Nagold, 20.
Mai 2003
Mutige
Schritte zur Reform des Sozialstaats nötig
SPD-Handwerksexperte Lange besuchte Wildberger
Kleinbetrieb
Die
Sozialversicherungssysteme sind überlastet, die
Steuereinnahmen gehen zurück, die Arbeitslosigkeit bleibt
anhaltend hoch. Es ist unübersehbar - Deutschland befindet
sich in einer wirtschaftlich und sozial schwierigen Lage. Damit
alle ihr Leben in einer solidarischen Gesellschaft
eigenverantwortlich gestalten können, muss gewaltigen
Herausforderungen entgegen getreten werden. Wie diese gemeistert
werden können, erklärten die SPD-Bundestagsabgeordneten
Renate Gradistanac und Christian Lange beim mittelstandspolitischen
Dialog in Wildberg.
Mit dem
handwerkspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Christian
Lange, kam ein Experte in Sachen Mittelstand und Handwerk in die
Heimatgemeinde seiner Fraktionskollegin Renate Gradistanac. Zum
13. Mittelstandsdialog in Folge hatte die Abgeordnete in den
Verpackungsbetrieb ihres politischen Mitstreiters und Vorsitzenden
der Arbeitsgemeinschaft der Selbstständigen in der Calwer SPD,
Peter Brenner, eingeladen. An der Diskussionsrunde beteiligten sich
der Geschäftsführer der Calwer Kreishandwerkerschaft,
Holger Klemke, Kreishandwerksmeister Fritz Schroth sowie Gerhard
Linkenheil, Leiter der Wildberger Filiale der Sparkasse Pforzheim
Calw, und Günther Röhm für die Volksbank Nagoldtal.
Nach einem kurzen Betriebsrundgang, den der Firmenchef zur
Vorstellung seiner Montage- und Verpackungstätigkeiten nutzte,
ging Christian Lange auf die Herausforderungen ein, denen sich die
deutsche Gesellschaft in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht
derzeit zu stellen habe. Nicht nur die Arbeitslosigkeit und die
damit verbundenen Schwierigkeiten bei den Sozialversicherungen
machten Sorgen, auch die Zurückhaltung bei Investitionen und
beim Konsum wirkten sich ungünstig aus. Der demografische
Wandel, der in zehn bis fünfzehn Jahren zu einer deutlichen
Überalterung führen werde, erzwinge große
strukturelle Veränderungen.
„Wenn
wir unseren Sozialstaat erhalten wollen, müssen wir ihn
umbauen“, sagte der Mittelstandsexperte. Christian Lange
nannte als vornehmliches Ziel der Agenda die finanzielle Sicherung
des Sozialstaates. Mehr Dynamik auf den Märkten verspreche er
sich durch die nachhaltige Kräftigung des Mittelstands im Wege
der Verbesserung der Mittelstandsfinanzierung. Die
SPD-geführte Bundesregierung erwarte von der eben
gegründeten Mittelstandsbank, neu geschaffenen
Finanzierungsmöglichkeiten und der Erweiterung des Programms
Kapital für Arbeit auf Ausbildungsplätze eine
Entschärfung der Finanzierungsprobleme.
„Alles
muss auf den Prüfstand, was den Zugang zu regulärer
Arbeit behindert“, forderte Lange. Die Reform der
Handwerksordnung sehe für zwei Drittel der Meisterberufe die
Befreiung vom Meisterzwang vor, was einen kräftigen
Gründungs- und Beschäftigungsimpuls nach sich ziehe,
meinte der SPD-Bundestagsabgeordnete. Ganz so positiv sah dies der
Vorsitzende der Calwer Kreishandwerkerschaft, Fritz Schroth, nicht.
Die Region werde geprägt von kleinen Handwerksbetrieben.
Sollte kein Meisterbrief mehr notwendig sein, werde dies
verheerende Konsequenzen haben für die Ausbildungsplätze
und die Arbeitskräfte. Christian Lange nannte den freiwilligen
Erwerb des Meisterbriefs in Gewerken, die künftig vom
Meisterzwang befreit seien, ein Qualitätssiegel. Seine
Kollegin Renate Gradistanac führte an, dass eine
Liberalisierung der Handwerksordnung die Gründung
zusätzlicher Ich-AG`s positiv beeinflussen werde. Bisher
seinen seit Jahresanfang rund 22 Existenzgründungen
vorgenommen worden, eine Zahl, die Hoffnung mache, sich aber noch
steigern ließe. Kreishandwerksmeister Schroth wollte dies so
nicht stehen lassen. Er befürchte durch die Ich-AG eine
Existenzgefährdung bestehender meistergeführter Betriebe.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete verneinte dies für den Bereich
einfacher Dienstleistungen und handwerksähnlicher
Tätigkeiten.
Bildunterschrift:
Renate Gradistanac (rechts) im Gespräch mit dem
SPD-Bundestagsabgeordneten Christian Lange und Peter Brenner
(links), Betriebsinhaber von Brenner Verpackungstechnik und
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Selbstständiger in der
SPD Calw.
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