28. Mai
2004
Fördern und Fordern
Renate
Gradistanac im Gespräch mit Wieland Hennig,
neuer
Leiter der Agentur für Arbeit in Nagold
Die
SPD-Bundestagsabgeordnete Renate Gradistanac diskutierte beim
Besuch der Agentur für Arbeit in Nagold mit deren neuen Leiter
Wieland Hennig über die Arbeitsmarktreform sowie über
Jugendarbeitslosigkeit und die Lage auf dem Ausbildungsmarkt in den
Kreisen Calw und Freudenstadt. An dem Gespräch nahmen seitens
der Arbeitsagentur auch der stellvertretende Agenturleiter Paul
Carl und der für die Berufsberatung zuständige Teamleiter
Ortwin Arnold teil. Renate Gradistanac wurde begleitet von den
SPD-Gemeinderatskandidaten Hans Meier, Bernd Schmelzle und Hans
Müller.
Höhere
Wirkung und mehr Kundenservice bei weniger Zuschüssen -
Wieland Hennig, seit 10. Mai im Amt, hadert nicht mit den Vorgaben:
„Ich bin davon überzeugt, dass man diese Ziele erreichen
kann.“ Erste Erfolge der Reformen seien belegbar, die
Effizienz der Arbeitsmarktpolitik habe sich erhöht. Einig sind
sich Wieland Hennig und Renate Gradistanac über den Weg. Das
Konzept „Fördern und Fordern“ erachten beide als
wichtigen Bestandteil der Reform. „Die Bundesagentur“,
sagt die SPD-Politikerin, „muss den Menschen
Möglichkeiten aufzeigen. Sie muss allerdings auch verlangen
können, dass die Arbeitsuchenden daran interessiert sind, eine
Arbeit zu finden.“
Sorgen macht
die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen. Der Agenturbezirk Nagold,
so Paul Carl, habe mit die höchste Jugendarbeitslosigkeit in
Baden-Württemberg. In Nagold sei zu beobachten, dass immer
mehr arbeitslose Jüngere im Besitz einer abgeschlossenen
Ausbildung sind. Innerhalb eines Jahres ist der Anteil um 15 auf
rund 65 Prozent gestiegen. Erfreulich hingegen sei, dass in den
letzten eineinhalb Jahren generell weniger Jugendliche unter 20
Jahren von Arbeitslosigkeit betroffen seien. Gerade hier, sagt
Carl, zwinge das Prinzip „Fördern und Fordern“
Jugendliche zu ständigem Kontakt mit den Beratern. „Das
führt in der Regel zur schnelleren
Vermittlung.“
Als
„relativ günstig“ bezeichnet Ortwin Arnold die
Ausbildungsplatz-Situation im örtlichen Bezirk. Der Landkreis
Calw verzeichnet derzeit den höchsten Zuwachs an Lehrstellen
in ganz Deutschland. „Bei Jugendlichen spielt das Image der
Branche eine Rolle, es müssen ,In-Berufe' sein.“ Das
Berufsfeld des Industriemechanikers, neudeutsch Mechatroniker
genannt, ist anspruchsvoll, klingt gut und erfreut sich darum
großer Beliebtheit. Der klassische Stahlschlosser indes hat
den Geruch schwerer körperlicher Arbeit und gilt eher als
unattraktiv.
Das Vorurteil,
wonach Jugendliche „immer dümmer“ würden,
weist Arnold als falsch zurück. „Eigentlich werden
Jugendliche immer intelligenter.“ Und doch, hakte der
Nagolder SPD-Gemeinderatskandidat Hans Meier ein, „nehmen
viele Betriebe Jugendliche mit Hauptschulabschluss nicht mehr als
Lehrling. Woran liegt das?“
Es liegt auch
an der Schulstruktur: Gute Hauptschüler machen an der
kombinierten Haupt- und Werkrealschule gleich den
Realschulabschluss. Konsequenz für die Politik: „Wir
müssen den Hauptschul-Abschluss aufwerten“, sagt Renate
Gradistanac. „Die Bundesregierung hat für eine bessere
Bildungspolitik vier Milliarden Euro für die Schulen
bereitgestellt. Nun ist es an den Ländern, veraltete
Strukturen aufzubrechen.“ Nötig seien etwa eine
Neustrukturierung des Lehrplans und andere Unterrichtsformen.
„Es muss uns aber vor allem gelingen, den Jugendlichen eine
Perspektive aufzuzeigen: Jeder, der sich anstrengt, kann Erfolge
haben in seinem Beruf.“
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