Handlungsbedarf bei Ostseesicherheit ist weiterhin groß
Berlin: (hib/POT) Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit auf der Ostsee müssen auf nationaler und insbesondere auf internationaler Ebene mit Nachdruck voran gebracht werden. In dieser Bestandsaufnahme waren sich alle Fraktionen bei der Beratung eines Antrages der CDU/CSU-Fraktion (15/465) im Verkehrsausschuss am Mittwochvormittag einig. Gegenstand der Beratung war zudem ein Ergänzungsantrag der Union, der sich mit dem Untergang eines chinesischen Frachters vor der Ostseeinsel Bornholm am 31. Mai beschäftigt. Darin wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, der schwedischen Regierung alle Hilfe und Unterstützung beim aktuellen Seeunfall zukommen zu lassen. Außerdem solle die Bundesregierung "mit Dringlichkeit" zu einer Ostsee-Sicherheitskonferenz aller Anrainerstaaten einladen, um einen gemeinsamen Sicherheitskatalog zu entwickeln.
Die CDU/CSU bemängelte in der Diskussion, dass in den letzten fünf Jahren zwar sehr viel über die Ostseesicherheit geredet, aber zu wenig gehandelt und umgesetzt worden sei. Noch immer fehle ein verbindliches Ostseesicherheitskonzept. Sofern Russland in dieser Frage nicht zu einer Kooperation bereit sei, müssten die westlichen Ostseeanrainer notfalls ein eigenes Sicherheitskonzept umsetzen. Die Bildung eines Havariekommandos in Cuxhaven sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, doch fehle nach wie vor eine einheitliche Führungsstruktur mit dem Recht des direkten Zugriffs auf alle Einheiten im Falle eines Unfalls. Des Weiteren mahnte die Union an, dass auch für neue Tanker unter 5 000 Tonnen die Doppelwand verpflichtend eingeführt werden müsse. Gerade die kleineren Tanker bedeuteten eine besondere Gefahr für Mensch und Natur, da sie hauptsächlich im Küstenbereich verkehrten. Die FDP warnte vor der Illusion, mit dem Verbot von Einhüllentankern allein seien alle Probleme der Ostseesicherheit gelöst. Experten hätten bei einer maritimen Konferenz vor Kurzem darauf hingewiesen, dass Doppelhüllentanker viel anfälliger für Korrosion und im Havariefall viel schwerer leerzupumpen seien. Unfallvermeidung, eine Verbesserung der Ausbildung von Seeleuten und ausgereifte Sicherheitstechnik seien ebenso wichtig wie die Einführung von Doppelhüllentankern.
Die Koalitionsfraktionen kritisierten, der Antrag der Union "greife zu kurz". Einige Forderungen seien bereits umgesetzt, andere längst in Planung. Zudem wiesen die Sozialdemokraten darauf hin, dass Deutschland, wenn man international verbindliche Regelungen zur Ostseesicherheit durchsetzen wolle, auf die Ostseeanrainer und eine Einigung auf der Ebene der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) angewiesen sei. Wegen der sehr unterschiedlichen Interessen seien Fortschritte hier nur in manchmal langwierigen Verhandlungen zu erzielen. Wo notwendig, habe die Regierung auf nationaler Ebene gehandelt. So gelte bereits ab Juli 2003 ein Hafenanlaufverbot für besonders gefährliche Einhüllentanker. Zudem hätten sich die EU-Verkehrsminister darauf geeinigt, bei der IMO einen Antrag einzubringen, nach dem Einhüllentanker bereits 2010 und nicht wie ursprünglich geplant 2015 außer Dienst gestellt werden sollen. Bündnis 90/Die Grünen hielten eine Ausweitung der Hafenstaatkontrollen und die Erhöhung der internationalen Standards bei der Ausbildung von Seeleuten für notwendig, um insbesondere die Kommunikation der Schiffsbesatzung in Gefahrensituationen zu verbessern. Die Vertreterin der Bundesregierung wies darauf hin, dass Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) bereits im April mit seinem russischen Amtskollegen die Einrichtung einer deutsch-russischen Arbeitsgruppe zu Fragen der Seesicherheit, insbesondere der Tankersicherheit in der Ostsee vereinbart habe. International verbindliche Regelungen in Fragen der Lotsenannahmepflicht, der Festlegung von Transitwegen für Tankschiffe oder die Ausweisung der Ostsee als Sondergebiet seien nur im Rahmen der IMO zu erreichen. Der Ausschuss lehnte sowohl den Antrag (15/465) als auch den Ergänzungsantrag der Union mit dem Stimmen der Koalition bei Enthaltung der FDP ab.