hib-Meldung
307/2004
Stand: 13.12.2004
"Wahlrecht von Geburt an" als "symbolische politische Initiative" begrüßt
15/1544). Das geht aus den
schriftlichen Stellungnahmen zu der Anhörung hervor, die um 14
Uhr begonnen hat. So erklärte Professor Eckhard Jesse von der
Technischen Universität Chemnitz in seiner schriftlichen
Stellungnahme, das Anliegen verdiene Anerkennung und bedürfe
der Unterstützung. Jesse legt dar, zahlreiche Argumente gegen
ein Familienwahlrecht seien "an den Haaren herbeigezogen und leicht
widerlegbar". Die Einwände gingen jedoch am Kern der Sache
vorbei, denn das gravierende demographische Problem - wonach es
heute ein Drittel weniger Jugendliche unter 18 Jahren gibt als im
Jahr 1950 - werde sich künftig noch verschärfen. Mit der
vorgelegten Initiative werde das Angestrebte nicht erreicht. Es
bedürfe vielmehr einer besseren Familienpolitik und
stärkerer Anreize, damit die Deutschen mehr Kinder bekommen.
Auch in der Stellungnahme von Professor Günter Frankenberg von
der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt/Main wird
der gemeinsame Antrag als "symbolische politische Initiative" und
als Zeichen begrüßt, über die politische und
rechtliche Berücksichtigung der Interessen von Kindern und
Familien im Einzelnen nachzudenken. Frankenberg stellt aber klar,
es gebe gegen ein verdecktes originäres Elternwahlrecht
erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Er kommt zu dem Schluss:
"Unterhalb der Schwelle einer konstitutionellen Revolution ist die
Einführung eines verdeckt originären Elternwahlrechts,
also eines Pluralwahlrechts zur Privilegierung von Eltern mit
Kindern, nicht zu haben". Ausdrücklich unterstützt der
Deutschen Familienverband die Initiative. Dies biete die Chance
über Parteigrenzen hinweg und ohne Tabus eine politische
Entscheidungsfindung zur Verwirklichung einer angemessenen
politischen Beteiligung von Familien und zur Berücksichtigung
der Interessen nachfolgender Generationen zu diskutieren. Obwohl
das Grundgesetz die Familie unter besonderen Schutz stelle,
hätten sich die Lebensverhältnisse der Familien in den
letzten Jahrzehnten im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung
kontinuierlich verschlechtert - ohne Aussicht auf Besserung. Da
sich in einer Demokratie politische Entscheidungen nicht nur an
Sachüberlegungen sondern auch an der Wählerwirksamkeit
orientierten, sei ein "Wahlrecht von Geburt an" zwar keine Garantie
für eine bessere Familienpolitik - Kinder und ihre Eltern
würden aber zu einem Wählerpotential, das keine Partei
vernachlässigen könne. Auf konkrete Fälle bezieht
sich Lore-Maria Peschel-Gutzeit, Rechtsanwältin und ehemalige
Senatorin aus Berlin in ihrer Stellungnahme und kritisiert eine
Unlogik der Vorgaben. Sie geht dabei auch auf die Widersprüche
im Grundgesetz ein, wonach zwar "alle Gewalt vom Volke ausgeht",
die Verfassung aber das Recht zur Wahl sowohl pauschal (bei
Jugendlichen), als auch individuell (bei Straftätern),
einschränke. Weiter führt Peschel-Gutzeit historische
Entwicklungen an, wie die bayrische Verfassung von 1818 (nur
für "besitzende Männer ab 30 Jahren") oder die Weimarer
Verfassung mit der erstmaligen Wahlberechtigung von Frauen. Auch
auf "Brüche" zwischen Volljährigkeit mit 21 Jahren im
Unterschied zum Wahlalter mit 18 Jahren verweist sie mit dem
Hinweis, die deutsche Realität mit der anderer EU-Demokratien
zu vergleichen.
Berlin: (hib/WOL) Begrüßt haben die
Sachverständigen am Montagnachmittag im Innenausschuss die
fraktionsübergreifende Initiative einzelner Abgeordneter zu
"Mehr Demokratie wagen durch ein Wahlrecht von Geburt an" (Quelle:
http://www.bundestag.de/bic/hib/2004/2004_307/01