> Dossier > Interparlamentarische Zusammenarbeit
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Talk im Knast:
Ihre
Meinung ist gefragt. Diskutieren Sie auf
www.mitmischen.de mit den
Bundestagsabgeordneten Dieter Wiefelspütz
(SPD) und Roland Gewalt (CDU/CSU) sowie
mit jugendlichen Straftätern über Jugendstrafrecht und
Jugendkriminalität.
Termin: 16. Februar 2005, 17.15 bis 18.00 Uhr
Offensiv für die Defensive
Die 115 Parlamentarier und die 115 Vertreter der assoziierten und beobachtenden Staaten bilden eine Versammlung, die nicht neben der Westeuropäischen Union (WEU) existiert, sondern originärer Bestandteil der WEU-Organe ist. Entgegen der schwindenden Bedeutung der Westeuropäischen Union insgesamt scheint die Wahrnehmung der Interparlamentarischen Europäischen Versammlung für Sicherheit und Verteidigung sogar eher zugenommen zu haben. Schließlich geht es um die spannende Frage, wie die nationalen Parlamente in die europäischen Verteidigungs- und Sicherheitsentscheidungen eingebunden bleiben, wenn einerseits immer mehr Kompetenzen vom nationalen auf den europäischen Rahmen übertragen werden und andererseits die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf Regierungsebene innerhalb des transatlantischen Bündnisses NATO ein zunehmendes Selbstbewusstsein entwickelt. In Fachzirkeln wird deshalb ein Vorschlag der WEU-Versammlung sehr intensiv erörtert, eine Europäische Sicherheits- und Verteidigungsversammlung zu etablieren, in der die Aktivitäten der EU auf dem Gebiet der Sicherheit aus der Perspektive der nationalen Parlamentarier überwacht werden können.
Einstweilen gibt es dafür aber noch die WEU-Versammlung, die zweimal jährlich zu Plenarsitzungen zusammentritt und deren sechs Ausschüsse sich häufiger treffen. Neben dem Verteidigungs- und dem Politischen Ausschuss gibt es einen Ausschuss für Technologie und Raumfahrt, einen Haushaltsausschuss, einen Geschäftsordnungsausschuss und einen für die Beziehungen zu den Parlamenten und zur Öffentlichkeit.
18 Köpfe zählt die deutsche Delegation, deren Mitglieder mit der Delegation in der Versammlung des Europarates identisch sind und die von Joachim Hörster (CDU/CSU) geleitet wird. Die Parlamentarische Versammlung habe wichtige Impulse für die Gestaltung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik geliefert und eine beträchtliche Anzahl von Vorschlägen zu den verschiedenen Themen (etwa zum Militärstab, zu den militärischen Fähigkeiten oder zum Nachrichtenwesen) erarbeitet.
Der Arbeitsstil in der WEU-Versammlung ist nach Hörsters Empfinden mitunter ausgeprägt diplomatisch. Aber wenn dann die Türen der Fraktionssäle geschlossen werden, komme es zu einem sehr offenen Umgang, der häufig nicht nur „bemerkenswerte Konstellationen“ zwischen den Parlamentariern verschiedener Länder bewirke, sondern auch hochinteressante Erkenntnisse über den Stand der sicherheitspolitischen Meinungsbildung in anderen europäischen Parlamenten vermittle. Die große Flexibilität im Umgang mit assoziierten und beobachtenden Mitgliedern und Partnern hat sich nach Hörsters Erfahrung als „gute Einrichtung“ erwiesen, die es etlichen Ländern ermögliche, sich in kleinen Zwischenschritten der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungsidentität anzunähern.
Text: Gregor Mayntz
Foto: picture-alliance
WEU in Kürze:
Die Westeuropäische Union (WEU) ist ein eher jenseits
öffentlicher Wahrnehmung wirkendes Verteidigungsbündnis.
1948 gegründet, ist die WEU älter als die NATO und mit
den umfassenden gegenseitigen Beistandsverpflichtungen (bei
Angriffen auf ein Mitglied leisten die anderen „alle in ihrer
Macht stehende militärische und sonstige Hilfe und
Unterstützung“) auch deutlich wirksamer, als es im
Entwurf der EU-Verfassung für die künftige
Sicherheitspolitik der Europäischen Union vorgesehen ist. In
den 80er Jahren wieder belebt, ist die Geschichte der WEU mit
intensiven sicherheitspolitischen Konzeptionen für Europa und
mit Rüstungskoordination verknüpft, wiewohl die
operativen Angelegenheiten durch die Neuorientierung der
europä-ischen Sicherheitsarchitektur deutlich
zurückgedrängt wurden. Noch nicht entschieden ist, ob,
und wenn ja, wann die Aufgaben der WEU vollständig von der EU
übernommen werden können und sollen. Bis 2007 kommt
Europa nach dem derzeitigen Stand der Verhandlungen und
Militärperspektiven keinesfalls ohne die WEU aus.
Das Verteidigungsbündnis zählt zehn ordentliche
Mitgliedstaaten (Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien,
Luxemburg, die Niederlande, Portugal, Spanien, Großbritannien
und Griechenland), sechs assoziierte Mitglieder (Island, Norwegen,
Türkei, Polen, Tschechische Republik und Ungarn), fünf
Beobachter (Schweden, Österreich, Finnland, Irland und
Dänemark) sowie sieben assoziierte Partner (Bulgarien,
Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakische Republik und
Slowenien).
www.weu.int
www.assembly-weu.org