Nagold, 30.
September 2003
Naturheilverfahren sollen mit der Gesundheitsreform eine
faire Chance bekommen
Gesundheitspolitisches Fachgespräch im
Freudenstädter Rathaus
„Vom
Aus für Naturarzneimittel aufgrund der Gesundheitsreform kann
nicht die Rede sein“. Zu diesem Ergebnis kamen die beiden
SPD-Bundestagsabgeordneten Marion Caspers-Merk und Renate
Gradistanac beim gesundheitspolitischen Dialog mit Ärzten aus
dem Bereich der Naturheilverfahren im Freudenstädter Rathaus.
An dem Gespräch beteiligten sich neben Oberbürgermeister
Erwin Reichert der Vorsitzende des Zentralverbandes der Ärzte
für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin (ZÄN), Dr.
Antonius Pollmann, der Chefarzt der Orthopädischen Abteilung
der Klinik Bad Rippoldsau, Dr. Christian Hogrefe sowie Prof. Dr.
Rafael Adam, Vorsitzender des Privatärztlichen Bundesverbandes
in Waldbronn.
Die Ärzte
für Naturheilverfahren fürchten um ihre Zukunft und um
die der Hersteller von Naturarzneimitteln. Der Präsident des
ZÄN, Dr. Antonius Pollmann, ergriff im Vorfeld der
Freudenstädter Kongresswoche die Gelegenheit, mit zwei
Vertreterinnen der Regierungspartei über die Gesundheitsreform
und ihre Folgen zu sprechen. Unmut erwecke vor allem die geplante
Regelung, rezeptfreie Medikamente, zu denen aufgrund ihrer
Nebenwirkungsarmut auch die Naturarzneimittel zählten, von der
Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auszunehmen,
so Dr. Pollmann. „Wenn Naturarzneimittel als nicht
verschreibungspflichtige Medikamente nicht mehr von der Kasse,
sondern von den Patientinnen und Patienten selbst bezahlt werden
müssen, dann wird dies schwerwiegende Auswirkungen haben,
befürchtete der Verbandspräsident.
Ein Argument,
das Marion Caspers-Merk, Parlamentarische Staatssekretärin im
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, so
nicht nachvollziehen konnte. Die Gesundheitspolitikerin, die einer
Einladung ihrer Fraktionskollegin Renate Gradistanac folgte,
betonte, dass nicht nur Naturarzneimittel, sondern sämtliche
apothekenpflichtige, aber nicht verschreibungspflichtige
Arzneimittel künftig nicht mehr von den Kassen bezahlt werden
würden. „Bereits heute werden zwei Drittel aller
über den Apothekentisch verkauften Arzneimittel selbst
bezahlt“. Nach Untersuchungen des
Bundesgesundheitsministeriums lägen zudem viele
Naturarzneimittel unterhalb der neuen Zuzahlungsbeträge.
Marion Caspers-Merk hob hervor, dass nicht verschreibungspflichtige
Arzneimittel, die Standard-Therapie bei bestimmten schwerwiegenden
Erkrankungen seien, weiterhin erstattet werden würden. Bei
Kindern bis zum 12. Lebensjahr sowie Jugendlichen mit
Entwicklungsstörungen seien nicht verschreibungspflichtige
Medikamente weiterhin verordnungs- und somit
erstattungsfähig.
Renate
Gradistanac, stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für
Gesundheit und Soziale Sicherung, bemerkte, dass mit der
Gesundheitsreform die Eigenverantwortung des Einzelnen
gestärkt werden solle. Mit dem Wegfall der Preisbindung
für nicht verschreibungspflichtige Medikamente werde der
Wettbewerb angekurbelt. „Die Naturarzneimittel sollen eine
faire Chance haben. Die Gesundheitsreform wird ein
vernünftiges Miteinander von Schulmedizin und
Naturheilverfahren befördern“.
Bildunterschrift:
Im Gespräch mit Marion Caspers-Merk, Parlamentarische
Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit und
Soziale Sicherung (zweite von rechts) und der
SPD-Bundestagsabgeordneten Renate Gradistanac (rechts) Dr. Antonius
Pollmann, Präsident des Zentralverbands der Ärzte
für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin sowie
Oberbürgermeister Erwin Reichert..
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