"Die Kluft zwischen Arm und Reich hat sich erneut vergrößert"
Berlin: (hib/WOL) Die Kluft zwischen Arm und Reich hat sich im letzten Jahrzehnt weiter vergrößert, erklärt die Bundesregierung in ihrem 11. Bericht zur Entwicklungspolitik, den sie in Form einer Unterrichtung (14/6496) vorgelegt hat. Danach lag die Einkommenslücke zwischen dem reichsten Fünftel der Weltbevölkerung und dem ärmsten Fünftel im Jahr 1997 bei einem Verhältnis von 74 zu 1, während es 1990 noch 60 zu 1 und 1930 nur 30 zu 1 betragen habe. Einem Beispiel des Berichts zufolge verfügen die drei reichsten Menschen der Erde über ein größeres Vermögen als das gemeinsame Bruttoinlandsprodukt der 49 ärmsten Entwicklungsländer. Insgesamt verlaufe die Grenze zwischen Arm und Reich allerdings nicht mehr zwischen Nord und Süd oder Ost, sondern zunehmend zwischen Gewinnern und Verlierern der wirtschaftlichen Globalisierung. Das gelte sowohl für Staaten oder Regionen als auch für die unterschiedlichen Chancen von Männern und Frauen.
Laut Regierung müssen weltweit drei Milliarden Menschen ihr Überleben mit weniger als zwei US-Dollar pro Tag bestreiten. Von den knapp 1,2 Milliarden Armen, die mit weniger als einem Dollar täglich auskommen müssten, lebe knapp die Hälfte in Südasien und etwa ein Viertel im südlichen Afrika. Die Zahl der Hungernden wird mit 800 Millionen Menschen angegeben. Insgesamt sei das weltweite Problem von mangelnder Bildung, Bevölkerungswachstum, Ausbreitung von Krankheiten sowie der Veränderungen wirtschaftlicher und politischer Strukturen gleichzeitig Folge und Ursache der Armut. Laut Bericht können etwa 880 Millionen Jugendliche nicht lesen und schreiben, dabei seien Frauen und Mädchen überproportional benachteiligt. Während Landflucht und die Ballung der Bevölkerung in den Megastädten der Entwicklungsländer zu Gewaltkonflikten und verstärkten Strukturproblemen führe, gefährde vor allem in Afrika die rasante Verbreitung von Aids/HIV bisherige Fortschritte und mache künftige Chancen zunichte. Wirtschaftlich stellten die Auslandsverschuldung der ärmsten Länder, ihre unzureichende Beteiligung am Welthandel und Auswirkungen internationaler Finanzkrisen entscheidende Hindernisse und Risiken dar.
Im Politikbereich gefährde die Zahl gewaltsamer Konflikte, der Mangel an guter Regierungsführung, die geringe Beteiligung der Bevölkerung am sozialen Fortschritt und die Ungleichheit der Geschlechter vielfach die Chancen für eine positive Entwicklung. Hinzu komme es in Folge von Klimaveränderungen verstärkt zu Naturkatastrophen. Dabei wird auch ein Zusammenhang zwischen dem Wirtschafts- und Konsummuster der Menschen in den Industrieländern und den Folgen für Entwicklungsländer angesprochen.