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Debatte
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Wortlaut der Reden

Dr. Cornelie von Teichman, FDP Klaus Reichenbach, CDU/CSU >>

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ein Ja zu Berlin ist gleichzeitig auch ein Ja zu dem neuen demokratischen freiheitlichen Gesamteuropa, das die deutsche Einigung erst ermöglicht hat, ein Ja zu dem Zusammenwachsen von Ost und West, zu Europa als gesamteuropäischer Wertegemeinschaft, das sich nicht mehr nur als westeuropäische Wirtschaftsgemeinschaft versteht.

Mit unserem Ja zu Berlin setzen wir ein Zeichen, das gerade für die jungen Demokratien Osteuropas von Wichtigkeit ist und ihnen Mut gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

Berlin liegt in der Mitte Gesamteuropas. Ein Osteuropäer assoziiert mit Deutschland eher Berlin als Bonn.

Vizepräsident Hans Klein: Frau Kollegin, darf ich Sie einen Moment unterbrechen.

Meine Damen und Herren, ich darf Sie doch herzlich bitten, der Rednerin Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn Sie Gespräche führen wollen: Das Foyer ist groß genug dazu.

Dr. Cornelia von Teichman (FDP): Meine Damen und Herren, es ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit, Berlin nicht nur zur nominellen, sondern zur tatsächlichen Hauptstadt mit Regierungsfunktionen zu wählen. Jahrelang haben wir die Hauptstadt Bonn als Provisorium betont und uns zu Berlin als eigentlicher Hauptstadt bekannt.

(Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Richtig!)

Kein ausländisches Staatsoberhaupt, gegenüber dem wir dies nicht ausdrücklich betont haben. Soll denn dies alles jetzt gar nicht mehr wahr sein?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU, der SPD und des Bündnisses 90/GRÜNE)

Keine andere Stadt ist symbolhafter für das Zusammenwachsen von Ost und West. An keiner anderen Stelle Europas wird dieses Zusammenwachsen von Ost und West derartig sichtbar. Die Stadt Berlin wird uns täglich neu mit der deutschen Geschichte konfrontieren, so daß wir uns täglich neu unserer gewachsenen Verantwortung für das neue, für das zusammengewachsene Deutschland, für Gesamteuropa bewußt werden.

In einer Business-as-usual-Manier könnten wir uns in Bonn eigentlich ganz gemütlich einrichten und den Dingen ihren Lauf lassen. Ein Ja zu Berlin ist aber auch ein Ja zur Solidarität mit den neuen Bundesländern. Ich glaube nicht, daß wir unser Solidaritätsgefühl gegenüber den neuen Bundesländern schon gänzlich erschöpft haben. Vielmehr meine ich, daß wir als Politiker angehalten sind, dieses Gefühl in allen Deutschen zu wecken. Die Vereinigung auch menschlich zu vollziehen ist eine der größten Aufgaben, wenn nicht sogar die größte, die uns Deutschen je gestellt wurde.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des Bündnisses 90/GRÜNE)

Ein Schritt hin zur Erfüllung dieser Aufgabe ist unser klares Bekenntnis zu Berlin als Parlaments- und Regierungssitz. Das heißt doch aber nicht, daß wir ein wirtschaftliches Austrocknen der Bonner Region wollen. Wir müssen Abfederungsmaßnahmen für Bonn vornehmen. Diese Region darf nicht zurückfallen. Ich bin sehr froh, daß Herr Ministerpräsident Rau der Meinung ist, daß man das auch kann, daß das möglich und machbar ist.

Eine Hauptstadt ohne Regierung macht überhaupt keinen Sinn. Die Hauptstadt Berlin bleibt eine Leerformel, solange sie nicht die dazugehörigen Hauptstadtfunktionen hat.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU, der SPD und des Bündnisses 90/GRÜNE)

So glaube ich, daß die momentane Diskussion, selbst wenn sich die Mehrheit heute für Bonn entscheidet, nicht eher zur Ruhe kommt, bis wir nicht Berlin deutliche Hauptstadtfunktionen zuerkannt haben. Wer will denn auch verhindern, daß sich der nächste Bundestag ganz anders als dieser Bundestag entscheidet, der die Entscheidungen der letzten 40 Jahre vielleicht ignoriert und sich darüber hinwegsetzt, was wir 40 Jahre lang immer gesagt haben?

Es ist nötig, daß jetzt eine endgültige Entscheidung getroffen wird, die für jeden klar und deutlich ist, daß jeder weiß, woran er ist, damit sich die Menschen in beiden Regionen darauf einrichten können.

Ein Ja zu Berlin bedeutet auch keine Absage an den Förderalismus, wie immer wieder behauptet wird. In einem traditionell förderativen Deutschland, in dem in 40 Jahren Demokratie gewachsen ist und in dem politisch, wirtschaftlich und kulturell starke Bundesländer entstanden sind, haben wir starke Garanten gegen die Aushöhlung des Föderalismus. Ihre Souveränität haben die Bundesländer gezeigt, indem sie ein klares mehrheitliches Votum für Berlin abgegeben haben.

(Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Das muß man immer wieder sagen!)

Zuletzt noch eines, meine Damen und Herren: Über allem Rechnen und allen finanziellen Überlegungen sollte man die Bedeutung von Symbolen nicht unterschätzen, von Symbolen, die Hoffnung machen oder Hoffnung zerstören können. Wir haben heute die Chance, ein Symbol der Hoffnung für das Zusammenwachsen des vereinten Deutschlands, des Zusammenwachsens von West und Ost zu setzen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU, der SPD und des Bündnisses 90/GRÜNE)

Vizepräsident Hans Klein: Das Wort hat der Abgeordnete Klaus Reichenbach.

Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bdr_050
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