BUNDESTAGSDEBATTE ZUR ENERGIEPOLITIK Streit um richtigen Kurs zwischen Liberalisierung und Regulierung(wi) Der Primärenergieverbrauch je Einheit Bruttoinlandsprodukt ist in den letzten Jahren kontinuierlich um fast 16 Prozent gesunken. Dies betonte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) in der energiepolitischen Debatte des Deutschen Bundestages am 25. Januar. "Wenn wir das Konzept der Energiebesteuerung, der Ökosteuer fortführen, wird der spezifische Energieverbrauch je Einheit Bruttoinlandsprodukt bis 2020 halbiert", sagte der Minister. Die Gaswirtschaft ist nach den Worten Müllers aufgefordert, sich selbst einen Rahmen zu geben, wie der Wettbewerb im Gasmarkt ablaufen soll. Ansonsten werde es eine Regulierungsbehörde Gas geben und, weil die Wirtschaft es so wolle, eine Regulierungsbehörde Strom. Wenn die Energiewirtschaft ernsthaft eine Regulierungsbehörde wolle, dann werde er sich "diesem Diktat beugen", sagte Müller. In den häufigen Klagen der Wirtschaft über staatliche Regulierung komme nichts anderes zum Ausdruck als die mangelnde Bereitschaft, Verantwortung in Form von Selbstregulierung zu übernehmen. "Fehlentwicklung verhindern"Gunnar Uldall (CDU/CSU) stellte fest, dass die Belastungen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das Vorschaltgesetz zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) für die einzelnen Haushalte zusammen so hoch seien, als wenn die Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt angehoben worden wäre. Die Koalition wolle durch eine Quotenregelung den Anteil des KWK-Stroms in Deutschland verdoppeln. Dies wäre nicht nur wirtschaftlicher Unsinn, da Überkapazitäten staatlich gefördert würden, so Uldall, sondern auch "ökologisch nicht vertretbar". Uldall rief den Minister auf, eine solche "gigantische Fehlentwicklung in der deutschen Energiepolitik" zu verhindern. Dagegen wies Volker Jung (SPD) darauf hin, dass die umweltschonende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und KWK akut gefährdet gewesen sei. Mit den beiden von Uldall genannten Gesetzen habe man schnell gehandelt, um diese "Fehlentwicklung" zu stoppen und umzukehren. Im geplanten KWK-Ausbaugesetz würden die Effizienzkriterien sehr viel enger angelegt als in dem Vorschaltgesetz. Mitnahmeeffekte sollten verhindert werden. Michaele Hustedt (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete die Gasmarktliberalisierung als große Herausforderung. Der Gesetzentwurf liege im Bundesrat und werde im März im Bundestag verabschiedet. Auf dem liberalisierten Stromsektor werde durch "Schikane und durch hohe Preise" ein Wechsel des Stromanbieters tatsächlich verhindert. Daher sei zu fragen, ob die Regulierungsdichte ausreicht, um jedem Anbieter den Zugang zum Netz zu ermöglichen. Walter Hirche (F.D.P.) kritisierte die KWK-Regelung, die Fördergelder zu einem großen Teil fehlleite. Zu begrüßen sei, dass die Wirtschaft noch einmal die Chance habe, etwas im Wege der Selbstverpflichtung zu tun. Welchen Energiemix man in Zukunft haben werden, so Hirche, werde sich maßgeblich auf dem Markt sowie daran entscheiden, welche Kohlendioxidemissionen entstehen. Das KWK-Vorschaltgesetz muss nach Meinung von Eva Bulling-Schröter (PDS) "schnellstens ersetzt" werden. Wenn letztes Jahr statt der prognostizierten 20 Terawattstunden tatsächlich 55 Terawattstunden als KWK-Strom vergütet worden seien, so spreche vieles dafür, dass hier massiv reiner Kondensationsstrom überbezahlt wurde. Auch diese Kritik müsse sich zuerst an die Übergangsnetzbetreiber, also die großen Stromkonzerne, richten. Oppositionsanträge abgelehntDer Bundestag lehnte eine Reihe von energiepolitischen Anträgen der Opposition ab. Unter anderem fand ein Antrag der CDU/CSU (14/3507) zur "Energiepolitik für Deutschland – Konsequenzen aus dem Energiedialog 2000" auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (14/4338) keine Mehrheit. Darin war die Regierung aufgefordert worden, sich für ein Energiekonzept zu entscheiden, dessen Kern eine sichere, preiswerte und umweltverträgliche Energieversorgung sein sollte. Auch sollten die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen und die Beschäftigung im Energiesektor sowie in der energieverbrauchenden Wirtschaft erhalten werden. Auf Anraten des Wirtschaftsausschusses (14/2946) scheiterte auch die F.D.P.-Fraktion mit ihrem Antrag "Zukunftsfähige Energiepolitik für den Standort Deutschland" (14/2364). Danach sollten zusätzliche Belastungen des Energieverbrauchs nur im europäischen Gleichschritt beschlossen werden. Ferner sollte die Regierung die Hemmnisse für den Einsatz erneuerbarer Energien abbauen und die Entwicklung neuer Technologien angemessen fördern. Kernkraftwerke sollten für die vorgesehene Betriebszeit genutzt werden können. Das Parlament lehnte darüber hinaus auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (14/3343) einen Entschließungsantrag der F.D.P. (14/2778) ab, der sich auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz (14/2341) bezogen hatte. Darin wurde die Regierung aufgefordert, ein anderes Konzept vorzulegen, das dem Ziel der Förderung erneuerbarer Energien vor dem Hintergrund von Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit verpflichtet sei. "Erfolgreiches Modell"Schließlich nahm der Bundestag auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (14/4339) eine Entschließung an, die sich auf eine Entschließung des Europaparlaments zur Elektrizität aus erneuerbaren Energieträgern und zum Elektrizitätsbinnenmarkt bezieht. Darin heißt es, das in Deutschland angewandte Mindestpreismodell habe sich als das europaweit erfolgreichste Instrument der Markteinführung erneuerbarer Energien erwiesen. Notwendig für eine Verdopplung des Beitrags erneuerbarer Energien sei ein Ausbau der Netzinfrastruktur. Dazu sollten der transparente Netzzugang erneuerbarer Energien sichergestellt und der Neu- und Ausbau durch den Netzbetreiber weiterentwickelt werden. |