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Renate Gradistanac
Mitglied des Deutschen Bundestages
SPD
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Nagold, 4. Juni 2003

Für das Handwerk eine Chance

Handwerksnovelle soll die Strukturkrise im Handwerk überwinden

In einem waren sich Handwerksvertreter und politisch Verantwortliche einig: das Handwerk muss zukunftsfest und die Beschäftigung muss gesichert werden. Wie dieses Ziel zu erreichen ist, darüber bestanden in der handwerkspolitischen Runde im Büro der SPD-Bundestagsabgeordneten Renate Gradistanac unterschiedliche Auffassungen.

Am Mittwoch vergangener Woche verabschiedete das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Änderung der Handwerksordnung. „Diese Reform ist ein wichtiger Baustein der Agenda 2010 und bedeutet eine nachhaltige Modernisierung des Handwerksrechts“, betonte die SPD-Bundestagsabgeordnete Renate Gradistanac vor den haupt- und ehrenamtlichen Handwerksvertretern in Nagold. Als Experten hatte sie Dr. Eckhard Franz hinzugeladen, Ministerialdirigent im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und als Leiter der Ableitung Mittelstand und Handwerk maßgeblich an der Handwerksnovelle beteiligt.

Dieser machte den Handlungsbedarf im Handwerksrecht deutlich: weniger Betriebe, abnehmende Beschäftigung, zurückgehende Ausbildungszahlen sowie fehlende Betriebsnachfolge. Dies sei nicht allein eine Folge der Konjunkturkrise. „Die Strukturen müssen geändert und Beschäftigungshindernisse abgebaut werden“, forderte Dr. Franz. Von der Handwerksnovelle verspreche er sich denn auch einen deutlichen Impuls für Beschäftigung und Ausbildung im Handwerk sowie einen Beitrag zum Abbau der Schwarzarbeit.

Letzteres bezweifelte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Reutlingen, Rainer Neth. Die Mehrzahl der Schwarzarbeitenden habe ein reguläres Arbeitsverhältnis. Eine Befreiung vom Meisterbriefzwang biete für diese Menschen keinen Anreiz, sich selbstständig zu machen. Handwerkspräsident Joachim Möhrle warf ein, dass sich mit der Einschränkung des Meisterbriefvorbehalts nicht automatisch der Bedarf an handwerklichen Leistungen erhöhe. Die Möglichkeit, nach zehn Jahren Gesellentätigkeit künftig selbstständig werden zu können, bewertete Möhrle kritisch. „Kein Geselle lernt betriebswirtschaftliches Know-how“. Wenn die 10-Jahresfrist dann noch für sicherheitsrelevante Bereiche gelte, seien schwere Folgen für Gesundheit und Leben der Menschen zu befürchten.

Ministerialdirigent Dr. Franz verwies darauf, dass von den zehn Jahren mindestens fünf in herausgehobener, leitender Funktion ausgeübt werden müssten. Diese Formulierung orientiere sich an derjenigen in den Leipziger Beschlüssen. Es sei davon auszugehen, dass Gesellinnen und Gesellen unter den im Entwurf geschriebenen Voraussetzungen das für das Führen eine Betriebes notwendige Know-how mitbrächten. Im übrigen sei es auch Ziel der Novelle, die im Vergleich zu europäischen Nachbarländern bestehende Inländerdiskriminierung abzubauen. Diese werde sich durch die bevorstehende EU-Erweiterung nochmals verschärfen. Insofern sei die Novelle auch ein Beitrag dazu, das Handwerk europafest zu machen.

Neben der großen Reform des Handwerkrechtes gehe es darum, in einem zweiten Gesetzesvorhaben Existenzgründungen und Kleinunternehmen zu fördern, so Dr. Franz. Es soll klargestellt werden, dass so genannte einfachere Tätigkeiten außerhalb der Handwerksordnung und somit außerhalb der Meisterpflicht stehen. Diese gesetzliche Klarstellung helfe vor allem jungen Existenzgründenden weiter, um aus der Arbeitslosigkeit oder Schwarzarbeit herauszukommen, äußerte die SPD-Bundestagsabgeordnete Renate Gradistanac.

Bildunterschrift:
von links: Joachim Möhrle, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen, Renate Gradistanac, SPD-Bundestagsabgeordnete, Rainer Neth, stv. Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Reutlingen und Dr. Eckard Franz, Ministerialdirigent im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.