8. Dezember
2004
Was
echte Frauen wollen
Renate
Gradistanac sprach im Bundestag über
Gleichberechtigung
Wie weit ist
es mit der Gleichberechtigung her, wenn in der Diskussion um
politische Spitzenämter Annette Schavan unterstellt wird, sie
sei eine Lesbe und Angela Merkel immer wieder auf ihr Aussehen
angesprochen wird? Renate Gradistanac (SPD) sprach vorige Woche im
Bundestag zum Thema.
Anlass der
Debatte im Deutschen Bundestag war die mit der Grundgesetzreform
von vor zehn Jahren verbundene Erweiterung von Artikel 3 Absatz 2
um den Satz: „Der Staat fördert die tatsächliche
Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und
wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Vor
neun Jahren schrieb eine Frau in einem Leserbrief im
„Schwarzwälder Boten“: „Ich bin Gegnerin der
Gleichberechtigung. Eine echte Frau will geliebt werden, und
welcher Mann kann eine Frau lieben, die Gleichberechtigung
verlangt?“
Soviel
Weltfremdheit fand und findet sich unter Politikerinnen der im
Bundestag vertretenen Parteien nicht. Jedoch: „Bei aller so
genannten Frauensolidarität gibt es auch Trennendes“,
konstatierte die SPD-Bundestagsabgeordnete Renate Gradistanac und
verwies auf einen CDU-Antrag zum Thema, der das Thema Gewalt gegen
Frauen völlig ignoriere. „Das Spektrum der Gewalt gegen
Frauen ist breit. Es reicht von Übergriffen im Berufsleben und
Belästigungen auf der Straße über vielfältige
Formen der Missachtung, der Misshandlung und der sexuellen
Ausbeutung bis hin zu Vergewaltigung und Tötung. Wenn in
Stuttgart die Polizei wegen Gewalttaten alarmiert wird, ist der
Tatort in drei von vier Fällen im häuslichen
Bereich.“
Hier, so
Renate Gradistanac, zeige das von der SPD-geführten
Bundesregierung erlassene Gewaltschutzgesetz Wirkung: „Wer
schlägt, fliegt raus, wird aus der Wohnung verwiesen! In den
vergangenen vier Jahren hat die Polizei im Kreis Freudenstadt 49
Platzverweise ausgesprochen. In fast allen 49 Fällen
hörte die Gewalt auf.“
Dank des
Gewaltschutzgesetzes können Frauen entscheiden, ob sie ihrer
Wohnung bleiben oder ins Frauenhaus gehen. Aber was nützt ein
Gesetz, wenn die Frauenhäuser von der Schließung bedroht
sind, weil die Kommunen die Mittel kürzen?
„10
Jahre neues Grundgesetz - Zeit für Taten“, das ist die
Losung 2004. Renate Gradistanac zog nach sechs Jahren Rot-Grün
eine positive Bilanz: Die Rechte der Frauen seien gestärkt
worden, etwa durch das Programm Frau und Beruf, durch den
Aktionsplan zum Schutz von Kindern und Jugendlicher vor sexueller
Gewalt und Ausbeutung und den Aktionsplan zur Bekämpfung von
Gewalt gegen Frauen. Gerade bei Beratungs- und Hilfsangeboten vor
Ort bedürfe es noch „gewaltiger
Anstrengungen“.
Bildunterschrift:
Zeit für Taten. Renate Gradistanac bei ihrer Rede im Deutschen
Bundestag.
|