Differenzierte Antworten
31.05.02 Carsten Hübner,
PDS
Die Frage, ob verstärktes entwicklungspolitisches Engagement
dazu beitragen kann, Gewalt und Terror nachhaltig vorzubeugen,
bedarf einer differenzierten Antwort. Zunächst einmal, was den
Charakter der Akteure betrifft. Zweifellos ist es ein Unterschied,
ob sich die Bevölkerung einer Region gegen soziale
Missstände zur Wehr setzt oder ob eine
ideologisch-religiöse Bewegung wie die Taliban soziale
Ausgrenzung oder politische Fremdbestimmung zwar geschickt
instrumentalisiert, im Kern aber keinerlei Interesse an einer
Verbesserung der Lebensverhältnisse hat. Die Situation in
Afghanistan steht dafür beispielhaft. Sie verweist aber auch
darauf, dass der Westen bereit ist, solche extremistischen
Bewegungen zumindest zeitweise als strategische Partner zu
begreifen. Gegenüber derartigen Konstellationen und ihren
Hintermännern ist Entwicklungspolitik sicher machtlos.
Unbestreitbare Potenziale der Entwicklungszusammenarbeit liegen
hingegen im Bereich des gesellschaftlichen Resonanzbodens
derartiger Bewegungen. Wobei weniger die unterentwickelten und
armen ländlichen Regionen das Gros des terroristischen
Potenzials bilden als die entwurzelten Massen der Elendsquartiere
großer Städte und eine Mittelschicht, deren Status unter
anderem durch Globalisierungsprozesse in Gefahr geraten ist -
Phänomene, die auch in Europa und den USA zu verzeichnen
sind.
Hier lassen sich Empörung und Unzufriedenheit im Sinne
reaktionärer und islamistischer Bewegungen kanalisieren.
Gefragt sind deshalb Projekte, die in diesem Spannungsfeld ansetzen
- Bildung, Gesundheit und elementare Lebensnotwendigkeiten wie
Wasser oder Wohnung. Gefragt ist aber auch eine
Entwicklungszusammenarbeit, die mit der Wirtschafts-, Militär-
und Außenpolitik übereinstimmt. Wer Waffen liefert, darf
sich nicht wundern, wenn sie auch eingesetzt werden.
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