"Aids ist eine größere Bedrohung als der Terrorismus"
Berlin: (hib/WOL) "Aids ist eine größere Bedrohung als der Terrorismus". Mit diesem Zitat des US-Außenministers Colin Powell vor den Vereinten Nationen vor einigen Tagen umriss am Mittwoch Professor Richard Feachem, Executivdirektor des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM), die Aufgabe seiner Organisation vor dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Seit der Gründung des Fonds werde in 93 Ländern mit 160 Programmen gearbeitet und "viele Programme funktionieren", so Feachem. Es gelte aber zu erkennen, dass die Erkrankung an Aids und seinen Folgen einen jahrzehntelangen Fortschritt unterminiere. Feachem machte das am Beispiel von Sambia deutlich, wo doppelt so viele Lehrer gestorben seien, wie ausgebildet werden können. In vielen Ländern des südlichen Afrika sprächen auch die politischen Führer inzwischen ganz offen über die Probleme und infolge dessen sei auch eine bessere gemeinsame Bekämpfung von Aids/HIV möglich. Global habe sich Aids mittlerweile verlagert. Laut Feachem ist weltweit eine "gewaltige Destabilisierung" zu befürchten, da sich das "Epizentrum" von Aids auf Indien, China, Russland und Sri Lanka verlagert habe. Indien verzeichne derzeit die meisten Erkrankungen weltweit. Offizielle Zahlen über den tatsächlichen Ausbreitungsgrad von Aids seien allerdings weder aus China und Russland noch aus Indien zu erhalten. Als kleine Lichtblicke bezeichnete Feachem die Aidsbekämpfung in Uganda und Thailand, in denen neue Bekämpfungstechniken und auch pharmakologische Erfolge beigetragen hätten. So habe die Behandlung eines Kranken vor drei Jahren 10 000 Dollar gekostet und die Einnahme von täglich 25 Pillen erfordert. Heute sei es möglich eine Behandlung mit 300 Dollar vorzunehmen wobei 3 Pillen täglich einzunehmen seien. Die Bekämpfung, so Feachem, ist "finanzierbar geworden".
Dem vor 18 Monaten gegründeten Globalen Fonds seien insgesamt 4,7 Milliarden Dollar zugesagt. Davon würden derzeit 60 Prozent für das südliche Afrika und 40 Prozent für den Rest der Welt aufgewendet. Vom finanziellen Anteil, der jeweils zur Hälfte an die Regierungen der betroffenen Länder und zur anderen Hälfte an Nichtregierungsorganisationen fließe, würden 60 Prozent für Aids, sowie jeweils 20 Prozent für für die Bekämpfung von Tuberkulose und Malaria ausgegeben. Zum Geberanteil erläuterte der Executivdirektor, die EU sei ein größerer Geber als die USA und in der EU sei Frankreich der bedeutendste Spender. Er lobte die deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) für die Unterstützung vor Ort. Dagegen liege die deutsche Finanzhilfe "weit unter dem, was der angemessene Anteil Deutschlands" sei. Kritik übte Feachem auch an der Verwendung des EU-Fonds für Entwicklungsarbeit. Dort gebe es 10 Milliarden Euro, die nicht abfließen würden, während eine Umwidmung für Aidsbekämpfung nicht betrieben werde. Insgesamt brauche der Globale Fonds sehr viel mehr Geld, als die mittelfristig zugesagten 4,7 Milliarden Dollar. Um Aids weltweit wirksam zu bekämpfen, seien nach Einschätzung der Experten 6 bis 8 Millionen Dollar jährlich erforderlich. Auf die Kritik des Ausschussvorsitzenden Rudolf Kraus (CDU/CSU) am Versagen der politischen afrikanischen Führer, erklärte Feachem, diese hätten sich nicht anders verhalten, als heute die Verantwortlichen in China und Russland. Zudem sei es sehr viel leichter vor der UNO offen zu reden, als im eigenen Land, 50 km von der Hauptstadt entfernt. Feachem bestätigte, die Situation in Simbabwe sei tatsächlich verheerend. Dagegen sei die politische Führung in Indien, China und Russland einfach noch nicht ausreichend mit den Problemen konfrontiert. Zudem wiederholten sich ethnische Vorurteile und Ausreden weltweit. Zur Offenheit und Härte der Verhandlungen mit den betroffenen Ländern, sagte Feachem, die Tatsache "nicht Teil der UNO zu sein, erleichtere es dem Fonds, harte Bedingungen zu stellen, da er keine diplomatischen Rücksichten nehmen müsse". Zu begrüßen sei auch die von den Abgeordneten angesprochene politische Einflußnahme, da sie helfe, die globale Bekämpfung zu erleichtern.