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Dezember 11/1999
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EINSTIMMIGER BESCHLUSS IM BUNDESTAG

Untersuchungsausschuss soll Parteispenden ins Visier nehmen

(bn) Der Bundestag hat am 2. Dezember einstimmig beschlossen, einen Untersuchungsausschuss nach Artikel 44 des Grundgesetzes einzusetzen. Das Gremium soll klären, inwieweit Spenden, Provisionen, andere finanzielle Zuwendungen oder Vorteile direkt oder indirekt an bestimmte Personen geflossen sind. Genannt werden Mitglieder und Amtsträger der ehemaligen von CDU/CSU und F.D.P. getragenen Bundesregierungen sowie dieser Parteien oder Fraktionen und sonstige Personen und Institutionen. Einen entsprechenden Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (14/2139) zum Untersuchungsauftrag befürwortete das Parlament bei Enthaltung der F.D.P.

Die F.D.P. hatte in einem Änderungsantrag (14/2247) auch die "damaligen im Deutschen Bundestag vertretenen Oppositionsparteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und/oder Fraktionen/Gruppen und deren Funktionsträger oder deren Beauftragte" in den Untersuchungsauftrag einbeziehen wollen. In namentlicher Abstimmung wurde der Änderungsantrag mit 296 Nein­Stimmen bei 275 Ja­Stimmen abgelehnt. Einstimmig angenommen wurde dagegen die Präzisierung des Untersuchungsauftrags im Koalitionsantrag.

Einfluss auf Politik klären

Danach soll geklärt werden, inwieweit finanzielle Transaktionen geeignet waren, politische Entscheidungsprozesse dieser Regierungen oder nachgeordneter Behörden zu beeinflussen, oder inwieweit sie derartige Prozesse tatsächlich beeinflusst haben. SPD und Bündnisgrüne zielen in diesem Zusammenhang auf den Verkauf von 36 deutschen Panzerfahrzeugen vom Typ Fuchs an Saudi­Arabien und auf die Lieferung aus dem Bestand der Bundeswehr im Jahre 1991 ab.

Ebenso geht es den Abgeordneten um die Privatisierung bzw. den Neubau der Erdölraffinerie in Leuna (Sachsen­Anhalt) und die Veräußerung des Minol­Tankstellennetzes. Zum Dritten verweisen die Fraktionen auf die Lieferung von Flugzeugen durch die Deutsche Airbus GmbH an kanadische und thailändische Fluggesellschaften Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre. Schließlich interessiert die Koalition in diesem Zusammenhang die Lieferung von Hubschraubern der Firma Messerschmidt­Bölkow­Blohm an die kanadische Küstenwache in der zweiten Hälfte der 80er Jahre.

Die F.D.P. hatte daran erinnert, dass nach Presseberichten Spenden von Personen, die Gegenstand der Untersuchung sein werden, auch an SPD­Funktionsträger geflossen seien. Auch habe die Staatsanwaltschaft Augsburg mindestens ein Mitglied der SPD­Bundestagsfraktion als Zeugen vernommen. Dies lege nahe, so die Liberalen, dass er mit den Vorgängen zumindest beruflich befasst war. Für potenzielle Geldgeber sei offenbar auch das Verhalten der Opposition im Zusammenhang mit der Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Kontrollrechte und - pflichten interessant, um politische Entscheidungsprozesse zu beeinflussen.

15­köpfiges Gremium

Die SPD hatte den Koalitionsantrag, der einen elfköpfigen Ausschuss vorsah, in der Sitzung geändert, so dass ihm nun 15 Mitglieder (7 SPD, 5 CDU/CSU, 1 Bündnis 90/Die Grünen, 1 F.D.P., 1 PDS) angehören werden. Ein Änderungsantrag der CDU/CSU (14/2232), der auf 15 Ausschussmitglieder abzielte, war damit gegenstandslos geworden. Die Union hatte argumentiert, die zunächst von der Koalition beantragte Zusammensetzung (5 SPD, 3 CDU/CSU, je 1 übrige Fraktionen) entspreche nicht dem Berechnungsverfahren nach St. Lague/Schepers. Sie benachteilige die CDU/CSU "in der Wahrnehmung ihrer Rechte".

Mit 230 Ja­Stimmen bei 220 Nein­Stimmen und 2 Enthaltungen nahm das Parlament einen Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen an, die mit dem Parteispendenaufkommen der CDU befassten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, insbesondere den Steuerberater Horst Weyrauch, sofort von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, damit der Ausschuss seinen Untersuchungsauftrag so schnell wie möglich ohne Hindernisse erledigen könne. Die CDU/CSU hatte vorgeschlagen, diesen Antrag im Ausschuss zu beraten. Dies wurde gegen das Votum der Opposition abgelehnt.

Zu Beginn der Aussprache hatte Frank Hofmann (Volkach, SPD) kritisiert, dass es in der CDU immer noch an der Bereitschaft mangele, die Karten auf den Tisch zu legen. Einen Neuanfang ohne vollständige Aufklärung könne es nicht geben. Der Ausschuss müsse aufklären "bei der Schmierölspur von Leuna, bei den Schmiergeldpanzern, die nach Saudi­Arabien geliefert wurden, sowie bei den Airbus­ und Hubschraubergeschäften mit Kanada und Thailand".

Vor Missbrauch gewarnt

Für die CDU/CSU erklärte Wolfgang Schäuble, dass seine Fraktion der Einsetzung des Ausschusses zustimme. Wenn der Verdacht bestehe, Entscheidungen der Regierung von Helmut Kohl seien durch Geldzahlungen beeinflusst worden, dann sei dies ein so schwer wiegender Verdacht, dass er "im Interesse unserer Demokratie" so rasch, vollständig, lückenlos und vorbehaltlos wie irgend möglich aufgeklärt werden müsse. Es könne aber nicht darum gehen, die "Finanzpraxis einer Partei" mit den Mitteln eines Untersuchungsausschusses aufzuklären.

Für Hans­Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) geht es um "schwarze Kassen, die man anlegt, um zu verbergen, dass und woher man Geld bekommen hat". Die CDU sollte sich äußern, ob die schwarzen Konten aus Immobiliengeschäften gefüttert worden seien und ob es auch "im Norden Deutschlands" Waffendeals gegeben habe. Jörg van Essen (F.D.P.) sagte, die Liberalen seien für eine umfassende Aufklärung. Für den Bürger müsse nachvollziehbar sein, wer finanziellen Einfluss auf die Parteien und ihre Funktionsträger hat, die in der Politik entscheiden. Evelyn Kenzler (PDS) meinte, nach Abschluss der Ausschussarbeit werde das Plenum vor der Aufgabe stehen, grundsätzlich über gesetzgeberische Konsequenzen in der Parteienfinanzierung nachzudenken.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9911/9911017
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