KONTROVERSE DEBATTE IM BUNDESTAG
Verpackungsverordnung geändert – Pfandpflicht für Dosen beschlossen
(um) Der Bundestag hat am 18. Mai auf Empfehlung des Umweltausschusses (14/6072) der von der Bundesregierung vorgelegten Zweiten Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung (14/5941) mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie zweier Abgeordneter der CDU/CSU zugestimmt. Abgelehnt wurde ein Entschließungsantrag der CDU/CSU (14/6103) dazu.
Ein Antrag der F.D.P. (14/3814), die Verpackungsverordnung zu novellieren und die Mehrwegquote zu flexibilisieren, fand ebenfalls auf Empfehlung des Umweltausschusses (14/5301) keine Mehrheit. Bereits am 16. Mai war im Ausschuss ein Änderungsantrag der PDS abgewiesen worden, der eine verbindliche Mehrwegquote mit Überprüfungspflicht vorsah.
Nach der neuen Regelung wird künftig nicht mehr zwischen Einweg- und Mehrweggetränkeverpackungen unterschieden, sondern zwischen "ökologisch vorteilhaften" und "ökologisch nicht vorteilhaften" Getränkeverpackungen. So wird etwa der Getränkekarton als ökologisch vorteilhafte Verpackung eingestuft. Für Dosen als ökologisch nicht vorteilhafte Verpackungen wird dagegen eine Pfandpflicht eingeführt.
Bessere Lösung versprochen
Die neue Regelung orientiert sich nach Regierungsangaben an Erkenntnissen aus Ökobilanz-Untersuchungen und bietet Herstellern wie Verbrauchern eine praktikablere Lösung als die Verordnung vom 21. August 1998. Nach der ersten Verordnung wäre eine Pfandpflicht für alle Einweggetränkeverpackungen in Kraft getreten, weil die festgelegte 72-Prozent-Quote zum Schutz von Mehrwegverpackungen inzwischen auf 66 Prozent gesunken ist.
Für die CDU/CSU erläuterte Werner Wittlich im Plenum die Haltung der Fraktion. Danach bezögen sich Regierung und Koalition auf eine Beschlusslage, die 1998 wesentlich anders gewesen sei als heute. Gerade die damaligen Entscheidungen hätten einen massiven technischen Fortschritt ausgelöst. Die 1991 erlassene Verpackungsverordnung habe darŸber hinaus dazu geführt, dass in Deutschland mehr Verpackungen gesammelt und verwertet werden als in irgendeinem anderen Land der Welt. Das Altglasrecycling sei für viele Bürger geradezu der Inbegriff gelebtün Umweltschutzes geworden. Nun müsse technischer Fortschritt und Wandel der Lebensverhältnisse berücksichtigt werden. Die CDU/CSU wolle mit ihrem Entschließungsantrag erreichen, dass die Wirtschaft künftig sicherstellen muss, mindestens 24 Milliarden Liter Getränke in ökologisch vorteilhafte Verpackungen abzufüllen.
Milliarden investiert
Nun werde angestrebt, den Anteil der erfassten und verwerteten Einwegverpackungen deutlich zu erhöhen. Die Wirtschaft bekomme damit eine neue Messlatte, die Mehrwegschutz auf hohem Niveau mit Flexibilität verbinde.
Ulrich Kelber (SPD)ûkritisierte, die Erklärung des umweltpolitischen Spre.chers der Unionsfraktion, Peter Paziorek, es bedürfe keiner gesetzlichen Schutz.maßnahmen mehr, sei ein ekla.tanter Vertrauensbruch gegenüber den Betreibern mittelständischer Brauereien und Abfüllanlagen. Diese hätten "im Vertrauen auf Frau Merkel und das Gesetz" Milliarden DM in Mehrweg investiert und stellten bis zu 250.000 bisher gesicherte Arbeitsplätze bereit. Zudem sei es Zeit, gemeinsam Schluss zu machen mit Dosen im Wald, am Strand, auf Bhrggipfeln und in Parks, mit Plastikflaschen an Ufern von Seen und Flüssen, an Straßen und Autobahnen.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte, 1991 sei eine Selbstverpflichtung verabschiedet worden. Damals sei auch gesagt worden, wenn die Quote der Mehrwegverpackungen von 72 Prozent unterschritten werde, trete eine Sanktion in Kraft. Es gehe nicht nur um Rechtssicherheit für Unternehmen, sondern auch um Müll, so der Minister. So sei in einem von der Union zitierten TÜV-Gutachten auch nachzulesen, dass sechs Prozent der Landschaft von Müll bedeckt sind. Zwanzig Prozent davon seien Getränkeverpackungen.
Birgit Homburger (F.D.P.) unterstrich die Forderung ihrer Fraktion nach einer Flexibilisierung der Mehrwegquote auf der Grundlage neuer ökologischer Erkenntnisse: "Mehrweg" sei "Einweg" nicht zwangsläufig überlegen. Weder die vorgelegte Novelle noch die alte Verpackungsverordnung seien Lösungen für die Zukunft. Es müsse eine komplette Neufassung im Sinne des F.D.P.-Antrags geben.
Höhere Preise befürchtet
Als Gegenleistung für einen steigenden Sammel- und Transportaufwand müssten die Verbraucher höhere Preise zahlen, weil Einnahmeausfälle durch das Zwangspfand auf die anden, betonte die liberale Parlamentarierin weiter.
Eva Bulling-Schröter (PDS) bedauerte die Ablehnung der Initiative ihrer Fraktion zur Festschreibung einer neuen verbindlichen Mehrwegquote und zur Fortsetzung der gesetzlichen Überprüfungspflicht. Im Weiteren ginge es nicht nur um Müll, sondern auch um Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft, so die Abgeordnete.