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Christel Riemann-Hanewinckel
MdB
SPD
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Rede Christel Riemann-Hanewinckel zur aktuellen Stunde „Waggonbau Ammendorf“ am 15.11.01

„Die Waggonbaubetriebe im südlichen Sachsen-Anhalt (Dessau und Halle/Ammendorf) sind die letzten verbleibenden Großbetriebe der Metallindustrie in den Regionen Halle und Dessau. Sowohl in Halle als auch in Dessau sind sie jeweils die größten Betriebe und von strukturbestimmender Bedeutung.“

Meine Damen und Herren,

das war ein Zitat von 1992 aus dem Positionspapier der damaligen Arbeitnehmervertreter.

Seit 1992 kämpft der Waggonbau Ammendorf um das Überleben.

Seit dieser Zeit stehe ich an ihrer Seite.

Im gleichen Papier findet sich die folgende Forderung:

„Im Zusammenhang mit einem integrierten Verkehrskonzept sind deshalb Mittel für den Bereich Forschung und Entwicklung bereitzustellen. Die Standorte Halle und Dessau müssen bei der Vergabe von Forschungsaufträgen durch das Bundesverkehrsministerium bevorzugt berücksichtigt werden. In der Deutsche Waggonbau Aktiengesellschaft DWA muss die Forschungsblockade für Ammendorf sofort beendet werden.“

Ammendor wollte damals schon weg von der Monokultur, Reisezugwagen für die GUS zu produzieren. Sie wollten durch Forschung ihre Produktpalette erweitern. Die Forschungsblockade von damals fällt den Ammendorfern heute noch immer auf die Füsse!

Der kanadische Konzern Bombardier Transportation kann es sich mit seinen Schließungsabsichten leicht machen: Ammendorf hat keine Produktführerschaft für ein bestimmtes Fahrzeug. Dabei war Ammendorf bis 1994 das Werk in der DWA, das schwarze Zahlen schrieb und damit die anderen DWA Betriebe im Osten Deutschlands mit gerettet hat.

Seit 1990 ist die Arbeitnehmerschaft von 4900 auf 850 in 2001 herunter gefahren worden.

Bombardier ist seit 1999 - nach der Privatisierung durch die Treuhand zu DWA und der Übernahme 1996 durch die amerikanische Investmentgesellschaft Advent - der dritte Eigentümer.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben in der Geschichte dieses Betriebes, der einmal im 19. Jahrhundert mit dem Bau von Handwagen als Firma Lindner begann, immer wieder bewiesen, dass sie in der Lage und auch bereit dazu sind, sich auf Umstrukturierungen einzulassen.

In Halle-Ammendorf steht Ende 2001 ein hochmodernes Werk mit hochmotivierten, kämpfenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern - aber wegen zu vergrößernden Rendite für den Unternehmer soll es geschlossen werden!

Es wird der Belegschaft angeboten, in einem anderen Werk des Konzerns weiterzuarbeiten, z.B. in Aachen oder Siegen. Dort werden dann Doppelschichten gefahren!!

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wissen Sie, was das für die betroffenen Familien bedeutet?

Wissen Sie, was das für die Stadt Halle bedeutet?

Ammendorf ist in Halle der letzte Standort der Metallindustrie.

Nach der Konzentration zu DDR-Zeit auf Chemie und Metallindustrie haben wir nicht nur das Problem der totalen Umstrukturierung und der nur langsamen Neuansiedlung.

Im übrigen Neuansiedlungen, die zwar Millionen von Investitions- und Fördergeldern bedeuten, aber eben nicht Tausende von Arbeitsplätzen!

Der Wegfall von ganzen Branchen bedeutet aber nicht nur den Wegfall von Arbeitsplätzen, sondern im Falle Ammendorf auch von 50 Ausbildungsplätzen im dualen System plus einer Vielzahl vonAusbildungsplätzen im Ausbildungsring der IHK.

Wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Halle das Angebot von Bombardier annähmen, bedeutet das erneut: Wegzug von Familienverbänden, Wegzug junger Leute. Das heißt für die Stadt: weniger Steuereinnahmen, für die Einzelhändler weniger Kaufkraft, für die Region Wegfall von Zulieferbetrieben und noch mehr freie Wohnungen.

Meine Damen und Herren,

die beabsichtigte Schließung ist neben der individuellen Betroffenheit ein strukturpolitisches Problem für die Region Halle/Saalkreis.

Der Kampf der vergangenen 9 Jahre darf nicht umsonst gewesen sein.

Deshalb fordere ich den Konzern auf, nicht nur in Rendite-Zahlen für sich selbst zu denken, sondern die Standortgegebenheiten Deutschlands - Mitarbeiter und Mitbestimmung der Belegschaft - mitzubewerten in ihren Analysen.

Ich fordere die Deutsche Bahn AG auf, sich der strukturpolitischen Herausforderung des neuen Länder zu stellen.

Das ist in der Vergangenheit in Bezug auf die DWA immer wieder versäumt worden, was die Region Halle-Leipzig auch beim nicht durchgeführten S-Bahn-Bau zu spüren bekommen hat.

Der Waggonbau im Osten Deutschlands - und dazu müssen in Zukunft Ammendorf und Vetschau gehören - hat seine Zukunftsfähigkeit bewiesen. Ich fordere d.. auf, ihre Verantwortung für die Beschäftigten und damit für die Standorte im Osten Deutschlands anzunehmen und gemeinsam mit Land und Bund nach tragfähigen Lösungen zu suchen.