Aufgaben zunehmend über die Krankenkassen zu finanzieren, etwa beim Präventionsgesetz. Um die Finanzierungsprobleme in der GKV zu lösen, seien Beitragssatzerhöhungen keineswegs unvermeidlich, weil es mit der Bürgerversicherung eine gerechte Alternative gebe.

Ähnlich argumentieren auch die Grünen in ihrem Antrag (18/7241) und geben zu bedenken, dass die durchschnittliche Beitragsbelastung in der GKV 2016 so hoch wie nie zuvor in der Geschichte sei, trotz guter Konjunktur und Arbeitsmarktlage. Die größeren Lasten müssten durch steigende Zusatzbeiträge allein von den Versicherten aufgebracht werden. Nötig sei eine faire Lastenverteilung.

Steigende Ausgaben erwartet

Es sei damit zu rechnen, dass die Ausgaben und Belastungen in der GKV auch in den nächsten Jahren erheblich ansteigen. Der GKV-Spitzenverband rechne allein durch die Gesetze der Großen Koalition mit Zusatzausgaben von bis zu zwölf Milliarden Euro bis 2019. Die Bundesregierung habe sich auch nicht um eine langfristig stabile und gerechte finanzielle Basis für das Gesundheitswesen etwa durch eine Bürgerversicherung gekümmert, heißt es in dem Antrag weiter.

Von den bevorstehenden jährlichen Beitragssatzsteigerungen seien vor allem Geringverdiener betroffen, weil seit 2015 keine gesetzlichen Belastungsgrenzen oder ein Sozialausgleich mehr vorgesehen sind. Mit der paritätischen Finanzierung würde auch der Anreiz für die Arbeitgeberseite, auf eine effizientere und wirtschaftlichere Versorgung hinzuwirken, wieder gestärkt. (kos/23.09.2016)