Erfolg der Postliberalisierung zwiespältig betrachtet
Berlin: (hib/VOM) Unterschiedliche Einschätzungen des Erfolgs der bisherigen Liberalisierung des Postmarktes in Deutschland hat eine öffentliche Anhörung des Unterausschusses "Telekommunikation und Post" des Wirtschaftsausschusses am Montagnachmittag zu Tage gefördert. Anlass der Anhörung war der Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Postgesetzes (14/6121), durch den die Exklusivlizenz für die Deutsche Post AG für die Beförderung von Briefsendungen mit einem Gewicht bis zu 200 Gramm um fünf Jahre bis Ende 2007 verlängert werden soll. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft/Deutsche Post Gewerkschaft wies darauf hin, dass durch die Liberalisierung in den vergangenen zehn Jahren 130.000 Arbeitsplätze bei der Deutschen Post abgebaut worden seien. Im Gegenzug seien nur gut 28.000 Arbeitsplätze geschaffen worden, wobei der Anteil geschützter Arbeitsverhältnisse so gering sei, dass man von einem negativen beschäftigungspolitischen Effekt sprechen könne. Die Verlängerung der Exklusivlizenz der Deutschen Post AG sei also gerechtfertigt.
Die Deutsche Post AG argumentierte, die Wettbewerbsbedingungen müssten so aussehen, dass es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. Deutschland sei bei der Liberalisierung weiter vorangeschritten als die meisten Länder in Europa. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass das einseitige Voranschreiten nicht dazu führt, dass andere Staaten mit der Liberalisierung nachfolgen. Der Wettbewerb müsse im Gleichklang in der EU verlaufen und dürfe nicht zu Lasten deutscher Anbieter gehen. Wenn der deutsche Markt komplett geöffnet würde, würden ausländische Postunternehmen sofort in den Markt eintreten, zu Lasten sowohl der Deutschen Post AG als auch der mittelständischen Anbieter.
Dagegen argumentierte Professor Martin Hellwig von der Monopolkommission, es gebe keinen Grund für einen Gleichschritt in der europäischen Postliberalisierung, weil es sich um lokale Märkte und um lokale Beschäftigung handele. Die Folgen einer einseitigen Liberalisierung wären im Postbereich nicht ähnlich dramatisch wie bei der Telekommunikation, aber positiv. Ein wesentlicher Markteintritt anderer großer Postunternehmen sei nicht zu erwarten. Die Vorstellung, die Exklusivlizenz schütze vor ausländischer Konkurrenz, sei falsch. Von einem "vielfältigen Bild der Marktöffnung" sprach der Bundesverband Kurier-, Express- und Postdienste. Von einer Vorreiterrolle Deutschlands bei der Liberalisierung in der Europäischen Union könne man nicht sprechen. Der Bundesverband internationaler Express- und Kurierdienste sprach sogar davon, dass die Wettbewerbsbedingungen in Deutschland angepasst werden müssten und nicht in der übrigen EU. Dass es in anderen EU-Staaten noch keine vollständige nationale Liberalisierung gebe, spiele für die Deutsche Post AG offenbar keine Rolle, sonst hätte sie sich auf Auslandsmärkten engagieren können, so der Verband. Er sprach im Übrigen von einem konkreten Monopolmissbrauch durch die Deutsche Post AG.