Deutscher Bundestag
English    | Français   
 |  Home  |  Sitemap  |  Kontakt  |  Fragen/FAQ
Druckversion  |       
Startseite > Blickpunkt Bundestag > Blickpunkt Bundestag - Jahresübersicht 1998 > Blickpunkt Bundestag - Juni 1998, Nr. 1/98, Seite 2, Inhalt >
Juni 01/1998
[ zurück ]   [ Übersicht ]   [ weiter ]

Herta Däubler-Gmelin

Herta Däubler-Gmelin, SPD

Wertvolle Zeit vertan

"Der nächste Bundestag muß ein bundeseinheitliches Gen-Datei-Gesetz schaffen."

Die Nutzung des sogenannten genetischen Fingerabdrucks im Strafverfahren hat der Bundestag schon im letzten Jahr durch die Änderung der Strafprozeßordnung ermöglicht. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte auf die Verwendung dieses technisch neuen Mittels zur Identifizierung von Straftätern auf rechtsstaatlich einwandfreier Rechtsgrundlage gedrängt. Fachkundige aller Parteien hatten seit dieser grundsätzlichen Weichenstellung wohl kaum noch Zweifel daran, daß es sinnvoll ist, die erhobenen Daten bei einer zentralen Stelle zu speichern und von dort zur Identifikation von Straftätern abrufbar zu machen. Dazu muß durch Bundesgesetz eine zentrale Gendatei errichtet werden. Das Gesetz, das nach dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zur informationellen Selbstbestimmung nicht durch einen Verwaltungserlaß umgangen werden kann, muß den Kreis der Verdächtigen bzw. Straftäter festlegen, deren Daten für den genetischen Fingerabdruck erhoben und gespeichert werden soll. Außerdem muß es die Gendatei dem Bundeskriminalamt zuordnen und verbindliche Regelungen über den Zugang zu dieser Datei und die Verhinderung von Mißbrauch der aus der DNA entnommenen Sequenzen enthalten. Das alles könnte heute längst vom Bundestag verabschiedet sein, wenn die Bundesregierung ihre Hausaufgaben gemacht hätte. Das aber war nicht der Fall, war wohl auch nicht beabsichtigt. Im Gegenteil: Durch das monatelange öffentliche Hickhack innerhalb der Bundesregierung wurde dem ebenso alten wie falschen Vorurteil Vorschub geleistet, Kriminalitätsbekämpfung und Datenschutz seien Widersprüche. Und es wurde wertvolle Zeit vertan und damit verhindert, daß die zentrale Gendatei beim Bundeskriminalamt vor Ende der im Juni auslaufenden Legislaturperiode auf rechtsstaatlich einwandfreier Rechtsgrundlage zur Verfügung stehen kann. Die jetzige Bundesregierung will es offenbar bei Bundesinnenminister Kanthers Verwaltungsvorschrift belassen und mit einer minimalen Änderung der Strafprozeßordnung lediglich den Bereich der zu erhebenden Dateien erweitern. Das träg weder den Erfordernissen einer sinnvollen Kriminalitätsbekämpfung noch dem Rechtsstaatserfordernis Rechnung, sondern schafft unnötige Risiken. Fazit: Die jetzige Bundesregierung hat wieder einmal unnötigerweise Rechtsstaatlichkeit und Kriminalitätsbekämpfung als Gegensätze dargestellt. Der neue Bundestag wird dies mit einer neuen Mehrheit durch die Verabschiedung eines bundeseinheitlichen Gen-Datei-Gesetzes korrigieren.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9801/9801070b
Seitenanfang [TOP]
Druckversion Druckversion