Bündel gesetzlicher Maßnahmen
24.07.02 Hartmut Büttner,
CDU/CSU
Die Union will nach der Regierungsübernahme eine bundesweite
Initiative "Bündnis für Kinder û gegen Gewalt" ins
Leben rufen. Wir werden durch ein Bündel gesetzlicher
Maßnahmen den Schutz der Kinder vor Sexualverbrechen
verbessern. Ein während seiner Haftzeit als gefährlich
erkannter Täter darf nicht wider besseren Wissens entlassen
werden. Die Einführung einer "nachträglichen
Sicherungsverwahrung" ist bisher von der derzeitigen Koalition
abgelehnt worden. Wir werden auch diesen Vorschlag nach einem
Regierungswechsel verwirklichen. Bei allen Delikten mit sexuellem
Hintergrund ist eine DNA-Analyse vorzuschreiben, damit die
DNA-Datei zur Überprüfung und Abschreckung der Täter
noch wirksamer werden kann. Kindesmissbrauch schädigt junge
Menschen für ihr ganzes Leben und soll künftig als
Verbrechen bestraft werden.
Das verabschiedete strengere Waffenrecht sollte nur dort
verschärft werden, wo tatsächliche Defizite im Bereich
der inneren Sicherheit festzustellen sind. Hierzu gehört eine
Heraufsetzung der Altersgrenze für den Erwerb
großkalibriger Waffen auf 21 Jahre und eine striktere
Verwaltungspraxis bei der Überprüfung der
Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern. Keinesfalls darf
Sportschützen und Jägern durch populistische
Schnellschüsse eine gesetzestreue Ausübung ihres Sports
unmöglich gemacht werden.
Angesichts der verharmlosenden und immer hemmungsloseren
Darstellung von Gewalt in den Medien ist allerdings ein strengerer
Jugendschutz notwendig. Dazu gehört eine einheitliche
schlagkräftige Aufsicht mit eindeutigen Regelungen und
spürbaren Sanktionen. Die Anbieter von Programmen und Videos
müssen ihrer Eigenverantwortung und Selbstkontrolle ebenfalls
stärker nachkommen. Hierzu gehören vor allem eine
Einengung der Verbreitung jugendgefährdender Videofilme,
Computerspiele und Internetprogramme. Die Kennzeichnung mit einer
verbindlichen Altersgrenze ist ebenfalls
einzuführen.
24.07.02 Heinrich Krämer,
Rheinau
Sehr geehrter Herr Büttner,
unzureichende Gesetzgebung ist kaum ursächlich für
Gewaltentstehung.
Wir haben Gesetze, dass man Essen nicht vergiften darf - aber auch:
Eine ganze Raiffeisenorganisation, welche sich finanzielle Vorteile
davon verspricht, falls es gelingt, unbemerkt vergiftete
Lebensmittel noch zu Geld zu machen.
Bewußt wurde hier gegen Gesetze verstoßen, weil man
diese Art von Gesetz nur als lästige Pflicht empfindet, eine
Pflicht welche man möglichst umgeht.
Wie wollen Sie einem Jugendlichen per Gesetz verbieten, Gewalt als
akzeptables Mittel in der virtuellen Realität zu sehen, wenn
im Fernsehen ganz reale Gewalt gegen ganze Völker gezeigt wird
- und wer ist hier dagegen?
Haben Sie persönlich sich schon hier in die Bresche geworfen
und gerufen: Nur über meine Leiche könnt ihr weiter
unschuldige Menschen umbringen.
Wo bleibt ihr persönlicher Einsatz, wenn Menschen in ihrer
Gesundheit durch vergiftete Lebensmittel gefährdet sind?
Wieviele Abgeordnete oder gar Minister außer
Schwarz-Schilling gibt es, welche von ihrem Amt zurücktreten,
weil sie sich schämen nur tatenlos zuschauender Deutscher zu
sein bei Gewalt?
Wer Gewalt aber nur mit Gesetzen bekämpfen will, hat eines
vergessen: In der Verkehrserziehung bringt man Kindern bei, bei
einer roten Ampel stehen zu bleiben, um andere nicht zu
gefährden. Und nicht deshalb, weil man bestraft wird, wenn man
die rote Ampel nicht beachtet.
Es ist eben der entscheidende Unterschied, ob aus leidiger
Pflichterfüllung oder aus engagierter Überzeugung
gehandelt wird.
Ob ich aus Überzeugung Gewalt ablehne, oder nur deshalb, weil
ich selbst Ärger fürchten muß bei
Gewaltanwendung.
Ihr Weg der Abschreckung funktioniert nur da, wo ein Aufpasser im
Genick sitzt. Also eine teure, aufwendige Lösung, die jedesmal
versagt, wenn der Aufpasser gerade wegschaut.
"Mein Weg" der Überzeugung funktioniert aus eigenem Antrieb -
also viel ökonomischer und zuverlässiger.
24.07.02 Thomas J. Schitteck
> Wir werden durch ein Bündel gesetzlicher >
Maßnahmen den Schutz der Kinder vor > Sexualverbrechen
verbessern.
Ach nee, Sexualverbrechen gibts scheinbar erst seit 4 Jahren. Warum
hatten Sie in den 18 Jahren CDU-Regierung solche wichtigen Schritte
nicht unternommen???
> Die Einführung einer "nachträglichen >
Sicherungsverwahrung" ist bisher von > der derzeitigen Koalition
abgelehnt worden.
Sorry, ich kann die Sprüche der CDU-Leute nicht mehr
hören. Als wenn vor der SPD-Regierung keine Regierung dran
gewesen wäre und alles schlechte von der SPD gekommen
wäre.
Hören Sie endlich auf, alles zu Wahlkampfthemen und
-sprüchen zu machen. Nachher erinnert sich niemand von Ihnen
mehr an diese Worthülsen!
26.07.02 Gunther Schumacher
Ich höre immer nur den Ruf nach einem verstärkten
Jugendschutz als Reaktion auf die Vorfälle am Erfurter
Gutenberg-Gymnasium. Robert Steinhäuser war aber eindeutig ein
erwachsener Mensch, da zum Zeitpunkt seiner Tat 19 Jahre alt, als
er seine Tat beging. Was bringt also verstärkter
Jugendschutz?
Daß ein Lehrerkollegium ihn wie bei einem Tribunal
vorsätzlich und auch widerrechtlich "hingerichtet" und durch
einen Schulverweis sein Leben in einen Scherbenhaufen verwandelt
hat oder daß seine Umwelt ihn jämmerlich im Stich
gelassen hat (v.a. seine Eltern, die ihn in ihrer Hilflosigkeit
"abgehakt" hatten, anstatt kompetente psychiatrische Hilfe zu
suchen), diese Fakten blenden Poltiker in ihrer Suche nach
einfachen Lösungen auf komplexe Fragen nur zu gerne aus.
Ob diese schwache Politikervorstellung nun selbst Ausdruck von
unfaßbarer Hilflosigkeit ist, oder doch nur schierer
Populismus, ist mir als computerspielenden Staatsbürger und
Wähler schnurzpiepegal. Die Politik hat sich offensichtlich
wieder mal als Teil des Problems erwiesen und kann anscheinend
nichts zur Lösung beitragen.
Die Indizierung von Gewaltdarstellungen durch eine höchst
zweifelhafte Behörde wie die BPjS, die nicht einmal eindeutig
anwendbare Richtlinien hat und rein willkürlich entscheidet
(Lesen Sie mal einschlägige Berichte der
Computerspieleproduzenten und Publisher!), bringt rein gar
nichts.
Gute Ansätze, wie flächendeckende Einführung von
Schulpsychologen, psychologische und pädagogische Schulungen
von Lehrpersonal (und Eltern!!!) sowie ein gerechtes,
erfolgorientiertes Schulsystem, das einen schwachen Schüler
nicht einfach so fallen läßt, tragen mehr dazu bei, eine
gesunde Jugend heranzuziehen, die Konflikte und Lebenskrisen
gewaltfrei lösen kann, als alle ihre gesammelten
Verbotsphantasien.
Doch leider wurden diese Lösungsansätze bisher von der
Politik nicht einmal ernsthaft diskutiert, geschweige denn in
Erwägung gezogen ...
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