Hartz
IV
Grundsicherung
für Arbeitsuchende - Fördern und Fordern - Hilfe zur
Selbsthilfe
Was ist
Hartz IV?
Hartz IV steht
für das Vierte Gesetz für Moderne Dienstleistungen am
Arbeitsplatz. Hartz IV führt die Arbeitslosenhilfe und die
Sozialhilfe zu einer neuen Dienstleistung - der Grundsicherung
für Arbeitsuchende - zusammen. Wie die Arbeitslosenhilfe und
die Sozialhilfe wird das neue Arbeitslosengeld II aus Steuern
finanziert und nicht aus den Beiträgen zur
Arbeitslosenversicherung, es ist also eine Fürsorge- und keine
Versicherungsleistung. Das zentrale Ziel von Hartz IV ist die
Vermittlung in Arbeit und Qualifizierung.
Warum diese
Arbeitsmarktreform?
Die
Hartz-Gesetze sind eingebettet in eine
beschäftigungspolitische Gesamtstrategie. Sie wirken zusammen
mit den anderen Reformvorhaben der Agenda 2010. Hartz I und Hartz
II stellen die schnellere und bessere Arbeitsvermittlung in den
Mittelpunkt. Sie zielen auf die Schaffung neuer
Beschäftigungsmöglichkeiten. Kernpunkte sind die
Personal-Service-Agenturen, die Minijobs und die Ich-AGs. Die
Gesetze regeln das Verhalten der Betroffenen bei Arbeitslosigkeit
und den Zugang zu Fort- und Qualifikationsmöglichkeiten. Das
Hartz III-Gesetz beinhaltet die Umgestaltung der Bundesagentur
für Arbeit und der Agenturen für Arbeit zu modernen
Dienstleistungseinrichtungen. Hartz IV ist der letzte Baustein der
umfassenden Reform der Arbeitsmarktpolitik.
Die alte
Doppelstruktur ist zu bürokratisch, teuer und
kontraproduktiv: Bislang kümmern sich Arbeitsagentur und
Sozialamt oft parallel um dieselbe Person: Ein Arbeitsloser, dem
die Arbeitslosenhilfe nicht ausreicht, bekommt zusätzlich vom
Sozialamt Sozialhilfe. Ein Arbeitsloser ohne Anspruch auf
Arbeitslosengeld oder -hilfe bekommt vom Sozialamt Sozialhilfe und
Hilfe zur Arbeit. Umgekehrt haben arbeitsfähige
Sozialhilfeempfänger bislang keinen Anspruch auf die
Arbeitsförderungsleistungen der Arbeitsagenturen wie zum
Beispiel ABM-Stellen. Diese Doppelstruktur ist zu
bürokratisch, teuer und kontraproduktiv - sie behindert
teilweise die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den
Arbeitsmarkt.
2003 zahlte
der Bund 16,5 Milliarden Euro Arbeitslosenhilfe, die Kommunen 9,5
Milliarden Sozialhilfe für erwerbsfähige
Hilfsbedürftige. Durchschnittlich 26 Monate lang musste
Arbeitslosenhilfe gezahlt werden, Sozialhilfe im Schnitt 28 Monate
lang. Je länger die Betroffenen ausgeschlossen sind vom
Arbeitsmarkt, desto schwieriger wird die
Wiedereingliederung.
Was
ändert sich im Kern durch die Reform?
Staatliche
Unterstützung per Arbeitslosenhilfe, also: Geld aus der
Steuerkasse, konnte bislang theoretisch unbegrenzt lange bezogen
werden. Künftig wird das Arbeitslosengeld II gezahlt, wenn der
Antragsteller über kein oder nur ein geringes anderes
Einkommen oder Vermögen verfügt. Die anderen
Haushaltsmitglieder zählen bei der Berechnung mit.
Arbeitssuchende werden besser betreut und in Arbeit vermittelt,
müssen aber auch aktiv mitwirken. Dieses Prinzip des
„Fördern und Fordern“ bedeutet: Wer
erwerbsfähig ist, wird vom Staat dabei unterstützt, aus
eigener Kraft wieder in Lohn und Arbeit zu kommen. Es bedeutet aber
auch: Nur wer wirklich bedürftig ist, erhält
Unterstützung aus Mitteln der Allgemeinheit.
Was
verbessert sich durch die Reform?
Raus aus
der Arbeitslosigkeit: Wichtigstes Ziel der Arbeitsmarktreform
ist es, Arbeitslose so schnell wie möglich zu
vermitteln.
Weniger
Bürokratie: Bürokratisch und wenig
bürgerfreundlich war das bisherige Nebeneinander von
Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Anträge mussten doppelt
gestellt, das Einkommen zweimal geprüft werden.
Ziel der
Reform ist eine höhere Effizienz:
- schnelle,
passgenaue Vermittlung in Arbeit und Qualifikation
- einheitlicher
Zugang zu Beratung, Vermittlung und
Förderleistungen
- Vorrang der
aktiven Eingliederungsleistung wie Beratung, Vermittlung und
Weiterbildung vor der passiven Transfer-, d.h.
Geldleistung
Was ist ein
Jobcenter?
Ein Jobcenter
ist eine einheitliche Anlaufstelle für Arbeitslose und
Arbeitsuchende. Ein Jobcenter ist das Kundenservicezentrum des
Arbeitsmarkts. Jeder/jede Ratsuchende, egal ob Empfänger/in
von Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II oder ganz ohne
Leistungen, findet hier eine/n Ansprechpartner/in. Das Jobcenter
vereint die Agentur für Arbeit, Jugendamt, Wohnungsamt, die
Sucht- und Drogenberatung, die Schuldnerberatung und weitere
Sozialdienste.
Alles aus
einer Hand: Alle erwerbsfähigen Arbeitsuchenden haben den
gleichen Anspruch auf Förderung, egal, ob sie bislang
Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe bezogen haben. Ihnen steht im
Jobcenter das komplette Paket zur Verfügung: ABM-Stellen,
Qualifizierung und Weiterbildung, aber auch Unterstützung bei
der Kinderbetreuung. Wer Arbeit findet, kann zum Arbeitslosengeld
II ein Einstiegsgeld beantragen.
Was wird
getan, dass ich Arbeit bekomme?
Bessere
Vermittlung: Im neuen Jobcenter konzentriert sich künftig
ein so genannter Fallmanager gezielt auf die jeweiligen
Arbeitsuchenden. Individuelle Betreuung war bislang kaum
möglich. Bei Arbeitssuchenden unter 25 Jahren ist künftig
ein Fallmanager maximal für 75 Kunden zuständig;
mittelfristig soll auch bei allen anderen Arbeitsuchenden dieser
Wert erreicht werden. Früher war ein Arbeitsvermittler
für 700 Arbeitslose zuständig, inzwischen wurde das
Verhältnis auf 1:360 gesenkt.
Rechtsanspruch: Arbeit suchende Jugendliche unter 25
Jahren haben mit der Antragsstellung einen Rechtsanspruch auf
Beschäftigung, Ausbildung und Qualifizierung.
Einstiegsgeld: Bei Aufnahme einer neuen Arbeit
können Empfänger/innen von Arbeitslosengeld II einen
Lohnzuschuss bekommen. Die Leistung können erwerbsfähige
Hilfsbedürftige erhalten, wenn sie eine Arbeit annehmen, deren
Bezahlung zur Deckung des Lebensunterhalts nicht ausreicht. Der
Fallmanager kennt die Situation des Arbeitsuchenden und kann, wenn
er es für zweckmäßig hält, ein Einstiegsgeld
in Form eines flexiblen Zuschusses bewilligen.
Muss ich
jeden Job annehmen?
Nein. Arbeit
ist nicht zumutbar
- wenn der
Hilfebedürftige dazu geistig, seelisch und körperlich
nicht in der Lage ist,
- die Arbeit
dem Hilfebedürftigen die künftige Ausübung seiner
bisherigen überwiegenden Tätigkeit wesentlich erschweren
würde, weil die bisherige Tätigkeit besondere
körperliche Anforderungen stellt,
- die Arbeit
die Erziehung eines Kindes oder des Kindes seines Partners
gefährden würde. Die Erziehung eines Kindes, das das
dritte Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht
gefährdet, soweit seine Betreuung in einer Tageseinrichtung
oder in Tagespflege oder auf sonstige Weise sichergestellt
ist,
- die Arbeit
mit der Pflege eines Angehörigen nicht vereinbar wäre und
die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden
kann,
- der
Ausübung der Arbeit ein sonstiger wichtiger Grund
entgegensteht,
Arbeit muss auch
dann nicht angenommen werden, wenn sie sittenwidrig oder illegal
ist. Sittenwidrig ist eine Arbeit dann, wenn der Lohn 30 Prozent
unter dem Tariflohn liegt.
Was
passiert, wenn ich eine zumutbare Arbeit ablehne?
Das
Arbeitslosengeld II wird in einer ersten Stufe um 30 Prozent
gekürzt, wenn der erwerbsfähige Hilfsbedürftige sich
weigert, eine vom Arbeitsvermittler angebotene
Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, die in der
Vereinbarung festgelegten Pflichten zu erfüllen oder es an
eigenem Bemühen fehlen lässt; es wird gekürzt, wenn
der Klient/die Klientin eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder
Arbeitsgelegenheit ablehnt oder eine zumutbare Qualifizierung
abbricht.
Wie hoch
ist das Arbeitslosengeld II / Sozialgeld (West)?
Anspruch auf
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben alle
erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen zwischen 15 und 65
Jahren. Als erwerbsfähig gilt, wer mindestens drei Stunden
täglich erwerbstätig sein kann. Anspruchberechtigt sind
auch die Angehörigen, die mit dem Hilfsbedürftigen in
einer Bedarfsgemeinschaft leben.
Erwerbsfähige Hilfsbedürftige bekommen künftig
Arbeitslosengeld II. Hilfsbedürftig ist, wer sich und/oder
seine Familie nicht selbst versorgen kann. Das Arbeitslosengeld II
wird weitgehend pauschal ausbezahlt: 345 Euro (West) für
Alleinstehende oder Alleinerziehende. Sind beide Partner (beide
älter als 18 Jahre) arbeitslos, so erhält jeder 311 Euro
(jeweils 90 Prozent der Regelleistung).
Nicht
erwerbsfähige Angehörige einer Bedarfgemeinschaft
erhalten Sozialgeld. Es handelt sich vor allem um Kinder, die mit
dem/der Leistungsempfänger/in im gemeinsamen Haushalt leben.
Das Sozialgeld orientiert sich an der Höhe des
Arbeitslosengeldes II. Bis zum 14. Lebensjahr beträgt das
Sozialgeld 207 Euro (60 Prozent), ab dem 15. Lebensjahr 276 Euro
(80 Prozent der Regelleistung).
Muss ich
künftig mit 345 Euro im Monat auskommen?
Nein. Der
Staat übernimmt die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und
Rentenversicherung, außerdem übernimmt er die Kosten
für Miete und Heizung. Schwangere, Alleinerziehende oder
Behinderte bekommen Zuschläge. Das ist eine deutliche
Verbesserung gegenüber der bisherigen Regelung. Zudem kann das
Arbeitslosengeld II durch eigene Arbeit aufgestockt
werden.
Erstmals
bekommen erwerbsfähige Hilfsbedürftige, die früher
Sozialhilfe bezogen haben, eine eigene Absicherung für das
Alter und eine generelle Pflichtversicherung in der gesetzlichen
Kranken- und Pflegeversicherung. Nicht erwerbsfähige
Angehörige sind über die Familienversicherung kranken-
und pflegeversichert.
Muss ich
mein Vermögen aufbrauchen, bevor ich Arbeitslosengeld II
bekomme?
Nein. Der
Grundfreibetrag des Hilfsbedürftigen und seines Partners
beträgt pro Lebensjahr 200 Euro, mindestens je 4.100 Euro,
höchstens je 13.000 Euro, komplett also 26.000 Euro. Die
Freibeträge bei der Vermögens- und Einkommensanrechnung
sind deutlich höher als im Sozialhilferecht.
- Weitere 200
Euro pro Lebensjahr können für die Altersvorsorge
zurückgelegt werden (Höchstgrenze 13.000 Euro je
Partner). Eine Auszahlung vor der Rente muss ausgeschlossen
sein.
- Die
„Riester-Rente“ genannte staatlich geförderte
Altersvorsorge bleibt vollständig anrechnungsfrei.
- Für
notwendige Anschaffungen pro Hilfsbedürftigem gelten 750 Euro
Freibetrag.
- Nicht zum
Vermögen gehört ein angemessener Hausrat.
- Nein, auch
das Auto muss nicht verkauft werden, auch wenn der Partner/die
Partnerin ein Auto hat, dürfen beide behalten werden. Das Auto
muss aber der Situation „angemessen“ sein.
- Nein, auch
selbst genutztes Wohneigentum in angemessener Größe muss
nicht verkauft werden.
- Sachen und
Rechte, deren Verkauf unwirtschaftlich wäre, werden nicht
angetastet.
Höhere
Freibeträge für Ältere: Der
Vermögensgrundfreibetrag für Ältere, die bis zum 1.
Januar 1948 geboren sind, beträgt 520 Euro je Lebensjahr des
erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen und seines Partners,
mindestens aber 4.100 Euro und höchstens jeweils 33.800
Euro.
Konkret
bedeutet dies: Eine Familie (Ehepartner jeweils 48 Jahre alt,
zwei Kinder, 14 und 12 Jahre) kann künftig ein Vermögen
(zuzüglich Riesterrente, Wohneigentum, Hausrat und Auto) in
Höhe von 48.100 Euro besitzen - und dies bei vollem Anspruch
auf Arbeitslosengeld II.
Muss ich
meine Lebensversicherung verkaufen,
bevor ich
Arbeitslosengeld II bekomme?
Liegt der
Rückkaufswert der Lebensversicherung mehr als zehn Prozent
unter der Summe der eingezahlten Beträge, ist ein
Rückkauf unwirtschaftlich, also wird die Versicherung nicht
angetastet. Wird der Versicherungserlös erst im Ruhestand
fällig, gilt ein Freibetrag von 13.000 Euro pro
hilfsbedürftiger Person.
Wird das
Einkommen meines Partners angerechnet?
Ja.
Arbeitslosengeld II und Sozialgeld werden über Steuern
finanziert. Darum muss das Einkommen des Partners angerechnet
werden. Diese Anrechnung orientiert sich am bisherigen
Sozialhilferecht. Abzusetzen sind Steuern, Sozialversicherungs- und
Versicherungsbeiträge. Außerdem können abgesetzt
werden: bei einem Bruttolohn bis zu 400 Euro 15 Prozent; 30 Prozent
für den Teil des Betrags zwischen 400 und 900 Euro und 15
Prozent für den Betrag zwischen 900 und 1500 Euro. Das
restliche Netto-Einkommen wird mit dem Bedarf
verrechnet.
Wird das
Kindergeld als Einkommen angerechnet?
Kindergeld
wird als Einkommen des Kindes angerechnet. Weil aber das Sozialgeld
immer höher ist als das Kindergeld (für unter
14-Jährige 60 Prozent der Regelleistung, also derzeit 207
Euro) ergibt sich daraus eine Verbesserung der bisherigen
Arbeitslosenhilfe.
Muss ich
die Sparbücher meiner Kinder plündern?
Natürlich
nicht. 4.100 Euro von Geburt an stehen jedem minderjährigen
Kind zu. Anders ausgedrückt: 4.100 Euro bleiben auf dem
Kindersparbuch unangetastet. Dieses Vermögen ist
geschützt und kann als Sparbetrag angelegt werden. Damit
bleiben im Regelfall auch Ausbildungsversicherungen geschützt.
Nur Vermögen oberhalb dieses Freibetrages wird auf die
Leistungen für das Kind angerechnet, nicht jedoch auf die
Leistungen für die Eltern. Kinder werden keinesfalls zum
Unterhalt für die Eltern herangezogen. Hinzu kommt der
Freibetrag für besondere Anschaffungen in Höhe von 750
Euro.
Sind Eltern
und Kinder gegenseitig unterhaltspflichtig?
Nein. Eltern
und volljährige Kinder müssen nicht gegenseitig
füreinander aufkommen, sofern sie nicht in einer
Hausgemeinschaft leben. Ausnahme: Für Kinder unter 25 Jahren,
die noch in der Ausbildung sind, müssen die Eltern
aufkommen.
Was ist
eine Bedarfsgemeinschaft?
Zu einer
Bedarfsgemeinschaft gehören
- die
erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen,
- die im
Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil
eines minderjährigen, unverheirateten erwerbsfähigen
Kindes und der im Haushalt lebende Partner dieses
Elternteils,
- der nicht
dauernd getrennt lebende Ehegatte,
- die Person,
die mit dem Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft
lebt,
- der nicht
dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
- die dem
Haushalt angehörigen unverheirateten minderjährigen
Kinder des erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen oder seines
Partners, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten
können.
Einkommen und
Vermögen von Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft sind bei
der Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit zu
berücksichtigen. Leben Hilfsbedürftige mit Verwandten
oder Verschwägerten in einer Haushaltsgemeinschaft, so geht
die Arbeitsagentur davon aus, dass diese die notwendigen Leistungen
für den Hilfebedürftigen aufbringen. Das Gegenteil kann
aber nachgewiesen werden.
Wer bekommt
den Kinderzuschlag?
Ein
Kinderzuschlag wird an Eltern bezahlt, deren Arbeitseinkommen zwar
das eigene Auskommen sichert, aber für das der Kinder nicht
reicht. Der Zuschlag wird mit dem Kindergeld ausbezahlt. Der
Zuschlag verhindert, dass erwerbstätige Eltern allein wegen
des Unterhalts für ihre Kinder Sozialhilfe beantragen
müssen. Kinderzuschlag gibt es maximal in Höhe von 140
Euro pro Kind für längstens 36 Monate.
Beispiel:
Ehepaar mit zwei Kindern, Warmmiete 521 Euro monatlich. Ein
Anspruch auf den Kinderzuschlag besteht bei einem um Steuern,
Sozialabgaben und dem Erwerbstätigenfreibetrag bereinigten
Nettoeinkommen von 993 bis 1.273 Euro im Monat. Ein solches
Einkommen kann mit einem Midi- und einem Minijob erreicht werden.
Bei einem Nettoeinkommen von 993 Euro werden zwei volle
Kinderzuschläge von 280 Euro bezahlt, bei 1.273 sind es noch
91 Euro. Das Wohngeld kann 120 bis 150 Euro betragen.
Profitieren
gering verdienende Familien und Alleinerziehende?
Familien mit
schwachem Einkommen und Alleinerziehende haben durch die Reform
nicht weniger, sondern mehr Geld zur Verfügung. Denn im
Unterschied zur Arbeitslosenhilfe orientiert sich das
Arbeitslosengeld II nicht am letzten Lohneinkommen, sondern an der
Bedürftigkeit. Bis in die mittlere Lohngruppe hinein ist das
neue Arbeitslosengeld II höher als die bisherige
Arbeitslosenhilfe. Vor allem Alleinerziehende, die derzeit
Sozialhilfe und künftig das Arbeitslosengeld II beziehen,
werden profitieren. Sie sind künftig sozialversichert. Das
gilt besonders für Menschen aus schlecht bezahlten Berufen,
zum Beispiel Krankenschwestern, Friseure oder Verkäuferinnen.
Alleinerziehende bekommen nicht nur eine Beschäftigung
vermittelt sondern - bei Bedarf - auch einen Betreuungsplatz
für das Kind.
Darf ich
zum Arbeitslosengeld II hinzuverdienen?
Ja. Die
Freibeträge werden deutlich erhöht. Bei einem Bruttolohn
von bis zu 400 Euro bleiben 15 Prozent anrechnungsfrei,
zusätzlich 30 Prozent des Betrags zwischen 400 und 900 Euro
und zusätzlich 15 Prozent des Betrags zwischen 900 und 1.500
Euro. Umgekehrt können Erwerbstätige mit sehr geringem
Einkommen Arbeitslosengeld II beantragen. Im Gesetz steht nicht,
dass nur Arbeitslose Arbeitslosengeld II bekommen, sondern alle,
die ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigener
Kraft finanzieren können.
Was sind
Zusatzjobs, die so genannten Ein-Euro-Jobs?
Die so
genannten Ein- oder Zwei-Euro-Jobs sind zeitlich begrenzte
Arbeitsgelegenheiten oder Zusatzjobs. Die Zusatzjobs sollen helfen,
Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt wieder
einzugliedern. Langzeitarbeitslose verdienen zum Arbeitslosengeld
II hinzu und können je nach Stundenzahl und Bedürftigkeit
zwischen 850 und 1.000 Euro monatlich verdienen (Kosten für
Unterkunft und Heizung plus Regelleistung von 345 Euro plus
eventuell einen befristeten Zuschlag plus Mehraufwand).
Kommunen und
gemeinnützige Träger richten solche Zusatzjobs ein. Der
Zusatzjob muss tatsächlich zusätzlich sein und sich am
Gemeinwohl orientieren (Beispiel: soziale Betreuungsarbeiten in der
Altenpflege und bei der Kinderbetreuung). Er ist
gemeinwohlorientiert, wenn er der Gesellschaft zugute kommt und
zusätzlich, wenn er ergänzend zu den Aufgaben erbracht
wird, die etwa Altenpflegekräfte und Erzieherinnen
üblicherweise leisten.
Droht nach
einem Jahr Arbeitslosengeld
der Absturz
auf Sozialhilfeniveau?
Nein.
Arbeitslose mit Anspruch auf Arbeitslosengeld aus der
Arbeitslosenversicherung erhalten nach Ende des
Arbeitslosengeldbezugs einen befristeten Zuschlag auf das
Arbeitslosengeld II. Der Zuschlag federt den Übergang auf das
niedrigere Niveau ab.
Wie viel
Zuschlag? Der Zuschlag ist auf zwei Jahre begrenzt und
beträgt höchstens 160 Euro monatlich, bei Partnern
höchstens 320 Euro, pro minderjährigem Kind das mit dem
Zuschlagsberechtigten zusammenlebt 60 Euro. Nach einem Jahr wird
der Zuschlag halbiert. Fällt der Zuschlag weg, steht der
Arbeitsuchende dennoch besser da als mit der bisherigen
Sozialhilfe: Der Staat bezahlt die
Sozialversicherungsbeiträge, außerdem sind die
Freibeträge bei der Anrechnung von Vermögen und bei
Erwerbstätigkeit deutlich höher als bisher.
Zuschlag ab
sofort: Wer bis Ende 2003 Arbeitslosengeld bezogen hat und 2004
Arbeitslosenhilfe, erhält am 1. Januar 2005 ein Jahr lang den
halbierten Zuschlag auf das Arbeitslosengeld II.
Bekomme ich
zum 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld II ausbezahlt?
Ja. Durch die
Umstellung der Arbeitslosenhilfe auf Arbeitslosengeld II kommt es
zum 1. Januar 2005 zu keiner Versorgungslücke. Wer im Januar
kein Einkommen erzielt und die Voraussetzungen für den Bezug
von Arbeitslosengeld II erfüllt, bekommt Anfang Januar
Arbeitslosengeld II. Unerheblich ist, ob und wann im Dezember
Arbeitslose Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe erhalten haben.
Nimmt der Bezieher des Arbeitslosengeldes II eine Arbeit auf,
bekommt er für den laufenden Monat noch Geld, aber als
Darlehen.
Stehe ich
mit dem Arbeitslosengeld II schlechter da
als mit
Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe?
Nein.
Rechenbeispiel Alleinlebende/r, Miete und Heizung 317 Euro,
Bruttoeinkommen 1500 Euro (West)
Arbeitslosengeld II: |
345
Euro |
Unterkunft,
Heizung: |
317
Euro |
Befristeter
Zuschlag im ersten Jahr: |
31
Euro |
Befristeter
Zuschlag im zweiten Jahr: |
16
Euro |
|
|
Haushaltseinkommen |
|
im ersten
Jahr |
693
Euro |
im zweiten
Jahr |
678
Euro |
ab dem
dritten Jahr |
662
Euro |
Zum
Vergleich: bisherige Arbeitslosenhilfe und Wohngeld nach alter
Regelung: 659 Euro
Rechenbeispiel (Ehe-)Paar, 2 Kinder (4 und 12 Jahre), Miete
und Heizung 538 Euro, früheres Bruttoeinkommen 3000 Euro
(West)
Arbeitslosengeld II, Erwachsener |
311
Euro |
Zusätzlich anzurechnendes Einkommen |
|
Arbeitslosengeld II, Erwachsener |
311
Euro |
Kindergeld |
308
Euro |
Arbeitslosengeld II, Kind |
207
Euro |
Berechnung
Zuschläge |
|
Arbeitslosengeld II, Kind |
207
Euro |
Zuschlag im
ersten Jahr |
165
Euro |
Unterkunft,
Heizung |
538
Euro |
Zuschlag im
zweiten Jahr |
83
Euro |
Haushaltseinkommen (Arbeitslosengeld II +
Kindergeld)
im ersten
Jahr |
1.739
Euro |
im zweiten
Jahr |
1.657
Euro |
ab dem
dritten Jahr |
1.574
Euro |
Zum
Vergleich: bisherige Arbeitslosenhilfe, Wohngeld und
Kindergeld: 1.670,51 Euro
Was bringt
die Reform den Kommunen?
Sie sparen
viel Geld: Gewinner der Reform sind die Städte und
Gemeinden. Der Bund entlastet die Kommunen durch die
Arbeitsmarktreform jährlich um insgesamt 2,5 Milliarden Euro.
Das Land Baden-Württemberg wird 2005 strukturell um 160
Millionen Euro entlastet. Die Wohngeldreform entlastet die
Länder um jährlich 2 Milliarden Euro, und 200 Millionen
Euro für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt übernimmt
ebenfalls der Bund.
Sie sparen
auch bei der Unterkunft: Durch die Einführung von
Arbeitslosengeld II müssen die Kommunen künftig nicht
mehr die Kosten für erwerbsfähige
Sozialhilfeempfänger (sie machen 90 Prozent der
Sozialhilfe-Empfänger aus) übernehmen. Außerdem
übernimmt der Bund 29,1 Prozent der Kosten der Unterkunft
(aktuell geschätzte 3,2 Milliarden Euro pro Jahr); diese Zahl
ist variabel und wird über eine Revisionsklausel im Laufe von
2005 zeitnah an die tatsächlich entstandenen Kosten
angepasst.
Es wird
Geld frei für die Kinderbetreuung: Das bei der Sozialhilfe
gesparte Geld sollen die Kommunen anteilig in
Betreuungseinrichtungen für Kinder von 0 bis 3 Jahre
investieren.
Baden-Württemberg schuldet den Kommunen weitere 125
Millionen: Zusätzlich zur Entlastung von 160 Millionen
Euro müssen die Städte und Gemeinden in
Baden-Württemberg weitere 125 Millionen Euro pro Jahr vom Land
einfordern. 125 Millionen spart das Land künftig an Wohngeld.
Die Landesregierung ist bislang nicht bereit, diese 125 Millionen
weiterzuleiten. Es ist auch Aufgabe der Kommunen, die
Landesregierung in diesem Punkt öffentlich in die Pflicht zu
nehmen.
Warum
genieren sich CDU/CSU nicht für ihre
Scheinheiligkeit?
CDU/CSU-Forderungen:
- Arbeitslosengeld im ersten Monat streichen!
- Sozialhilfe
für alle, deren Bezug von Arbeitslosengeld abgelaufen
ist!
- Absolute
Arbeitsverpflichtung!
- Absolute
Zumutbarkeit von Arbeit!
- Niedrigere
Freibeträge für die Sparbücher der
Kinder!
- Keine
Mehraufwandsentschädigung mehr (wie bisher bei der
Sozialhilfe)!
- Ein Drittel
weniger Geld für Langzeitarbeitslose als
beschlossen!
- Zuschläge zum Arbeitslosengeld II nur ein Jahr anstatt
zwei!
- Volle
Anrechung des Zuverdienstes für Jobs bis 400 Euro!
- Keine
Sozialversicherung für Arbeitslose!
- Keine
verbindliche Regelung bei der Eingliederung von
Langzeitarbeitslosen!
Die Union
kritisiert heute Regelungen bei der Arbeitsmarktreform, die sie im
Vermittlungssausschuss einst mit beschlossen hat - und die sie,
wäre sie an der Regierung, wesentlich schärfer formuliert
hätte.
CDU/CSU
wollten kein Arbeitslosengeld II. Die Union fordert in einem von
ihr vorgelegten „Existenzgrundlagengesetz“ faktisch die
Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Langzeitarbeitslose wären
generell auf Sozialhilfeniveau abgerutscht.
Die
Leistungskürzung steht im Mittelpunkt des Unions-Konzeptes,
das auf dem aus den USA importierten „Wisconsin-Modell“
basiert. Dahinter steht die Annahme, dass sich die Menschen schon
einen Job suchen würden wie auch immer die Bedingungen sein
mögen. Die Union hält trotz des im Vermittlungsausschuss
vereinbarten Kompromisses an ihren Maximalforderungen fest, alles
andere sind Einzelmeinungen.
Redaktionelle Anmerkung: Hartz IV ist als Gesetz
beschlossen, die Umsetzung zum 1. Januar 2005 geplant. Diese
Übersicht entspricht dem Informationsstand im September 2004.
Die noch offenen Feinabstimmungen werden ggf. in einer
Aktualisierung ergänzt.
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