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Renate Gradistanac
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Rede im Deutschen Bundestag am 20. Januar 2000

zum Thema:

„Zweiter Bericht der Bundesregierung über den Anteil von Frauen in wesentlichen Gremien im Einflussbereich des Bundes“

Sehr verehrte Frau Präsidentin,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

Ich freue mich sehr, dass wir in der ersten Woche des Neuen Jahres 2000 über das Thema Frauenpolitik debattieren.

Die Gleichstellung von Frauen und Männern und die gleichberechtigte Teilhabe am politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben ist eine lohnende Aufgabe für unsere Gesellschaft, der wir uns mit großer Freude und Kraft widmen.

Dazu gehört, dass es zur Selbstverständlichkeit wird, dass Frauen, ihrem Anteil in der Bevölkerung entsprechend, in allen Entscheidungs- und Beratungsgremien mitwirken: im Gemeinderat, in Landesparlamenten, in Vereinen, in Sachverständigenkommissionen und in Handwerkskammern.

Nur so lässt sich verhindern, dass wie unlängst geschehen, meine Kollegin und ich mit „Meine sehr verehrten Herren aus dem Bundestag und Landtag“ begrüßt wurden. Auf meinen Einwand hin, es gäbe auch Frauen im Bundestag und Landtag, wurde mir keck erwidert: „Frauen sind mitgemeint“.

Oder: Das Zitat des Tages vom 17. Januar 2000 aus der Berliner Morgenpost: Da war zu lesen: “Eine Frau wie ein Mann“, so der schleswig-holsteinische CDU-Landesgeschäftsführer auf einer Wahlkampfveranstaltung zur Begrüßung von CDU-Generalsekretärin Angela Merkel.

Kann es sein, dass es sich immer noch nicht überall herumgesprochen hat, dass es intelligente, kompetente, hoch qualifizierte, belastbare Frauen gibt, für die der Maßstab nicht der Mann ist, an dem sie sich messen lassen wollen?

Frauen wollen gleichberechtigt und gleichgestellt leben und arbeiten!

Durch Gesetze, wie das Bundesgremienbesetzungsgesetz, wollen wir strukturelle Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen abbauen. Das war und ist auch nötig

So wies der 1. Bericht der Bundesregierung 1991 über den Anteil von Frauen in wesentlichen Gremien im Einflussbereich des Bundes, für rund 500 Gremien, einen Frauenanteil von 7,2% aus. Damals war in über das Hälfte der Gremien keine einzige Frau tätig.

Um diesen untragbaren Zustand zu verbessern verabschiedete der Gesetzgeber 1994 im Rahmen des zweiten Gleichberechtigungsgesetzes das Bundesgremienbesetzungsgesetz.

Seither soll die Bundesregierung in jeder Legislaturperiode dem Deutschen Bundestag einen Bericht über den Anteil von Frauen in den wesentlichen Gremien im Bereich des Bundes, sowie über die Entsendung von Frauen - durch den Bund - in wesentliche Gremien außerhalb des Bereich des Bundes vorlegen.

Im zweiten Bericht, den die alte Bundesregierung im Mai 1998 vorgelegt hat, ist ein Anstieg des Frauenanteils von 7,2% auf 12,2% ausgewiesen. Statt der Hälfte (53,2%) sind jetzt fast ein Drittel (28,7%) der Gremien ohne Frauen. In weniger als fünf Prozent haben Frauen die Hälfte der Sitze inne.

Dies ist ein völlig unbefriedigendes Ergebnis und entspricht in keiner Weise dem Artikel 3 Abs. 2 unserer Grundgesetzes. Wie heißt es da so schön: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“.

In unserem Ausschuss waren wir uns alle einig, dass man mit dem erreichten Frauenanteil nicht zufrieden sein kann und weitere Anstrengungen nötig sind, um die Teilhabe und Einflussmöglichkeiten von Frauen zu gewährleisten.

Wir schlagen der Bundesregierung vier Verbesserungspunkte vor und rechnen mit Ihrer Zustimmung:

  1. Die Bundesregierung möge Anstrengungen zur konsequenten Durchsetzung des Gesetzes, insbesondere bei der Besetzung von eigenen Gremiensitzen des Bundes unternehmen,
  2. Wir fordern die Bundesregierung auf, auch bei den Ländern und gesellschaftlichen Gruppen darauf hinzuwirken, dass Frauen in größerer Anzahl an der Arbeit in Beratungs- und Entscheidungsgremien beteiligt werden, und
  3. dafür Sorge zu tragen, dass die Berufung von Gremien und die Wiederberufung, bzw. Nachbesetzung ihrer Mitglieder in die Bundesministerien frühzeitig vorbereitet wird, sowie Datenbanken über qualifizierte weibliche Sachverständige angelegt werden, und
  4. wir wollen, dass ein Entwurf zur Novellierung des Bundesgremienbesetzungsgesetzes vorgelegt wird, um die Wirksamkeit des Gesetzes zu verbessern.

Ich könnte mir folgende Veränderungen vorstellen:

  • begriffliche Klarstellungen im Gremienbegriff,
    • keine Doppelbenennung, wenn für einen Sitz eine Person des unterrepräsentierten Geschlechts vorgeschlagen wird,
      • eine gesteigerte Pflicht der berufenden Stelle, verstärkt auf Benennungsvorschläge hinwirken, die die erhebliche Unterrepräsentanz eines Geschlechts beseitigen, wenn diese einen bestimmten Anteil unterschreitet - vorstellbar wären hier z.B. 30%,
        • ein Zurückweisen des Besetzungsvorschlags durch die berufende Stelle bei nicht ausreichender Begründung des Vorschlags.

          Herausstellen möchte ich hier nochmals ganz besonders die Datenbank. So könnten wir der Ausrede, man hätte keine geeignete kompetente Frau finden können, eine Fülle von Gegenbeweisen gegenüberstellen.

          Unsere Gesellschaft kann auf das geistige Potenzial und auf die Kreativität von Frauen nicht verzichten, wenn unser Land die Herausforderungen der Zukunft bestehen will.

          Alle guten Dinge sind drei:

          Erst unser Programm „Frau und Beruf“, dann das Aktionsprogramm „Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen“, und nun unser Einsatz für mehr Frauen in Entscheidungspositionen!

          „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ mit diesem Kästnerwort werbe ich um Ihre Unterstützung für intelligente frauenpolitische Ziele.