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Mai 05/1999
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FINZMINISTER EICHEL BEI EINBRINGUNG DES ETATS 1999:

"Leistungen und Subventionen gehören auf den Prüfstand"

Hans Eichel (SPD)
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) kündigte bei seiner "Jungfernrede" in seinem neuen Amt vor den Bundestagsabgeordneten harte Sparanstrengungen für die kommenden Jahre an.

(hh) Der neue Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat bei den Beratungen zum Haushalt 1999 harte Sparanstrengungen für die kommenden Jahre angekündigt. Bei seiner ersten Bundestagsrede nach Amtsantritt sagte er am 4. Mai, daß der "Marsch in den Verschuldungsstaat" gestoppt werden müsse.

Mit einem rigiden Sparkurs solle die Neuverschuldung "so schnell wie möglich" auf Null gebracht werden. Die finanzielle Lage des Bundes sei dramatisch; pro Minute müsse der Bund für Zinszahlungen mehr als 150.000 DM ausgeben, betonte er. Fast ein Viertel der Steuereinnahmen werde in diesem Jahr allein für Zinsen benötigt. Die Nettoneuverschuldung müsse gestoppt werden, die Aufgaben der Gegenwart dürften nicht zu Lasten der kommenden Generation finanziert werden.

"Alle Leistungen und Subventionen gehören auf den Prüfstand", betonte er. Vieles könne nicht mehr geleistet werden. Dies gelte auch für die Einnahmenseite: Dort gebe es ungerechtfertigte Steuervergünstigungen und Steueroasen. Wenn die Steuern und Abgaben nicht erhöht werden, sondern eher gesenkt werden sollten, müßten die Ansprüche an den Staat, an die öffentlichen Haushalte und das Sozialsystem deutlich zurückgenommen werden.

Ohne eine solche Politik hätte der Bund laut Eichel in den kommenden Jahren einen jährlichen Kreditbedarf von 80 bis 90 Milliarden DM. Der Stopp der Nettokreditaufnahme sei ein elementares Erfordernis der Gerechtigkeit. Der Vorgängerregierung warf Eichel vor, sie habe die Wirtschaftsentwicklung "oftmals so gezeichnet, wie es ihr opportun erschienen sei". Auch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sei regelmäßig zu positiv bewertet worden.

Demgegenüber kritisierte die Opposition den Haushaltsentwurf. Der haushaltspolitische Sprecher der Union, Dietrich Austermann (CDU/CSU), sagte, der Etat sei wachstums­ und beschäftigungsfeindlich. Er lasse Sparpotentiale ungenutzt und gehe strukturelle Probleme nicht an. Der Etatentwurf knüpfe nahtlos an die Steuerbeschlüsse der Regierung aus den letzten sieben Monaten an. "Dieser erste rot­grüne Haushalt hat die schlimmsten Befürchtungen bestätigt", erklärte er. Zum neuen Finanzminister sagte er, Eichel habe in der letzten Wahlperiode in seiner damaligen Funktion als SPD­Finanzkoordinator die große Steuerreform verhindert und damit den Interessen des Standortes Deutschland geschadet.

Für Günter Rexrodt (F.D.P.) war der Etat der Bundesregierung gemessen an den Ankündigungen eine "Mischung aus Einfallslosigkeit und Langeweile". Zwar sei bereits auf der Ausgabenseite des rot­grünen Etats eine Menge zu kritisieren; das hauptsächliche Problem sei aber die Einnahmenseite. Die Regierung verfolge eine "völlig verfehlte Steuerpolitik". Wer für 2002 eine geringfügige Belastung ankündige, durch die Einschränkung von Steuervorteilen aber schon heute abkassiere, fördere das Wirtschaftswachstum nicht, sondern schade ihm. "Das ist Pfusch, was Sie da machen", sagte Rexrodt zur Regierung. Er wies zugleich den Vorwurf zurück, die alte Bundesregierung habe strukturelle Haushaltsdefizite hinterlassen.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Joachim Poß (SPD) verteidigte ebenso wie die Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen den Etatentwurf und den Sparkurs. Poß sprach von einer dramatischen Haushaltslage bei Bund, Ländern und Gemeinden. Die Ausgaben müßten gekürzt werden, um zunächst das strukturelle Defizit von bis zu 30 Milliarden DM zu finanzieren, das die Vorgängerregierung hinterlassen habe.

Staatsquote vermindern

Oswald Metzger (Bündnis 90/Die Grünen) wies darauf hin, daß die Koalition 95 Prozent der Haushaltsansätze der Vorlage des früheren Finanzministers Waigel übernommen habe. Es sei gelungen, die Neuverschuldung zu senken – trotz der Kosovo­Krise. Metzger sprach sich dafür aus, gemeinsam über die Konsolidierung des Haushaltes und die Verminderung der Staatsquote nachzudenken. Sparpläne seien ein "Kraftakt in der Gesellschaft". Dies müsse jedoch geschehen, um finanzielle Spielräume für die kommenden Generationen zu schaffen.

Uwe­Jens Rössel (PDS) sagte, aus dem Krieg im Kosovo ergäben sich "erhebliche Risiken für den Haushalt 1999". Er sprach sich dafür aus, die finanziellen Hilfen für Flüchtlinge deutlich aufzustocken. Weiter sprach er sich für eine Reform des Wohngeldes aus und setzte sich dafür ein, den Transrapid zu stoppen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9905/9905020
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