Pressemitteilung
Celle, den 7. Mai 2004
Wirtschaft trifft Politik
Celler Vollversammlungsmitglieder der IHK Lüneburg-Wolfsburg besuchten in der vergangenen Woche die Bundeshauptstadt. IHK-Vizepräsident Prof. Weilep hatte diesen Besuch angeregt, der Bundestagsabgeordnete Klaus-Jürgen Hedrich hatte die Gruppe eingeladen. Ziel war es, aus der Celler Wirtschaft heraus Impulse an die Politik zu geben. Gerade weil in der Region der Mittelstand das Rückgrat der Wirtschaft ist, sollten seine Anliegen verstärkt den politischen Entscheidungsträgern vermittelt werden.
Höhepunkt des Tages bildete ein Gespräch mit dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz. Länger als ursprünglich vorgesehen blieb er und nutzte die Gelegenheit zum Gespräch über die Zusammenhänge zwischen Wachstum, Arbeitslosigkeit, sozialen Sicherungssystemen, Steuerreform, aber auch Energiepolitik und Bildung. Alle Probleme und Schwierigkeiten sind lösbar, lautete sein Credo, doch dürfen die Zeitachsen von Erkenntnis und Umsteuern nicht zu sehr auseinanderlaufen. Sein Appell lautete: Auch Unternehmer und Wirtschaftslenker können Zeichen setzen. Diskutieren, über die Zeitung Positionen vertreten, dies alles hilft, die Bürger aufzuwecken und Entscheidungsträger zu unterstützen.
Wie das notwendige Wachstum erreicht werden könnte, darüber diskutierten die Unternehmer mit Friedrich Merz ausführlich. Konsum oder nicht, das war für ihn keine Frage. Anders als die Wirtschaftsvertreter sah er allein die Wende über die Steuerung der Angebotsseite. Wettbewerbsfähige Arbeitsplätze und eine international wettbewerbsfähige Volkswirtschaft seien unabdingbar nötig. Dann entwickele sich auch ein verändertes Konsumklima und würde in das Rad des Aufschwungs greifen. Wachstum über Konsum hat nur einmal in Deutschland stattgefunden: 1992 - 1994 durch die Einheit. Die Abrisskante danach traf alle umso brutaler.
Das Tagesprogramm sah des weiteren einen Besuch der Niedersächsischen Landesvertretung vor. Die niedersächsische Landesvertretung in Berlin vertritt in allen Belangen die Interessen des Landes und seiner Bürger. Im Bundesrat, Gremien und Ausschüssen und durch eigene Veranstaltungen wird unser Land repräsentiert. Dies nutzt auch unserer Wirtschaft, lautete die Botschaft des Leiters der Landesvertretung, Wolfgang Gibowski. Er hob hervor, daß Gesetzesinitiativen gerade auch in der Wirtschafts- und Steuerpolitik vom Land eingebracht werden.
Der Besuch bei der Botschaft der Republik Chile informierte über die Entwicklung des Landes. Eine Alphabetisierungsrate von über 95 %, ein jährliches Wirtschaftswachstum zwischen 4 und 5 %, eine Inflationsrate von etwa 1 % und ein Staatsdefizit von 0,7 % des BIP sind Zeichen einer dynamischen Wirtschaft. Damit können sie ja der EU beitreten!, lautete ein überraschter Ausruf. Der Konter von Botschafter Dr. Mario Fernandez kam prompt: Man wisse nicht, ob man die stabile chilenische Wirtschaft mit solch einem Risiko belasten wolle! Die gute Handelsbilanz mit den EU-Staaten sollte durch Investitionen deutscher Firmen weiterentwickelt werden. Im IHK-Bezirk stehen bereits über 40 Unternehmen in direktem Handelskontakt, ergänzte IHK-Hauptgeschäftsführer Jens Petersen die Ausführungen.
Aktuelle Probleme des Aufbaus Ost standen im Mittelpunkt eines Gesprächs mit Arnold Vaatz, dem ehemaligen Umweltminister Sachsens und stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion. Die Quintessenz von Vortrag und Diskussion war eindeutig: Wir sind ein Land, ihr werdet uns nicht mehr los.
In der Diskussion zu den Themen Mittelstandsförderung, Verlässlichkeit in der Steuergesetzgebung und Regelungswut mit der wirtschaftspolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Dagmar Wöhrl wurde deutlich, daß sie, die bis vor kurzem Leiterin der Rechtsabteilung im Textilunternehmen ihres Mannes war und Mitglied der Vollversammlung der IHK Nürnberg ist, die Probleme des Mittelstandes kennt. Wöhrl zeigte dabei unmissverständlich, dass z.B. die geplante Ausbildungsplatzabgabe Gift für eine beginnende Konjunkturerholung sei.
Insgesamt machten die Gespräche deutlich, daß ein direkter Meinungsaustausch für beide Seiten neue Perspektiven eröffnet.