Von EU-Erweiterung werden technologisch fortgeschrittene Bereiche profitieren
Berlin: (hib/BOB) Von der Erweiterung der Europäischen Union (EU) werden vor allem technologisch fortgeschrittene und kapitalintensive Bereiche profitieren. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Maschinen- und Anlagenbau, Chemie und Kraftfahrzeugindustrie sowie deutsche Umwelttechnologien. Dies schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (15/3015) auf eine Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (15/2438). Demgegenüber verstärke sich in Wirtschaftsbereichen mit hohen Arbeitskostenanteilen und unterdurchschnittlichen Qualifikationen der Anpassungsdruck auch auf dem Heimatmarkt. Dies betreffe zum Beispiel die Textil- und Holzindustrie, Baubeschläge und Sanitär- und Verpackungsmittel. Negative Auswirkungen für den deutschen Arbeitsmarkt durch eine verstärkte Arbeitsmigration seien "derzeit nicht erkennbar", so die Regierung in ihrer Antwort auf die Anfrage der Union. Das Lohnkostengefälle zu Deutschland verringere sich langsam. Zwar lägen nach einer Studie des München Ifo-Instituts von Dezember 2000 die deutschen Löhne im Vergleich zu Polen immer noch um das 3,9fache, zu Ungarn um das 4,3fache und zu Tschechien um 3,4fache höher. In Relation dazu müsse aber auch die höhere Produktivität in Deutschland gesehen werden. Die Regierung gehe davon aus, dass es über einen längeren Zeitraum hinweg zu einer langsamen Annäherung der Arbeitskosten kommen werde.
Die beschäftigungspolitischen Effekte im Zuge der Erweiterung ließen sich nicht genau voraussagen. Die Erwartung seien dementsprechend unterschiedlich. In Teilen der Bevölkerung, insbesondere bei Arbeitnehmern und in Teilen der Wirtschaft, beständen einige Bedenken hinsichtlich des eventuellen Verlustes von Arbeitsplätzen in Verbindung mit Standortverlagerungen oder einer verstärkter Konkurrenz. Dabei dürften aber auch die Chancen nicht übersehen werden, unterstreicht die Bundesregierung. Deutsche Unternehmen hätten sich in ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf dem europäischen Binnenmarkt verbessert und Möglichkeiten bereits genutzt, die sich aus einem um 75 Millionen Verbraucher vergrößerten Binnenmarkt ergeben. Insofern seien Vermutungen über eine jetzt plötzlich eintretende Verlagerung von Unternehmen in die Beitrittsländer unbegründet. Die Regierung sieht in ihrer Antwort an die CDU/CSU-Fraktion insbesondere für ostdeutsche Industrieunternehmen neue Chancen für Exporte und Investitionen durch den gewachsenen Binnenmarkt und ihrer geographischen Nähe. Auch wird nach ihrer Ansicht der Wachstumsprozess in den Beitrittsländern zu einem erhöhten Importbedarf führen.
Die Regierung rechnet infolge der Osterweiterung nicht mit einer "Zuwanderung in die bundesdeutsche Arbeitslosigkeit". Dies sei aufgrund der deutschen und der europäischen Rechtslage nicht möglich, da der Bezug von Lohnersatzleistung bei Arbeitslosigkeit eine Versicherungsbiographie voraussetze.