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Erheblicher Vertrauensverlust

  22.04.04 Michael Meister, CDU/CSU
Mit der Entscheidung des Ecofin-Rats vom 25. November 2003, die Defizitverfahren gegen Frankreich und Deutschland zu stoppen und keine weiteren Sanktionen im Sinne des Stabilitäts- und Wachstumspakts einzuleiten, wurde einer der wesentlichen Grundpfeiler der europäischen Finanzpolitik niedergerissen und Inhalt und Geist des Vertrags von Maastricht auf das Empfindlichste verletzt.

Als die Währungsunion eingeführt wurde, war es die gemeinsame Überzeugung aller Fraktionen des Deutschen Bundestages, mit der Einführung des Euros ein Höchstmaß an Währungsstabilität zu gewährleisten. Signal des Stabilitäts- und Wachstumspakts, vor allem auch an die deutsche Bevölkerung, sollte sein: Der Euro wird vom gleichen Geist der Stabilität geprägt sein wie die D-Mark.

Die Art und Weise, wie die rot-grüne Bundesregierung nun mit der Europäischen Kommission als Hüterin des Pakts und dem Stabilitäts- und Wachstumspakt selbst umgeht, führt zu einem erheblichen Vertrauensverlust in der deutschen Öffentlichkeit. Das Gefühl macht sich breit, dass zwei der großen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Stabilität der gemeinsamen europäischen Währung auf Grund nationaler Eigeninteressen unterminiert haben.

Die Argumentation des Bundesfinanzministers, mit welcher er die Entscheidung des Ecofin-Rats zu rechtfertigen versucht, verstößt eklatant gegen den Geist des Vertrages von Maastricht. Der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister hätte besser daran getan, im Einvernehmen mit der Europäischen Kommission und im Sinne des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu entscheiden. Leider ist dies nicht geschehen. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt, der Garant für die Budgetdisziplin der europäischen Mitgliedstaaten sein sollte, wurde ausgehebelt. Die EU-Finanzminister "ersparen" Deutschland und Frankreich weitere Sanktionen.

  05.05.04 Gläser
Was sind Sie nur für ein Demokrat? Mehrheitsbeschlüsse von demokratisch gewähhlten Gremien SIND auszuführen - verlangt das Demokratieverständnis. Hätten die Brüsseler was beschlossen, was der CDU (momentan) in den Kram gepasst hätte, wäre Jubel bei der CDU ausgebrochen - können Sie nicht verlieren ? Und: haben Sie und Ihre Partei ein schlüssiges Konzept zur Herbeiführung von Stabilität in GER und EU ? Oder nur wie hier - Polemik gegen die jetzigen Machttäger? Dann auf den Tisch - Europa (und Deutschland)würden sich freuen.
Mit weniger freundlichen Grüßen
H. Gläser

  05.05.04
Es ist nicht nur die Art und Weise, wie Rotgrün mit dem Stabilitätspakt umgeht, die das Vertrauen der Bürger schwächt, sondern auch die Tatsache, dass die Union nicht in der Lage ist, ein schlüssiges Konzept zur zukünftigen Wirtschafts- und Sozialpolitik gegenüberzustellen. Vielmehr beschränkt sich die Unionspartei auf billige Schuldzuweisungs-Eskapaden.
Betrachten wir das Verhalten der Union gegenüber dem jüngsten, zaghaften Versuch zur Sanierung des Sozialstaates - im Bundestag ein medienwirksames Nein, im Bundesrat ein stilles Ja - so bin ich angewiedert von der Unehrlichkeit und auf reine Machtererlangung ausgerichteten merkelschen Taktiererei.

  10.05.04 MichaelMaier
Für was ist denn ein Stabilitätspakt gut, wenn er selbst vom Initiator nicht eingehalten wird? Die deusche Politik wird zur Lachnummer Europas,

  05.06.04 Christian Möller
Wenn die Probleme der Globalisierung nicht gelöst werden können,
wird auch eine Lösung der Probleme in Deutschland und der Probleme in Europa nicht möglich sein.

Die Globalisierung ist das wesentliche Übel, welchem sich die Politik zu stellen hat. Hinzu kommen systematische Fehler.

Nicht eingehaltene Verträge und deren Folgen stellen
in diesem Kontext lediglich eine untergeordnete Folge
der Globalisierung, nicht aber eine Ursache der
eigentlichen Probleme dar.

Herr Schröder ist in seiner Position keinesfalls
der Traumkandidat schlechthin. Trotz dessen hängt
die Entwicklung in Deutschland nicht von ihm ab.

Vielmehr ist zu fragen:

Was nützt Politik, wenn die Entscheidungen wo anders
getroffen werden?

Der (politische) Einfluss eines Landes ist denkbar
gering. Ein globalisiertes Europa als Pendant zur
Globalisierung??? Abgesehen vom Wasserkopf
des geeinten Europas in der Brüssel als Hort der Ineffizienz
und als Ausdruck anonymer Politik betrachtet wird,
bleibt die Frage:

WIE kann Globalisierung sich selbst bekämpfen?


Die Krankheit Europa haben wir uns mit Herrn Kohl
selbst eingebrockt. Wir haben hier einen
wesentlichen Beitrag zur Globlasierung geleistet,
welcher mit aller Kritik hinterfragt werden muss.

Natürlich hat die EU auch sehr viele Vorteile aus
der Perspektive des Handels!!!
Aber im Endeffekt muss angezweifelt werden,
ob die Effekte aus Exportgewinnen, die negativen
Effekte aus Beschäftigung, Preisverfall und
Wettbewerbsdruck überkompensieren können.

Ich muss Sie zudem fragen, wozu ein Vertrag
von Maastricht nutze ist, wenn der Fehler im
System steckt.

Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
in Deuschland ist ein Ausdruck
betriebswirtschaftlichen Wahnwitzes, welcher seit
Ende des zweiten Weltkrieges betrieben wird.
Das "Unternehmen" Deutschland ist damit
ein Auslaufmodell.

In Zeiten des Weltwunders- kein Problem!
Nun fällt es uns auf die Füße:
Die Neuaufnahme der Kredite als
Einnahmen zu deklarieren- absoluter Schwachsinn.

Die Kreditaufnahmen stellen monetare Flüsse
im Sinnen von Mittelzuflüssen dar, keinesfalls
jedoch Einnahmen!!!

  12.06.04 Frank Schilter
Sehr geehrter Herr Meister,
wie Sie richtig anführen hatte der Stabilitäts- und Wachstumspakts das Ziel, die Stabilität der neuen Gemeinschaftswährung zu sichern. Bedauerlicherweise begnügen Sie sich mit dem Beklagen über dessen Scheitern, statt die Hintergründe dafür näher zu beleuchten.
Zunächst stellt sich doch einmal die Frage, wofür fiskalische Regeln in einer Währungsreform erforderlich sind – worin also die Gefahren für einen Kaufkraftverlust der Gemeinschaftswährung bestehen könnten.
Der wichtigste Grund für die Notwendigkeit einer staatenübergreifende Regelung besteht doch darin, dass die gemeinsame Notenbank (EZB) einzelne Länder welche durch expansive Geldpolitik inflationäre Spannungen erzeugen, nur bedingt durch Hochzinspolitik sanktionieren könnte. Der Bedarf einer Regelung besteht also in erster Linie in der Bewahrung der Kaufkraft, auf das diese Währung "währt".
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt stellt nun die nationale Finanzpolitik innerhalb einer Währungsunion vor folgende Probleme:
Der vom Stabilitäts- und Wachstumspakt unterstellte Zusammenhang zwischen Budgetdefizit und Inflationsrate besteht nur eingeschränkt. Dieser Einfluss wäre nur dann gegeben, wenn sich eine nationale Regierung bei der Notenbank verschulden könnte, was dann eine Ausweitung der Geldmenge zur folge hätte. Doch genau dies ist in Art. 101 des EG-Vertrages ausgeschlossen! Deutschland hat z.B. trotz hoher Neuverschuldung eine geringe Inflation – im Gegensatz zu bspw. Spanien!
Die durch den Pakt eingeführte zusätzliche Einschränkung des finanzpolitischen Handlungsspielraumes steht im Widerspruch zu den Funktionsbedingungen der Währungsreform. Finanzpolitische Turbulenzen einzelner Staaten werden durch die einheitliche Zinspolitik noch verstärkt.
Durch die ausschließliche Fixierung auf das Regelwerk des Stabilitäts- und Wachstumspaktes neigen viele Mitgliedsstaaten zu prozyklischer Fiskalpolitik, was zur augenblicklichen Wachstumsschwäche des Euroraumes beiträgt.
Der Pakt sollte insofern überarbeitet werden, als das die Sanktionsmechanismen in erster Linie zur Begrenzung nationaler inflationärer Tendenzen in Kraft treten.
Die schwerwiegendere Problematik der Haushaltsdefizite sollte von den Stabilitätskriterien abgekoppelt werden. Die extrem schnell anwachsende Staatsverschuldung mit der absehbaren Gefahr des "Zuschnappens" der Schuldenfalle (in der die Neuverschuldung nicht mehr ausreicht um die jährliche Zinslast zu bezahlen) bedarf mehr als einer Palette von konjunkturbelebenden Maßnahmen bzw. der (notwendigen) Durchsetzung von Budgetrestriktionen. Die Mathematik des Zinseszins (mit der exponentiell wachsenden Verschuldung) erfordert langfristig gesehen ein exponentiell (!) wachsendes Sozialprodukt. Doch das sich das Wirtschaftswachstum (bei begrenzten Ressourcen) unendlich steigern lassen soll, ist absurd!
Aus der angedeuteten Brisanz ergibt sich die Konsequenz einer offenen gesellschaftlichen Diskussion über die eigentlichen gesellschaftlichen Funktionen des Geldes und seine offenbaren Fehlstrukturen.




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