Koalitionsinitiative zu Leistungen für Demenzkranke stößt auf Widerspruch
Berlin: (hib/RAB) Das Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (14/6949) stößt weitgehend auf Kritik von Experten des Gesundheitswesens. Dies geht aus den schriftlichen Stellungnahmen zu einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses hervor, die am heutigen Mittwochnachmittag stattfindet. Für Dr. Joachim Wilbers von der Caritas Trägergesellschaft Trier stellt sich die Frage, ob die Leistungsverbesserungen für Demenzkranke lediglich ein symbolischer Akt sind, wenn sie nur bei vorgegebener Beitragssatzstabilität der Pflegeversicherung und einem sehr geringen Finanzvolumen möglich sein sollen. Es gehöre zur Ehrlichkeit in der Debatte, dass entweder über höhere Beitragssätze oder andere zusätzliche Einnahmen wie einen Bundeszuschuss nachgedacht werden müsse, wenn man nicht das Absinken des Realwerts der Leistungen der Pflegeversicherung in Kauf nehmen wolle.
Sabine Jansen von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft bedauert es, dass die Defizite in der Versorgung Demenzkranker zwar richtig erkannt wurden, bereits im Vorfeld aber eine finanzielle Obergrenze festgelegt wurde. Dies verhindere, dass die Pflegeleistungen an die Bedürfnisse Demenzkranker und ihrer Angehöriger bedarfsgerecht angepasst werden könnten. 460 € im Jahr seien keinesfalls ausreichend, um die Angehörigen in der häuslichen Pflege umfassend zu entlasten. Vor der Hintergrund, dass der jetzige finanzielle Spielraum zu knapp bemessen sei, solle über die Beitragsgrenze von 1,7 Prozent nachgedacht werden, so die Expertin.
Für den Deutschen Berufsverband für Altenpflege sind mit dem Koalitionsentwurf nur sehr "kleinschrittige und unzureichende Maßnahmen" zur Verbesserung der Situation von dementen Menschen vorgesehen, obwohl die demografischen Entwicklungen einen tendenziell stark steigenden Bedarf signalisieren würden. Bernd Meurer begrüßte im Namen des Bundesverbandes privater Alten- und Pflegeheime die Bemühung der Koalition, die Situation von Demenzkranken zu verbessern. Gleichzeitig müsse allerdings festgestellt werden, dass die ehrenamtliche Versorgungsstruktur an ihre Leistungsgrenze stoße, wenn Pflegebedürftigkeit auf Grund von Demenzerscheinungen vorliege. Gerade der durch die Gesetzesinitiative definierte Personenkreis sei auf Dauer ohne ein professionelles Unterstützungssystem nicht adäquat zu versorgen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf bestehe die Chance, insbesondere durch strukturpolitische Weichenstellungen den Herausforderungen der zunehmend von Demenz geprägten Pflege im Alter gerecht zu werden, schreibt dagegen der Medizinische Dienst der gesetzlichen Krankenkassen. Er sei ein erster Schritt, um die Versorgungssituation der Betroffenen und ihrer Angehörigen umfassend zu verbessern und werde ausdrücklich begrüßt.