Sachverständige lehnen kassenübergreifende Fusionen weitgehend ab
Berlin: (hib/RAB) Vertreter der Bundesverbände der Krankenkassen sind weitgehend dagegen, in Zukunft kassenübergreifende Fusionen zuzulassen. In der Fortsetzung der öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses zum Entwurf der Koalition (15/1170), mit dem solche Fusionen zugelassen werden sollen, bezeichnete der Vorsitzende des Verbandes der Deutschen Angestellten-Krankenkassen, Herbert Rebscher, diese Pläne am Donnerstagvormittag als "vermeintlich liberale Öffnung". In Wahrheit seien sie aber kontraproduktiv und schüfen nicht mehr Wettbewerb, da die Stellung der AOK mit einem marktbeherrschenden Anteil von im Durchschnitt 50 Prozent weiter ausgebaut werde. So würden Ideen zur Stärkung des Wettbewerbs durch Fusionen "getötet". Die Zahl der Kassen, die sich derzeit auf 350 belaufe, während es Anfang der 90er-Jahre noch 1100 gegeben habe, werde sich auch ohne eine solche Regelung weiter verringern. Der Experte sprach dafür aus, die vorhandenen Strukturen angesichts der nun geplanten Leistungskürzungen im Gesundheitswesen zu stabilisieren. Der Antrag der CDU/CSU (15/1174) trage eher dazu bei, die Versorgungsstrukturen zu sichern und die Serviceleistungen der Kassen zu garantieren.
Der AOK-Bundesverband hingegen ist überzeugt davon, dass die Fusionen dem Versorgungsziel dienen. Auch die derzeit 350 Kassen seien nicht nötig, um die Versorgung der Versicherten zu organisieren. Nach Auffassung des Verbandes wird sich die Konzentration der Kassen weiter fortsetzen. Auch der Vertreter vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen glaubt, dass kassenübergreifende Fusionen zu Monopolen oder Oligopolen führen. Es sei aber nicht garantiert, dass Monopole die Qualität in der Weise sichern können wie kleinere Einheiten. Die Zulassung von kassenübergreifenden Fusionen verhindere die Vielfalt sowie den Wettbewerb und schaffe dagegen Einheit, so der Sachverständige. Der Konzentrationsprozess zugunsten der Marktführer werde sich weiter fortsetzen. Dem schloss sich der Bundesverband der Innungskrankenkassen an. Kassenübergreifende Fusionen hätten keinen Nutzen und wären kontraproduktiv, da sie wesentliche strukturelle Elemente einer Gesundheitsreform in Frage stellten. Die Regelung stehe der Rhetorik vom freien Wettbewerb diametral entgegen und sei aus kartellrechtlichen Aspekten problematisch. Der Vertreter des Verbandes sprach sich dafür aus, vor einer solchen Regelung den Marktführer im Krankenkassenbereich zu deregulieren und "zu filetieren". Seiner Überzeugung nach gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, mit denen die Intensität des Wettbewerbs zwischen den Kassen gesichert werden kann.